Gelsenkirchen. . Ralf Fährmann ist wieder die Nummer eins bei Schalke 04 - auch aus psychologischen Gründen. Was hinter dem Torwartwechsel steckt.
Dass das graue Torwart-Trikot von Schalke 04 vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln nur in einer Langarm-Version verfügbar war, gefiel Ralf Fährmann offensichtlich nicht. Trotz Temperaturen rund um den Gefrierpunkt in Gelsenkirchen hatte sich der 34-Jährige die Ärmel seines Trikots im Vorfeld abgeschnitten. Zu sehen war für die Zuschauer in der Arena und vor den Fernsehbildschirmen so auch das Schalke-Tattoo des Torwarts. Auf dem rechten Unterarm ist eine große Uhr verewigt, die die Zeit von 19.04 Uhr anzeigt – angelehnt an das Gründungsjahr von Schalke 04.
Schon die Tatsache, dass Fährmann Schalke im wahrsten Sinne des Wortes unter der Haut trägt, unterstreicht, wie sehr er den Verein im Herzen trägt. Ein solcher Beweis ist aber eigentlich gar nicht nötig, schließlich lebt der Torwart die Königsblauen wie kein zweiter Profi im Kader. Seit seiner Jugend ist Fährmann (mit kurzen Unterbrechungen) ein Schalker. Der gebürtige Chemnitzer ist im Ruhrgebiet längst heimisch geworden. Aus seiner Liebe für den Klub hat er nie einen Hehl gemacht. Nur zu gern würde er Schalke auch nach der Karriere erhalten bleiben.
Schalke-Torwart Ralf Fährmann: "Ich habe immer meine Klappe gehalten"
Doch so weit ist es noch nicht: Am Sonntag wurde Fährmann auch auf dem Rasen wieder gebraucht. Denn endlich durfte er wieder in der Bundesliga für seine Schalker spielen – völlig überraschend, hatte sich Trainer Thomas Reis vor dem 0:0 gegen den 1. FC Köln für einen Torwartwechsel entscheiden und die bisherige Nummer eins Alexander Schwolow (30) auf die Bank gesetzt. In den 90 Minuten auf dem Rasen zeigte er eine solide Leistung, wurde von den harmlosen Kölnern aber kaum geprüft.
Von vielen königsblauen Fans wurde der Torwartwechsel lautstark bejubelt und Fährmann gefeiert. Schon wegen seiner langen Schalke-Vergangenheit ist er einer der Fan-Lieblinge. „Ich weiß natürlich, welchen Stellenwert ich bei den Fans habe“, sagt der Torwart. „Diese Momente waren wirklich emotional.“
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Denn leicht dürften die vergangenen Monate für Fährmann nicht gewesen sein. In der zurückliegenden Aufstiegssaison wurde er zunächst von Martin Fraisl auf die Bank verdrängt, zu Saisonbeginn bekam er dann auch Alexander Schwolow vor die Nase gesetzt. In der Vergangenheit passierte ihm ähnliches mit dem damaligen Torwart-Talent Alexander Nübel (inzwischen AS Monaco). Arm an Rückschlägen ist Fährmanns Schalke-Zeit zweifelsfrei nicht. „Aber ich habe immer meine Klappe gehalten und mich hinten angestellt. Es geht nicht um einzelne Spieler oder Charaktere, sondern immer nur um den Verein“, betont Fährmann.
Reis lobt das Trainingspensum von Ralf Fährmann
Und diese Einstellung hat auch Trainer Thomas Reis imponiert. Am Samstag hat er Schwolow und Fährmann zu Gesprächen gebeten und ihnen den Torwartwechsel erklärt. Es sei auch ein Bauchgefühl gewesen, verrät der Coach. „Die Vorrunde war vorbei und ich versuche immer alles, auf den Prüfstein zu stellen“, so Reis. Schon als er Ende Oktober auf Schalke übernommen hatte, sei die Torwartfrage für ihn eine „51:49-Situation“ zugunsten von Schwolow gewesen. „Ralle hat im Training immer Vollgas gegeben, alle unterstützt“, erklärt Reis. „Er hat wirklich nie aufgegeben und ein tolles Trainingspensum an den Tag gelegt.“
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Doch nicht nur die sportlichen Leistungen haben den Trainer zum Torwartwechsel veranlasst – auch Psychologie spielte eine Rolle. Denn Reis wollte nach den zwei klaren Niederlagen zu Jahresbeginn einen Impuls in der Mannschaft setzen. „Es war in meinem Kopf, etwas heraufzubeschwören“, sagt er. „Und Ralle ist Schalker durch und durch. Er kennt auch die schwierigen Situationen und hat hier im Verein viel durchgemacht.“
Lohn für das Schalke-Gen
Für sein Schalke-Gen und all die Krisen, die er seit seinem Bundesligadebüt für die Königsblauen im Jahr 2008 schon durchleben musste, wurde Fährmann nun ein stückweit belohnt.
Und auch in den kommenden Wochen wird er die Nummer eins bei den Gelsenkirchenern bleiben. „Wir planen bis auf Weiteres mit ihm“, bestätigt Reis. So wird er auch am Samstag im Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (18.30 Uhr/Sky) im Tor stehen – vielleicht ja dann mit „echtem“ Kurzarm-Trikot.