Gelsenkirchen. Schalke 04 trifft auf Mainz 05 - ein normales Bundesligaspiel? Nein, und nicht nur wegen der Tabellensituation. Christian Heidel kehrt zurück.
Mit Christian Heidel und Schalke 04 ist es ein wenig wie mit einem Detail der Harry-Potter-Bücher. Dort gibt es einen bösen Zauberer, Lord Voldemort heißt der, und wenn über ihn gesprochen wird, nehmen nur wenige seinen Namen in den Mund. „Der, dessen Name nicht genannt werden darf“, heißt es meist. Wer in der Geschäftsstelle der Schalker in diesen Tagen nach Heidel fragt, der bekommt als Antwort auch nicht oft den richtigen Namen. Häufig lautet die Reaktion: „Der da aus Mainz.“ An diesem Mittwoch kommt es zum brisanten Wiedersehen. Heidel, für viele Schalker der Hauptschuldige am sportlichen Niedergang, ist mit seinem Herzensklub FSV Mainz 05 zu Gast in der Arena (20.30 Uhr/Sky).
Schalke: Umgang mit Christian Heidel fällt schwer
Es ist das zweite Aufeinandertreffen beider Klubs, seitdem Heidel als Sportvorstand nach Mainz zurückgekehrt ist. Das erste Aufeinandertreffen vor über anderthalb Jahren sagte der 59 Jahre alte Heidel kurzfristig wegen einer Krankheit ab. Nun hat er vor, zu kommen – heißt es in Mainz jedenfalls.
Das Urteil der meisten Fans steht fest, den Schalker Verantwortlichen fällt der Umgang mit ihrem einstigen Sportchef schwer. „Ich würde nicht über meine Vorgänger Christian Heidel und auch Jochen Schneider reden wollen, weil ich es sehr wichtig finde, dass man die Vergangenheit ruhen lässt. Für mich ist der Blick vorne aus der Windschutzscheibe heraus wichtig“, sagte Sportvorstand Peter Knäbel und ergänzte: „Christian Heidel hat hier seine Aufgabe so wahrgenommen, wie er das in seiner Zeit als richtig erachtet hat.“ Mehr war Knäbel nicht zu entlocken.
Als Heidel vom damaligen Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies engagiert wurde und zur Saison 2016/17 sein Amt aufnahm, waren die Erwartungen aller Schalker groß. Doch ein Zauberer war Heidel nicht, das erste Jahr missriet. Heidel verpflichtete Trainer Markus Weinzierl – diesen teuren Fehlgriff gestand er selbst. Schalke wurde Zehnter und verpasste das internationale Geschäft – bitter.
In seiner zweiten Saison 2017/18 zeigte Heidel dann seine Zauberkünste. Er holte den damals unbekannten Trainer Domenico Tedesco – und der führte Schalke zur Vizemeisterschaft. Zudem erreichte S04 das DFB-Pokal-Halbfinale. Tedesco wurde als neuer Jürgen Klopp gefeiert, Heidel einmal mehr als der große Trainer-Entdecker.
Schalke: Über 100 Millionen Euro Ablöse für acht Spieler
Nichts deutete darauf hin, dass Heidel noch während der Saison 2018/19 zurücktreten würde. In Abstiegsgefahr war Schalke geraten, als Heidel am 23. Februar 2019 beschloss, den Klub zu verlassen. Entscheidende Fehler hatte er da schon gemacht: Zwar hatte er Tedesco geholt und durch die Verkäufe von Leroy Sané (Manchester City) und Thilo Kehrer (Paris St. Germain) viel Geld hereingeholt – aber er gab es mit vollen Händen wieder aus. Profis wie Breel Embolo, Sebastian Rudy, Nabil Bentaleb, Yevhen Konoplyanka, Rabbi Matondo, Amine Harit, Omar Mascarell und Hamza Mendyl – um nur acht zu nennen – kosteten zusammen über 100 Millionen Euro Ablöse, keiner kassierte weniger als drei Millionen Euro Jahresgehalt. Aus Maxi-Gehalt wurde Mini-Leistung, das Konto immer leerer – auch wegen dieser Transferpolitik stieg Schalke 2021 ab. Und da Heidel keine angepassten Gehälter für die Zweite Liga vereinbart hatte, wurden die horrenden Gehälter zum Bumerang.
Wie viel Heidel steckt noch in Schalke? Harit war der letzte aus der Heidel-Zeit, der noch unter Vertrag stand – am Sonntagabend wurde aber Harits Kaufklausel aktiv und damit der permanente Wechsel zu Olympique Marseille perfekt. Einige Raten aus Heidels Zeit muss Schalke aber noch ein Jahr lang abbezahlen, zum Beispiel hatte er vereinbart, dass die Rudy-Transfersumme über mehrere Jahre abgestottert werden kann.
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Und wie sieht Heidel seine Rückkehr? „Ist doch logisch, dass das für mich immer noch ein besonderes Spiel ist“, sagte er der Bild. „Obwohl ich jetzt schon fast vier Jahre weg bin, habe ich immer noch viele Verbindungen und Kontakte.“ Er würde Schalke immer die Daumen drücken, sagte Heidel. „Außer in zwei Saisonspielen“, fügte er hinzu. Natürlich meinte er damit die beiden gegen den FSV Mainz 05.
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Eine Verantwortung am Schalker Absturz hatte Heidel aber stets zurückgewiesen. „Nach mir wurden viele Spieler gekauft, Trainer gewechselt und Strukturen verändert. Zehn Monate nach meinem Abschied war Schalke Dritter in der Bundesliga und alle waren voller Euphorie. Da kam keine Kritik, da war alles prima. Dann erst begann die Talfahrt“, hatte er im März 2021 zu diesem Thema erklärt. Über die Transfer-Flops sagte er: „Ja, es hat nicht jeder Transfer gepasst. Aber was viele vergessen: 2018 waren wir Vizemeister, wir haben den höchsten Umsatz und höchsten Gewinn aller Zeiten gemacht. Ganz Schalke hat gefeiert.“
In Mainz jedenfalls zaubert Heidel wieder. Alles, was er seit seiner Rückkehr im Dezember 2020 anpackte, funktionierte. Deshalb sagt beim FSV auch niemand „Der da aus Mainz“.