Gelsenkirchen. In sechs Monaten hat es Niklas Castelle von der Landesliga bis in den Dunstkreis der Bundesliga geschafft. Was der 19-Jährige dazu sagt.

Niklas Castelle ist zurück in der Normalität. Mit der U23 von Schalke 04 weilt der 19 Jahre alte Stürmer noch bis Donnerstag im Trainingslager in Billerbeck, um sich auf die kommende Regionalliga-Saison vorzubereiten. Schon die Aussicht auf Viertligafußball und das tägliche Training unter professionellen Bedingungen auf Schalke war für Castelle allerdings vor einem halben Jahr noch utopisch. Bis zum Winter kickte er nämlich noch beim VfL Senden in der Landesliga - siebte Liga!

Seit Januar aber schreibt Castelle ein kleines Fußballmärchen, der mit dem Wechsel in die Knappenschmiede begonnen hat. Mit nur 19 Jahren schaffte es der Stürmer nahezu problemlos, drei Ligen zu überspringen. Statt gegen Vorwärts Wettringen oder Eintracht Ahaus spielte er plötzlich gegen Rot-Weiss Essen oder Alemannia Aachen – und war dabei nicht nur Mitläufer. Ganz im Gegenteil. Castelle war auf Schalke auf Anhieb gesetzt und hatte mit seinen fünf Toren und sechs Vorlagen einen großen Anteil am Klassenerhalt der Schalker in der Regionalliga.

Was Castelle aber in den vergangenen Wochen erleben durfte, toppte seine gute Rückrunde in der Regionalliga noch einmal. Es war das nächste Kapitel des Märchens: Zu Beginn der Vorbereitung durfte er sich unter Trainer Frank Kramer im Training der Profis zeigen. Für den langjährigen Schalke-Fan ein Traum, von dem er dachte, dass er sich niemals erfüllen werde. „Surreal“ sei diese Vorstellung für ihn gewesen, erzählt Castelle der WAZ.

Schalke-Talent verlor im NLZ die Freude am Fußball

Nur rund ein halbes Jahr nachdem er beim VfL Senden in der Landesliga zusammen mit seinem Bruder Tim und einigen Freunden aus der Heimat gespielt hatte, waren nun Simon Terodde, Danny Latza oder Ralf Fährmann seine Teamkollegen – Spieler, die er bislang nur aus dem Fernsehen kannte. „Als Schalke-Fan ist es natürlich das Größte, mit den Profis zu trainieren und sogar im ersten Testspiel spielen zu dürfen“, sagt Castelle. Dass er im Test gegen den VfL Hüls dann auch ein Tor erzielen konnte, dürfte für ihn noch so ein surrealer Märchen-Moment gewesen sein.

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„Ich habe ein bisschen gebraucht, um die Situation zu realisieren, aber ich habe es genossen“, sagt er rückblickend über seine ersten Erfahrungen bei den Profis. Und dass Niklas Castelle tatsächlich in die Bundesligamannschaft hineinschnuppern durfte, war lange Zeit nicht absehbar. Bis zur U14 wurde er zwar im Nachwuchsleistungszentrum von Preußen Münster ausgebildet, doch wurde dort nicht glücklich und verlor sogar den Spaß am Leistungsfußball, wie er jüngst dem RevierSport erklärt hatte. Im heimischen Senden, fernab des großen Drucks, kam die Freude dann zurück – und auch die sportlichen Leistungen stimmten.

Denn schon kurz nach seinem 18. Geburtstag wurde er Stammspieler in der Landesliga und schoss dort in 26 Spielen 32 Tore. Eine solche Bilanz bleibt auch in der siebten Liga nicht unbemerkt. Zahlreiche höherklassige Vereine wollten Castelle verpflichten – und nach erfolgreichen Probewochen unterschrieb er im Januar 2022 einen Vertrag in der Schalker U23. Gründe waren seine Fan-Liebe für die Königsblauen und der große Traum, irgendwann einmal in der ausverkauften Arena zu spielen.

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Schalke-Trainer Frank Kramer schwärmt von Niklas Castlle

Um sich diesen Traum aber erfüllen zu können, sind für den 19-Jährigen erst einmal gute Leistungen in der U23 Pflicht – das weiß Niklas Castelle. Und sein erstes Halbjahr war mit elf Scorerpunkten sehr vielversprechend. „Dass ich so viel Spielzeit in der U23 erhalten habe, hat mich bereits überrascht“, gibt er zu.

Von Trainer Frank Kramer wurde Castelle nun für dieses gute Halbjahr in der Regionalliga belohnt. Als aufregend und anstrengend beschreibt der Stürmer seine ersten Wochen im Profi-Training. „Ein bisschen Druck habe ich mir auch selbst gemacht, weil ich mich schließlich beweisen möchte“, erzählt er. Überwogen hat beim talentierten Stürmer aber der Spaß. Spätestens jetzt ist Castelle hungrig auf weitere Bewährungschancen im Bundesligateam der Königsblauen.

Niklas Castelle (links) zieht im Regionalligaspiel zwischen Schalkes U23 und Preußen Münster an seinem Gegenspieler vorbei.
Niklas Castelle (links) zieht im Regionalligaspiel zwischen Schalkes U23 und Preußen Münster an seinem Gegenspieler vorbei. © Frank Oppitz / FUNKE Foto Services

Und obwohl Castelle jetzt erst einmal zurück bei der U23 ist, lobt ihn Profi-Trainer Frank Kramer in den höchsten Tönen. „Das sind doch die Geschichten, die man sich wünscht, oder?“, sagt er auf WAZ-Nachfrage. „Niklas hat es im Training gut gemacht, war sehr lebendig und gierig auf Tore.“ Für den 50-Jährigen sei es schön zu sehen, dass Spieler es auch über Umwege in den Dunstkreis der Bundesliga schaffen würden. „Es kann auch mal jemand sein, der nicht durch die komplette Schule eines NLZ gelaufen ist. Man muss offen für alle Seiten sein und den Jungs Chancen geben“, erklärt der Coach.

Bundesliga mit Schalke? Niklas Castelle äußert sich noch zurückhaltend

Eine Profikarriere von Castelle hält Kramer keineswegs für utopisch. „Warum denn nicht?“, fragt er. Natürlich solle man noch nicht zu viel vom 19-Jährigen erwarten, aber an Potenzial mangle es dem Stürmer nicht. „Er muss weiter an sich arbeiten, aber bringt wirklich viele Sachen mit, die ein Straßenköter im Offensivbereich braucht.“ Lobend erwähnt Kramer dabei Castelles Abschluss und seinen Zug zum Tor.

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Angesprochen auf seine Chancen auf baldige Bundesligaeinsätze, hält sich Castelle selbst noch zurück. Für ihn zähle aktuelle nur der Erfolg in der U23. „Über alles darüber hinaus mache ich mir aktuell noch keine Gedanken“, sagt er ganz diplomatisch. Sein Ziel sei es zunächst, an die gute Rückrunde in der Regionalliga anzuknüpfen.

Helfen soll ihm dabei unter anderem Martin Max, der die U23 nun als Spezialtrainer unterstützt. „Er ist für mich Gold wert, bei ihm kann ich mir vieles abschauen“, ist Castelle sicher. Der inzwischen 53 Jahre alte Max war einst selbst ein Top-Stürmer und traf 126-mal in 395 Bundesligaspielen – von ähnlichen Zahlen dürfte auch Niklas Castelle träumen.