Gelsenkirchen. Vor dem wichtigen Zweitliga-Heimspiel gegen Düsseldorf sagt der Weltmeister von 1990, wie ihm das neue Schalke gefällt und was besser werden muss.

Co-Kommentator im eigenen Wohnzimmer: Für Olaf Thon (55) steht heute Abend ab 20.30 Uhr buchstäblich ein Heimspiel an. Die Schalker Vereins-Legende ist für Sport1 beim Zweitliga-Duell zwischen den Königsblauen und Fortuna Düsseldorf im Einsatz. „Die Anstoßzeiten der Schalker Spiele sind jetzt anders als über Jahre in der Bundesliga. Das muss man einfach annehmen“, sagt Thon im Interview mit der WAZ.

Herr Thon, wie bereiten Sie sich auf Ihre Rolle als Sport1-Co-Kommentator vor?

Olaf Thon: Wir haben einen E-Mail-Verteiler, in dem alle wichtigen Infos zum Spiel vorab verschickt werden. Über Schalke 04 weiß ich natürlich vieles, aber auch nicht alles. Das Gesicht der Mannschaft hat sich komplett verändert. Man muss die Neuzugänge, wie etwa Thomas Ouwejan oder den gerade verpflichteten Ko Itakura, erst kennenlernen.

Was ist Ihre Aufgabe während des Spiels?

Der TV-Zuschauer will bei einer Fußball-Liveübertragung nicht viel Gequatsche hören. Da muss man schnell auf den Punkt kommen und kann sicherlich auch mal eine Spitze setzen, wenn es angebracht ist. Der Co-Kommentator ist eine Art Zulieferer. Bei Gegentoren achte ich immer darauf, wer falsch steht, ob der Torwart sich falsch verhält. Die Dinge, die einem gerade auffallen, spricht man dann spontan an. Wichtig ist, dass der Zuschauer sich gut informiert fühlt.

Als Schalker Klub-Ikone haben Sie natürlich einen besonderen Bezug zu den Königsblauen. Ist das ein schwieriger Spagat beim Kommentieren?

Die Zuschauer wissen, dass ich eine langjährige Schalker Vergangenheit besitze und hier mit dem Profi-Fußball angefangen habe. Ich bin der Ansicht, man darf beim Kommentieren ruhig mit Herzblut dabei sein. Viel schwieriger finde ich es, wenn zum Beispiel ein Bastian Schweinsteiger mit Joachim Löw Weltmeister geworden ist und ihm dann ein paar Jahre später als Fragesteller für das Fernsehen gegenübersteht. Da hätten dann eben nach dem EM-Aus auch kritischere Nachfragen kommen müssen. Die gab es aber nicht.

Wie sind Sie zu Ihrer Experten-Rolle bei Sport1 gekommen?

Es war eher Zufall. Ich hatte meine Karriere 2002 beendet und war zwei oder drei Jahre später als Sport1-Experte in verschiedenen Formaten dabei. Die Einsätze in der Europa League haben riesig Spaß gemacht, auch die „Viererkette“, der „Doppelpass“, der Fantalk und jetzt die Einsätze bei der 2. Liga machen mir große Freude. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass mein Weg zum Fernsehen führt. Man springt da in ein unbekanntes Becken hinein und schwimmt sich frei. So wie es Thomas Helmer als langjähriger Moderator beim Doppelpass gemacht hat.

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Wie gefällt Ihnen der neue FC Schalke 04?

Es ist unheimlich schwierig, bei den ganzen Neuzugängen den Überblick zu behalten. Schalke hat ja nicht so viel verändert, weil sie Spaß daran haben, sondern war nach dem Abstieg gezwungen, den Kader komplett neu aufzustellen. Keine Frage, in der neuformierten Mannschaft gibt es noch Abstimmungsprobleme. Schalke bekommt in der 2. Liga die meisten Gegentreffer nach Standardsituationen, weil eben noch nicht alles passt.

Was muss zusätzlich zum Defensivverhalten besser werden?

Ich wünsche mir von Schalke mehr Ballbesitz, mehr Forechecking. Das birgt allerdings gewisse Risiken, wenn die Stabilität insgesamt fehlt. Unter dem Strich macht es die Mischung. Schalke hat mit Simon Terodde einen Top-Torjäger, deswegen musst du nach vorne spielen und die Gegner zu Fehlern zwingen. Ich erwarte gegen Düsseldorf eine Steigerung. So ein Spiel wie zuletzt beim 1:4 in Regensburg darf nicht noch einmal vorkommen.

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Trainer Dimitrios Grammozis steht nach nur vier Punkten aus vier Spielen bei Teilen der Anhängerschaft in der Kritik. Für Sie nachvollziehbar?

Nach vier, fünf Spielen ist mir das alles noch zu früh, bereits über den Trainer zu diskutieren. Ich denke, dass man zehn Partien abwarten sollte, um zu sehen, in welche Richtung es geht. Das Team muss sich erst einspielen. Aber klar ist auch: Keine Ergebnisse, keine Argumente.

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Bislang steht erst ein Sieg für Schalke zu Buche. Hätten Sie mit dem Holperstart gerechnet?

Diesen Start haben wir nicht als Alleinstellungsmerkmal. Werder Bremen, der Hamburger SV und Holstein Kiel tun sich bisher auch schwer. Wichtig ist, dass Schalke jetzt ein Zeichen setzt. Sie müssen sich den Sieg erzwingen und erkämpfen, dann auch auswärts gute Ergebnisse holen.

Kann eine 1:4-Klatsche wie zuletzt in Regensburg auch einen heilsamen Effekt haben?

Wenn es vorher nicht schon das 1:3 gegen den HSV gegeben hätte, würde ich „Ja“ sagen. Auch beim 1:1 gegen Aue war der Auftritt zu passiv. Man spürt einfach, dass viele Dinge bei Schalke noch nicht rund laufen.

Schalke 04 darf gegen Düsseldorf vor 25.000 Zuschauern spielen. Wie wichtig ist dieser Aspekt nach den monatelangen Geisterspielen?

Die Fans sind das Salz in der Suppe. Die Fußballspiele laufen ganz anders, wenn Zuschauer und Emotionen zurück sind. Auch die Aggressivität auf dem Platz ist eine andere, deswegen wird es für die Schiedsrichter durch die Fan-Rückkehr nicht einfacher. Das Adrenalin wird von außen hereingetragen, da geht es viel mehr zur Sache. Ich hoffe, dass die vielen neuen Schalke-Spieler von den Fans in der Veltins-Arena getragen werden. Das kann noch einmal zusätzlich pushen.

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