Meschede-Grevenstein. Seit 25 Jahren ist Veltins Sponsor des Bundesligisten FC Schalke 04. Ein Interview mit Michael Huber, dem Generalbevollmächtigten der Brauerei.
Kurz vor dem Ziel auf dem Weg zur Brauerei Veltins im zu Meschede gehörenden Grevenstein im Hochsauerlandkreis wird der Besucher von einer großen Schalke-Fahne in einem Vorgarten begrüßt. Michael Huber, der am Montag 73 Jahre alt wird, bestreitet lachend, dass er sie dort persönlich gehisst habe. Aber über Fans des FC Schalke 04 in der Umgebung seines Unternehmens freut sich der Generalbevollmächtigte schon sehr. Kein Wunder: Seit 25 Jahren ist die Brauerei nun Sponsor des Fußball-Bundesligisten.
Schalke und Veltins: Eine wirklich gute Ehe
Veltins und Schalke 04 feiern Silberhochzeit. Es scheint sich um eine stabile Ehe zu handeln.
Michael Huber: Ja, es ist wirklich eine gute Ehe. Sehr partnerschaftlich, sehr freundschaftlich. Das Imponierendste an dieser Geschichte ist die Entstehung.
Erzählen Sie bitte.
Huber: Ich hatte damals das Glück, Manager Rudi Assauer kennenlernen zu dürfen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis klar war, dass wir uns mochten. Wir haben unsere Vereinbarung damals mit einem Handschlag besiegelt. Das ist erst später von Leuten, die beim Sponsoring auf alles achten, in Papiere gefasst worden. Rudi und ich haben darauf gar nicht geschaut. Wir waren uns sicher: Das wird schon klappen. Rudi war ein Freund für mich. Ich habe mal ein paar Tage zusammen mit ihm und Huub Stevens auf Mallorca verbracht, da waren wir zusammen auf einem Boot, das war wunderbar. Ich habe Rudi auch noch erlebt, als er schwer krank war. Ich vermisse ihn. Alles, was wir mit ihm gemacht haben, auch der bekannte Fernsehspot mit Simone Thomalla, wird mir ewig in Erinnerung bleiben.
Warum ist die Partnerschaft mit Schalke so stabil?
Huber: Weil wir gemeinsam alle Phasen erlebt haben. Wir waren auch nicht entsetzt, als der Verein in die Zweite Liga rutschte. Wir haben in der Zeit keine Abstriche gemacht.
Veltins hat mittlerweile mehr als 100 Millionen Euro in Schalke 04 investiert. So etwas macht man nicht, wenn es sich nicht auch für Ihr Unternehmen lohnt.
Huber: Es muss immer beiden Seiten etwas bringen. Die eine Seite sieht das Geld, die andere den Marketing-Aspekt. Wir haben aber auch den Verbraucher-Aspekt gesehen. Man kann nicht nachmessen, wie viel Bier wir mehr verkauft haben, vielleicht haben wir für die 100 Millionen Euro sogar 200 zurückbekommen, vielleicht auch nur 50. Aber wir haben erkannt, wie schnell Fans zu einer Marke stehen. Diese Partnerschaft hat uns sehr geholfen. Wir passen zusammen.
Sie haben mal an einer Schalker Mitgliederversammlung teilgenommen. 2017 war das, als die Partnerschaft 20 Jahre bestand und beschlossen wurde, dass die Arena weitere zehn Jahre den Namen Veltins tragen wird. Zur Saisoneröffnung gegen RB Leipzig gab es dann Freibier für alle.
Huber: (lacht) Ja, da war was los, das ist natürlich auch ein fußballverrücktes Volk. Aber ich kann nur sagen: Wir haben uns auf Schalke immer wohl gefühlt.
Gab es auch problematische Zeiten?
Huber: Ich bin ehrlich. Ich interessiere mich für die wirtschaftliche Seite. Ich habe damals mal versucht, die Budgets und Planungen des Vereins zu verstehen, das hat leider nicht geklappt, da waren wir Welten auseinander. Da waren schon Gelder ausgegeben worden, die noch gar nicht eingenommen wurden. Als man dann unsere Hilfe bei der wirtschaftlichen Strukturierung nicht wollte, haben wir gesagt: Okay, das ist auch nicht unser Anrecht. Es gab früher auch die eine oder andere Führungskraft auf Schalke, zu der wir nie ein Verhältnis aufbauen konnten.
Angefangen hat Ihr Unternehmen auf Schalke 1997 als Trikot-Sponsor.
Huber: Ich habe zu Rudi immer gesagt: Wenn Du einen findest, der Dir dafür deutlich mehr zahlt als wir, dann ziehen wir uns da zurück. Das Versprechen habe ich 2001 mit dem Victoria-Einstieg eingehalten. Als 2007 Gazprom kam, war ich überrascht über die Größenordnung, die Clemens Tönnies verhandelt hatte, das wäre für uns unmöglich gewesen.
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Das neue Stadion hieß vier Jahre lang Arena Auf Schalke. Rudi Assauer versicherte damals, der Name werde niemals verscherbelt. Wie kam es 2005 dann doch dazu?
Huber: Rudi kam und sagte: ‚Michael, es wird eng, das Ding ist teurer, als ich dachte, ich brauche mehr Kohle. Kannst Du Dir vorstellen, dass Du oben aufs Dach kommst?‘ Das konnte ich. Als er die erste Summe nannte, habe ich gesagt: ‚Pass mal auf, geh am besten zu unserer Konkurrenz, Du hast sie wohl nicht alle.‘ Da sagte er: ‚Es war mal einen Versuch wert.‘ Innerhalb einer Woche waren wir uns einig. Wir beide sprachen nun mal die gleiche Sprache. Für uns war ein Wort ein Wort.
Es gab dann in den 2000er-Jahren den großen Machtwechsel auf Schalke. Rudi Assauer und Clemens Tönnies verstanden sich nicht, 2006 entzog der Aufsichtsrat dem Manager das Vertrauen. Was bedeutete das für Sie? Auch mit Clemens Tönnies konnte man ja Klartext reden.
Huber: Ja, Clemens Tönnies ist auch ein Büffel, nur eben ein milliardenschwerer. Es tat mir leid für Rudi. Aber Clemens hat es nun mal als Alphatier nicht so gerne, wenn einer sagt: Nein, das machen wir nicht so, wie Sie das wollen. Und Rudi war auch so. Der sagte, ich kaufe jetzt diesen Spieler, und es ist mir egal, wo das Geld dafür herkommt. Das ging mit Tönnies nicht mehr. Rückblickend muss man ja sagen: Clemens Tönnies hat sehr viel für den Klub getan, das hat mich schon sehr begeistert. Es wurde aber nicht genügend gewürdigt. Wie auch die Fans mit ihm am Schluss umgegangen sind, das war übertrieben und zuweilen unfair. Sie wussten alle nicht, wie viel er im Hintergrund geholfen hatte.
Seine Kritiker sagen: Er hat Schalke mit der riskanten Finanzpolitik runtergerissen.
Huber: Da muss man den Kritikern in Teilen recht geben. Immer weiter, immer höher, das ist seine Mentalität. Dass er die Ausgliederung der Profiabteilung vom Verein wollte, hat ihm natürlich keine Sympathien bei den Fans eingebracht. Wirtschaftlich wäre es wahrscheinlich richtig gewesen.
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Clemens Tönnies wollte mit Schalke ganz hoch hinaus, die Mannschaft spielte ja einige Jahre regelmäßig auf europäischer Ebene. Ist man in solchen Zeiten als Sponsor besonders stolz?
Huber: Ganz ehrlich: Es ist wurscht. Es geht uns nicht um Titel, es geht uns um das Image des Klubs insgesamt, um die Menschen. Wie die sich beim Wiederaufstieg gefreut haben, das war ja nicht anders als bei wichtigen europäischen Spielen. Höhen und Tiefen muss man eben gemeinsam durchstehen. Für uns wäre es undenkbar, mit Bayern München zu gehen. Wir wollten keinen Partner, der immer nur ganz vorne ist.
2020/21 stürzte Schalke schwer ab, es gab viele Personalwechsel in der Führung. Das muss doch auch für Sie eine schwierige Zeit gewesen sein, wenn man seine Ansprechpartner verliert.
Huber: Da haben Sie recht. Das war ein Thema bei uns. Als Alexander Jobst ging, hatten wir ein bisschen Sorge, denn er war innovativ. Dann hat sich aber der neue Vorstand sehr schnell hier vorgestellt, er ist komplett hier erschienen. Das war eine wirklich gute Präsentation. Es hat mir auch sehr gut gefallen, was Frau Rühl-Hamers als Finanzchefin vorgetragen hat. Da hatte ich das Gefühl: Die kämpfen um etwas. Da waren unsere Sorgen schnell wieder verschwunden.
Nach der plötzlichen Trennung von Gazprom musste Schalkes neuer Vorstands-Chef Bernd Schröder zweimal einen neuen Trikotsponsor suchen. Haben Sie da für einen Moment gezuckt?
Huber: Nein. Das wäre für uns zu teuer gewesen. Wir wollten nur nicht, dass eine andere Biermarke oder irgendein anrüchiges Unternehmen aufs Trikot kommt. Beeindruckt hat uns, wie schnell das Thema Gazprom abgewickelt wurde, da hat Schalke klare Kante gezeigt.
Der Arena-Vertrag läuft bis 2027, er beinhaltet das exklusive Ausschankrecht. Aber auch Ihre Branche muss sich Sorgen machen. Im Handelsblatt haben Sie gesagt: Ohne Gas kein Bier. Das klingt besorgniserregend. Ändert das etwas an Ihrem Sport-Sponsoring?
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Huber: Natürlich denkt man darüber nach, wo man Einsparungspotenzial hat. Aber wenn man eine Historie aufgibt wie die mit Schalke, verliert man auch an Glaubwürdigkeit in der Region. Niemand kann heute voraussehen, wo wir 2027 stehen. Und es ist mein Job, erstrangig an die Brauerei zu denken. Aber trotz extrem schwieriger Jahre mit Schmerzen und Einschnitten, die jetzt auf uns zukommen, steht bei uns die Aufgabe des Sponsorships nicht auf der Agenda. Wir können allerdings auch noch nicht wissen, ob die Politik die Bierwerbung im Sport stoppen wird. Das träfe dann auch viele kleinere Vereine.
Etwas Persönliches, Herr Huber. Sie verbringen viele Wochenenden auf Sylt. Wie oft sind Sie denn bei Spielen auf Schalke?
Huber: Ich lebe auf Sylt und seit einigen Monaten am Möhnesee. Im Stadion war ich bisher nur zweimal.
So selten? Sie sind also kein Fußballfan.
Huber: Mich interessiert immer, wie Schalke gespielt hat. Aber ich verstehe zu wenig davon, ich habe da nichts verloren. Rudi hat mir bei unserem ersten gemeinsamen Stadionbesuch gesagt: Tu mir bitte einen Gefallen und komm nicht wieder, Du kapierst ja gar nichts. Ich habe zu ihm dann gesagt: Dafür kannst Du nur Zigarren rauchen und hast von Wirtschaft keine Ahnung.