Berlin. Die Schalke-Profis sind nach vier Remis in Folge zufrieden, doch die vermeintliche Ruhe ist trügerisch. Jetzt beginnen entscheidende Wochen.
Das größte Thema des Fußball-Sonntags bekamen die Profis des FC Schalke 04 erst nach dem Abpfiff, nach diesem trüben 0:0 beim 1. FC Union Berlin, mit. Überfallen worden waren die Ultras des Klubs am frühen Morgen kurz vor der Abfahrt von Personen, die der Fanszene von Borussia Dortmund und Rot-Weiss Essen nahestehen sollen. Bundesweit diskutierten Anhänger vieler Klubs mehr darüber als über das langweilige Spiel und den 0:0-Rekord. Die Profis lobten die Fans hinterher für die Unterstützung, für die sehenswerte Choreographie. Und so ist das gerade bei Schalke 04: Die Profis bemühen sich darum, Ruhe auszustrahlen. Alles liefe doch in die richtige Richtung. Alle haben sich lieb. Doch das nervöse Bauchgrummeln ist in Gelsenkirchen unüberhörbar.
Um Harmonie waren alle rund um die Profimannschaft der Schalker in Berlin bemüht – sie wollten nur das Positive hervorheben, und das ist die stabile Defensive. Keine andere Bundesligamannschaft ist in der Rückrunde noch ohne Gegentor. „Wir haben gelernt, ganz gut zu verteidigen“, lobte Trainer Thomas Reis. Torwart Ralf Fährmann, der im Alter von 34 Jahren gerade das Comeback des Jahres hinlegt, sieht Schalke „auf dem richtigen Weg“. Er sagte in Berlin: „Wir treten nicht wie ein Letzter auf. Wir sind selbstbewusst und versuchen, den Gegner mit unseren Waffen zu schlagen.“ Innenverteidiger Moritz Jenz ergänzte: „In der Vorrunde haben wir viele Tore kassiert. Nun vier Mal die Null gehalten zu haben, ist ein großes Lob für uns.“
Schalke seit 394 Minuten ohne Tor
Doch es gibt eben noch die andere Seite. Sportlich geht es da vor allem um die harmlose Offensive, die seit 394 Minuten kein Tor mehr erzielt hat und der nichts gelingen mag. Die Aussagen von Stürmer Michael Frey ähneln sich: „Man muss weiter dranbleiben, weitermachen, fokussiert bleiben, weiter arbeiten. Dann wirst du irgendwann belohnt.“ Floskeln, die er schon nach den drei 0:0-Spielen zuvor zum Besten gab. Der Sturm macht Sorgen vor den nun folgenden Spielen gegen die Mitkonkurrenten VfB Stuttgart (Samstag, 18.30 Uhr/Sky) und beim VfL Bochum (Samstag, 4. März, 15.30 Uhr/Sky). Trainer Reis bemüht sich darum, diese Sorgen zur Seite zu wischen: „Die entscheidenden Spiele kommen jetzt, und wir können mit einem sehr guten Gefühl hineingehen.“
Aber der drohende Abstieg schwebt über dem ganzen Klub, so sehr Mitglieder, Fans, Spieler, Trainerteam und Verantwortliche das aktuell verdrängen mögen. Schon in rund vier Monaten würde die Vorbereitung zur zweiten Zweitliga-Saison binnen drei Jahren beginnen, Trainingslager-Termine in Mittersill sind für beide Fälle vorgemerkt, Gespräche mit den Sponsoren laufen.
Schalke-Talk: Alkoholverbot im Derby wäre nicht sinnvoll
Waren die Gegner vor zwei Jahren noch überwiegend attraktiv, droht nun eine Zweite Liga mit Spielen gegen Heidenheim, Elversberg, Regensburg, Sandhausen, Wehen Wiesbaden, Paderborn, Kiel. Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle müssten mit längst vereinbarten Gehaltseinbußen leben. Die Mannschaft würde sich auf vielen Positionen verändern. Stammspieler wie Maya Yoshida, Moritz Jenz, Alex Kral, Tim Skarke und Michael Frey würden wegen auslaufender Verträge gehen. Weitere Verträge von Aufstiegshelden enden – ob Dominick Drexler und Simon Terodde bleiben würden: unklar. Die Fans verhalten sich aktuell noch versöhnlich, sind mit dem Einsatz der Mannschaft zufrieden. Doch würde das auch bei einem Misserfolg gegen Stuttgart und in Bochum so bleiben?
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Ihre Probleme beschränken sich aktuell auf den Überfall am Sonntagmorgen. Die Polizei sorgt sich schon um das große Derby gegen Borussia Dortmund (Samstag, 11. März, 18.30 Uhr/Sky), das schon vor der Massenschlägerei, die auch von BVB-Fans ausging, als Hochrisikospiel galt. „Wir appellieren an die Vereine und beide Fanlager, die Situation in den nächsten Wochen nicht weiter eskalieren zu lassen“, sagte ein Polizeisprecher. Eine Befürchtung der Polizei sei, dass der Angriff „eine Reaktion nach sich zieht“. Die Gewerkschaft der Polizei brachte ein Alkoholverbot ins Gespräch – in einer Stellungnahme wiesen die Schalker eine solche Idee zurück.
Die Ruhe auf Schalke ist trügerisch
Sätze wie diese lösen bei Schalke zwei Reaktionen aus: Sind solche Diskussionen eine willkommene Ablenkung, damit sich nicht alle auf die Profis vor den entscheidenden Duellen stürzen? Oder aber stören sie die Vorbereitung? Es ist schwierig, auf Schalke gerade die Wahrheit herauszufinden, sicher scheint nur eins: Die vermeintliche Ruhe ist auf vielen Ebenen trügerisch.