Gelsenkirchen. Schalke 04 überzeugte bisher durch Leidenschaft und Engagement. Doch nach der Pause waren die S04-Gegner bisher besser. Eine Datenanalyse.

Frank Kramer ist schon lange im Profifußball-Geschäft dabei – doch es scheint, als müsste er sich immer noch daran gewöhnen, nun als Trainer des FC Schalke 04 Spiele in der Arena erleben zu dürfen. „Das wird wieder richtig geil. Ich habe schon wieder Gänsehaut, wenn ich darüber rede“, sagte S04-Trainer Kramer vor der Bundesligapartie gegen Union Berlin (Samstag, 15.30 Uhr/Sky).

Engagiert: Schalke-Trainer Frank Kramer an der Seitenlinie.
Engagiert: Schalke-Trainer Frank Kramer an der Seitenlinie. © firo

Schalke 04 läuft den Bundesliga-Gegnern bisher nur hinterher

Klingen Sätze wie diese harmonisch, ändert sich Kramers Rhetorik stets, wenn es um Schalkes Strategie in den ersten drei Spielen geht. Zwar holte Schalke zwei Punkte aus drei Spielen, das ist okay. Auch Leidenschaft und Engagement stimmten. Aber kein Team hat seltener den Ball als die Schalker – nur 28 Prozent Ballbesitz bedeuten, dass die Königsblauen ständig hinterherlaufen. Und da dies so anstrengend ist, ging zu vielen Spielern früh die Puste aus. Sowohl beim 2:2 gegen Mönchengladbach als auch beim 0:0 in Wolfsburg war der Gegner in der Schlussphase besser.

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Gemeinsam mit unserem Datenanalyse-Partner Create Football haben wir uns die Schalker Zahlen detailliert angesehen und ausgewertet. Das Fazit: In den zweiten Halbzeiten der ersten drei Spiele war Schalke deutlich schwächer - das zeigte sich zum Beispiel in sinkenden Passquoten (78 auf 71 Prozent) und im eklatanten Rückgang der Zweikampf- (49,2 auf 42 Prozent) und Kopfballquote (41 auf 24 Prozent). Die Gegner konnten die Spielkontrolle nahezu komplett übernehmen - erarbeitete sich Schalke vor der Pause eine ähnliche Anzahl an Ballkontakten im gegnerischen Strafraum (etwa acht), ist das Missverhältnis nach der Pause enorm - Schalke kommt auf 4,7, die Gegner auf über 20. Auffällig: Alle fünf Gegentore kassierte Schalke nach der Pause - wobei in Köln (1:3, erster Spieltag) auch eine Rolle spielte, dass Schalke nach einer Roten Karte gegen Dominick Drexler (36.) lange in Unterzahl spielte.

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Ist Schalke gar nicht fit? Kramer wehrt sich: „Man sollte das nicht an Prozentzahlen festmachen. Es geht auch um das Drehbuch des Spiels: Was hat der Gegner vor? Lässt er dir den Ball, dann hast du mehr Ballbesitz. Ist er dominant wie Gladbach und Wolfsburg, dann nicht.“ Dass seinem Team die Fitness fehlt, findet Kramer nicht – und verweist auf die Verletztenliste, auf der aktuell kein Name steht. Auf einige Spieler treffe das zu, zum Beispiel auf Zugang Jordan Larsson, der vor etwa drei Wochen aus Schweden kam. „Die Intensität über 90 Minuten kann er sicherlich noch nicht gehen“, sagte Kramer.

Kramer sieht Schwächen bei eigenem Ballbesitz und hat in dieser Trainingswoche gezielt daran gearbeitet. „Wir brauchen eine bessere Balance – individuell und im Kollektiv. Wir müssen lernen, auch mal Ruhephasen ins Spiel zu bekommen, den Ball zu sichern. Manchmal kannst du nicht direkt nach Ballgewinn nach vorne. Gerade zu Hause wollen wir noch zu viel“, sagte Kramer.

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Eine Mannschaft, die als Vorbild dient, ist ausgerechnet der kommende Gegner – denn in der Ballbesitz-Tabelle steht Union auf dem vorletzten Platz. „Die Berliner schreiben sich auch keine Prozentzahlen auf die Fahne. Sie spielen ohne Schnickschnack“, sagte Kramer.

Weitere Schalke-Statistiken in der Übersicht

- Die Gegner schießen in der zweiten Halbzeit bei steigender Genauigkeit (erste Halbzeit: 35 Prozent, zweite Halbzeit: 45 Prozent) fast doppelt so oft aufs Tor (erste Halbzeit: 6,7 Schüsse, zweite Halbzeit: 12,7 Schüsse).

- Die im Ligavergleich schwache Passquote der Schalker (erste Halbzeit: 78 Prozent) sinkt in der zweiten Halbzeit (71 Prozent) noch einmal.

- In der zweiten (26,6 Prozent) hat Schalke noch weniger Ballbesitz als in der ersten Halbzeit (31,6 Prozent).

- Die Zweikampfquote sinkt von 49,4 auf 42 Prozent.

Die Schalke-Profis sind in den ersten drei Spielen viel gelaufen, jedoch zumeist ohne Ball.
Die Schalke-Profis sind in den ersten drei Spielen viel gelaufen, jedoch zumeist ohne Ball. © firo

- Die Quote der gewonnenen Kopfballduelle geht bei gleicher Anzahl zurück - von 41 (erste Halbzeit) auf 24 Prozent (zweite Halbzeit).

- Die Gegner können in der zweiten Halbzeit (7,7) deutlich mehr Pässe in die Tiefe spielen als in der ersten (4).

- Die Gegner kommen nach der Pause (10 vs. 4,3) häufiger durch Flanken in den Strafraum.

- Der PPDA der Gegner sinkt von 18,6 auf 7,4. Erklärung zu PPDA: Passes per Defensive Actions - wie viele Pässe spielt der Gegner, bevor eine Defensivaktion erfolgt (z.B. abgefangener Pass, Zweikampf oder Foul). Je niedriger der Wert, desto aggressiver ist das Pressing. Folglich lässt sich Schalke nach der Pause viel eher und stärker unter Druck setzen als in der ersten Halbzeit.