Gelsenkirchen. . Im Interview spricht der Schalker Leihspieler über seinen Lauf in Paderborn, den Blitz-Abschied, seine Ziele und eine mögliche Rückkehr.

Groß war bei Marvin Pieringer in der Vorbereitung die Vorfreude auf die Bundesliga. Nach dem Aufstieg mit Schalke 04 hatte sich für den Stürmer ein Traum erfüllt. Kurz vor dem Saisonstart ließ sich der 22-Jährige allerdings an den SC Paderborn 07 verleihen – obwohl das lange nicht sein Plan war. Auf seine ersten Einsätze in der Bundesliga muss er weiter warten.

Bei den Ostwestfalen trifft Pieringer seitdem wie am Fließband. Neun Tore hat er nach seinen ersten acht Pflichtspielen bereits auf dem Konto. Im Interview spricht er über seinen tollen Lauf, seinen plötzlichen Schalke-Abschied, den Bundesliga-Traum, seine Ziele mit Paderborn und seine Zukunftspläne.

Marvin Pieringer, Anfang Juli haben Sie erklärt, dass Sie Schalke nicht verlassen wollen. Warum ist es doch anders gekommen?

Marvin Pieringer: (lacht) Das habe ich zu diesem Zeitpunkt auch genauso gemeint. Ich hatte total Bock auf das Abenteuer Bundesliga. Kurz danach hatte ich aber sehr ehrliche Gespräche mit Trainer Frank Kramer und Sportdirektor Rouven Schröder, in denen sie mir klargemacht haben, dass ich wohl nicht auf so viel Spielzeit kommen werde, wie ich mir das gewünscht hätte. Sie haben mir vorgeschlagen, dass ich mich noch ein Jahr in die 2. Liga ausleihen lasse, um dort auf meine Einsätze zu bekommen.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Pieringer: Positiv. Erst einmal, war ich sehr froh, dass die Schalker so offen und ehrlich zu mir waren. Dafür möchte ich mich bei Frank Kramer und Rouven Schröder bedanken. Ich bin wirklich nicht böse, dass sie gesagt haben, dass es für mich auf Schalke noch nicht ganz reicht. Nach meinem tollen Start in Paderborn bin ich froh hier zu sein.

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Hatten Sie noch andere Optionen als den SC Paderborn?

Pieringer: Aus der 2. Bundesliga haben mehrere Teams angefragt, ja. Mit dem SC Paderborn hat aber alles sehr schnell gepasst. Nur eine Woche nach meinem Gespräch mit den Schalker Verantwortlichen habe ich in Paderborn unterschrieben – hier hat es sich richtig angefühlt.

Fünf Tore in den ersten sieben Zweitligaspielen, ein Viererpack im DFB-Pokal. Hat es Sie selbst überrascht, dass Sie so gut in die Saison gestartet sind?

Pieringer: Sagen wir: Ich habe darauf gehofft. Als Stürmer wollte ich natürlich Tore schießen und beweisen, dass ich der Mannschaft helfen kann. Dass es im neuen Umfeld aber direkt so gut läuft, hat mich tatsächlich ein bisschen überrascht. Der Start war perfekt.

Hier noch auf Schalke: Stürmer Marvin Pieringer
Hier noch auf Schalke: Stürmer Marvin Pieringer © RHR-Foto

Sind Sie in der besten Form Ihrer bisherigen Karriere?

Pieringer: So lang ist meine Zweitliga-Karriere ja noch nicht. (lacht) Aber das kann man schon so sagen. Ich bin sehr zufrieden damit, wie es bisher läuft. An den guten Start will ich in den kommenden Wochen anknüpfen. Momentan passt fast alles für uns als Mannschaft und für mich persönlich. Ich habe Selbstvertrauen und unser Spielsystem liegt mir. Anders als viele andere Teams in der 2. Liga versuchen wir, Fußball zu spielen und setzen nicht nur auf lange Bälle. So bekomme ich im Strafraum viele Chancen.

Mit diesem Fußball stellt der SC Paderborn die beste Offensive der Liga. Nach neun Spielen stehen Sie schon bei 25 Toren.

Pieringer: Für uns Stürmer ist das großartig. Wir spielen Offensivfußball und wollen die Leute begeistern. Bisher ist uns das zum Glück sehr oft gelungen.

Mit Blick auf Ihre Torquote liegt die Vermutung nahe, dass Sie auch in diesem Jahr schon gut genug für die Bundesliga gewesen wären.

Pieringer: (lacht) Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe noch nie in der Bundesliga gespielt und kann nicht einschätzen, wie genau das Spiel dort für einen Stürmer ist. Klar ist aber: Es ist deutlich schwerer, in der Bundesliga Tore zu schießen als in der 2. Liga.

Nach dem Aufstieg im Sommer haben Sie sich riesig auf die Bundesliga gefreut. Wie schwer war es für Sie, diesen Traum nun vorerst begraben zu müssen und zurück in die 2. Liga zu gehen?

Pieringer: Mein Traum von der Bundesliga lebt. Begraben ist er noch lange nicht. Ich bin jung und habe viele Jahre im Profibereich vor mir. Klar, war der Wechsel nach Paderborn auf dem Papier ein Schritt zurück, doch für meine Entwicklung ist es viel besser, hier meine Tore zu machen als bei Schalke auf der Bank oder sogar auf der Tribüne zu sitzen. Ich will zeigen, dass ich die Qualität habe, auch in der Bundesliga zu spielen.

Trotzdem ist ein Schritt zurück in Liga Zwei immer mit Risiko verbunden.

Pieringer: Das stimmt. Ich habe mir natürlich auch Gedanken gemacht, was passieren würde, falls es in Paderborn für mich nicht gut läuft. Nach den Gesprächen mit dem Trainer war ich mir aber sicher, dass ich der Spielertyp bin, den der Verein sucht und dass ich hier Möglichkeiten bekommen werde, mich zu zeigen. Diese Chance will ich nutzen.

Neben Ihnen hat Schalke 04 noch 19 weitere Spieler des Aufstiegskaders abgegeben. War der Mannschaft nach dem Aufstieg klar, dass es einen so großen Umbruch geben wird?

Pieringer: Es ist doch ganz normal, dass ein Bundesligaaufsteiger sich verstärken und neue Spieler holen muss. Auch uns Spielern war bewusst, dass wir in der Konstellation der Vorsaison nicht weiter zusammenspielen werden. Dass es dann aber so viele Transfers gegeben hat, hat mich persönlich ein bisschen überrascht.

Marvin Pieringer stürmte in der Vorbereitung noch für Schalke 04.
Marvin Pieringer stürmte in der Vorbereitung noch für Schalke 04. © RHR-Foto

Wie gefährlich ist es, eine gut funktionierende Mannschaft derart umzubauen?

Pieringer: Es muss ein neuer Teamgeist entstehen. Aber auch im letzten Jahr war die Mannschaft neu zusammengestellt. Nach einem schwierigen Start haben wir uns dann zu einer Einheit entwickelt – das braucht seine Zeit. Ich bin sicher, dass sich über kurz oder lang wieder eine eingeschworene Truppe auf Schalke bilden wird.

Wie bewerten Sie Ihre zurückliegende Saison auf Schalke?

Pieringer: Zuerst muss ich sagen, dass ich den Wechsel zu Schalke keine Sekunde bereut habe. Klar habe ich nicht so viel gespielt, wie ich gehofft hatte, aber für einen so großen Verein vor einer solchen Kulisse zu spielen, war eine unglaubliche Erfahrung. Ich muss auch zugeben, dass meine Leistungen nicht konstant waren. In der Hinrunde habe ich ein paar Chancen bekommen – auch in der Startelf, doch zu 100 Prozent war ich nicht mit mir zufrieden. Für meine erste komplette Saison in der 2. Liga war es aber ganz in Ordnung.

Wie schwer war es, nur Stürmer Nummer drei hinter den gesetzten Simon Terodde und Marius Bülter zu sein?

Pieringer: Schon bei meiner Unterschrift wusste ich ja, dass da zwei Jungs vor mir sind, die spielen werden. Bülti und Simon haben beide schon bewiesen, dass sie auf diesem Niveau den Unterschied machen können. Ich habe den Schritt trotzdem gewagt und wollte mich reinbeißen, den Konkurrenzkampf annehmen. Als ich dann auch meine Chancen bekommen habe, lag es an mir, sie zu nutzen.

Gibt es einen speziellen Moment aus der Aufstiegssaison, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Pieringer: Mein erstes Tor im Heimspiel gegen Darmstadt war besonders – obwohl wir das Spiel verloren haben. Vor über 50.000 Zuschauern vor der Nordkurve zu treffen, werde ich nie vergessen. Ansonsten gibt es natürlich viele Momente rund um den Aufstieg. Ein emotionales Highlight war zum Beispiel der 2:1-Sieg in Sandhausen, wo Simon in der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielt hat und dann alles explodiert ist. Obwohl ich nur auf der Bank saß, war es eines der emotionalsten Spiele meiner Karriere. Jeder hat extrem mitgefiebert und der Teamgeist war unglaublich.

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Sie sind ohne Kaufoption nach Paderborn ausgeliehen. Ist die Rückkehr zu Schalke bei Ihnen fest eingeplant?

Pieringer: Im Fußball kann natürlich immer viel passieren – das haben wir ja zum Einstieg schon besprochen. (lacht) Aber aktuell gehe ich davon aus, dass ich nächstes Jahr wieder auf Schalke spiele. Diesmal in der Bundesliga.

Sie sind also vom Klassenerhalt Ihrer Ex-Kollegen überzeugt?

Pieringer: Zu 100 Prozent. Natürlich war der Start nicht optimal, aber ich bin sicher, dass die Mannschaft die nötige Qualität hat, um in der Liga zu bleiben. Wenn sie es schaffen, mal zwei, drei Spiele in Folge zu gewinnen, kann durch die Wucht der Fans einiges entstehen.

Wie eng sind Sie aktuell mit den Schalker Verantwortlichen im Austausch?

Pieringer: Ich bekomme weiter viele Nachrichten. Nach meinen Toren haben mir Rouven Schröder und Mike Büskens regelmäßig geschrieben. Ich habe auf jeden Fall weiter das Gefühl, dass sie meine Entwicklung genau verfolgen und dass sie an mich glauben.

In der kommenden Saison könnte es dann zum Duell zwischen dem SC Paderborn und Schalke 04 in der Bundesliga kommen, wenn Sie weiter so viele Tore für den SCP schießen.

Pieringer: (lacht) Ich bin gespannt. Als Mannschaft haben wir das Zeug dazu, eine sehr gute Rolle zu spielen. Die Qualität im Kader ist da, wir haben eine tolle Truppe, spielen guten Fußball und wollen oben dranbleiben. Ich persönlich hätte nichts gegen meinen zweiten Aufstieg.