Essen. Für das Derby hat die Gelsenkirchener Polizei Schalke 04 ein Teilalkoholverbot im Stadion auferlegt. Ein Pro und Contra zu der Entscheidung.
Am Samstag spielt der BVB auf Schalke. Das Spiel ist sportlich für beide Klubs wichtig, es ist aber jenseits dessen für die meisten Fußballfans im Revier ein besonderes Highlight. Weil die Polizei sowie andere Sicherheitsbehörden die Partie als Hochrisikospiel einschätzen - und weil es im Umfeld der Fanszene durch Kriminelle Gewalttaten gab -, haben sie für dieses Spiel ein weitgehendes Alkoholverbot im Stadion verhängt. Das sorgt bei Schalke 04, der auf Einnahmen durch den Bierverkauf nicht verzichten, lautstarken Fans nicht verprellen mag, für Kritik.
Liegt die Behörden mit ihrem Alkoholverbot beim Revierderby jetzt richtig oder falsch? Dazu ein Pro und Kontra dieser Redaktion.
Die Polizei liegt mit ihrem Alkoholverbot falsch, meint Andreas Ernst
Ein Alkoholverbot bei sogenannten Hochrisikospielen im Profifußball ist keine neue Methode, um Eskalationen verhindern zu wollen – aber im aktuellen Fall beim Derby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund handelt es sich um Aktionismus, nicht um eine gut argumentierte Entscheidung.
Natürlich ist die Stimmung angespannt – aber eben nur zwischen einem minimalen Teil der Fans beider Klubs und nicht zwischen der großen Masse, die bei aller Rivalität am liebsten ein gutes Fußballspiel sehen möchte. Das Alkoholverbot trifft den überwältigenden Teil der friedlichen 62.271 Zuschauer, die Fußball gern bei Bratwurst und Bier genießt.
Gewalttaten wie vor zwei Wochen, als BVB- und Rot-Weiss-Essen-Fans Schalke-Anhänger überfielen, verhindert ein Alkoholverbot nicht. Hooligan-Angriffe sind von langer Hand geplant und finden nur in den seltensten Fällen innerhalb eines Stadions statt. Nicht einmal in der näheren Umgebung. Denn gerade bei Hochrisikospielen ist die Polizei- und Securitypräsenz dort viel zu hoch.
Das Verkaufsverbot verhindert übrigens nicht, dass die Fans betrunken zum Stadion kommen. Im Gegenteil: Viele bleiben einfach länger in ihren Stammkneipen und kommen später. Eine in der Gelsenkirchener Altstadt kündigte bereits wegen des Verbots an, dass sie früher öffnet, damit die Fans „auf Betriebstemperatur“ kommen können.
Die Polizei liegt mit dem Alkoholverbot richtig, meint Jan Kanter
Ab 0,3 Promille nimmt die Urteilsfähigkeit ab, bereits ab 0,5 Promille sinkt die Hemmschwelle, Streitlust und Einsicht entwickeln sich gegenläufig. Bei zunehmender Trunkenheit bewegt sich das psychosoziale Verhalten des Menschen in einer steilen Abwärtsspirale.
Nun müssen Fußballfans weder schwere Maschinen führen noch – so hofft man – sitzen sie vor oder nach Spieltagen am Steuer eines Autos. Dennoch können betrunkene Fußballfans zum Risikofaktor werden. Im prallvollen Block wirkt verstärkend der unheilige Sog der Masse.
Es gibt Spiele in der Fußball-Bundesliga, da ist die Stimmung aufgeheizt. Schon Tage vor Anpfiff. Das Revierderby gehört eindeutig dazu. Es ist, so schätzen es die Behörden - allen voran die Polizei – ein, ein Hochrisikospiel. Weil die Stimmung im Stadion so leicht überkochen kann, aber vor allem weil Kriminelle die Fußballarena als Bühne für ihre Exzesse zu nutzen versuchen, ist alles richtig, das hilft, die Emotionen jenseits des Platzes nicht zusätzlich aufzuputschen.
Es mag sein, dass vor allem die Gewalttäter, die sich unter die Fußballfans mischen, andere Mittel nehmen, um sich aufzuputschen, sie ein Alkoholverbot also nicht direkt trieffen kann. Ein alkoholisierter, enthemmter Block aber kann den Straftätern als Deckung dienen, weil in einer gravierenden Fehleinschätzung plötzlich jeder, der nicht auf der eigenen Seite steht, zum Gegner wird. Das gilt dann insbesondere für Ordner und Polizisten, die die Folgen des kollektiven Rauschs ausbaden müssen.
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Mancher argumentiert nun, dass Fans schon betrunken ins Stadion kämen, sich zuvor auf „Betriebstemperatur“ gebracht hätten. Weil man das aber nicht verbieten könne, mache auch ein Verbot im Stadion keinen Sinn. Das mag sein, aber es bleibt die Frage, ob es wirklich klug ist, zusätzliches Benzin in ein loderndes Feuer zu kippen.
So bitter das für den großen Teil friedlicher Fans ist, so richtig daher ist daher der Entschluss der Polizei, für dieses aus Sicherheitsgründen problematische Spiel ein Alkoholverbot zu verhängen. Es gibt kein Recht auf einen Rausch, aber sehr wohl ein Recht auf körperliche Unversehrtheit jener Familien, die einfach nur ein spannendes Fußballspiel sehen wollen.