Regensburg. Schalkes Zweitliga-Start ist misslungen. Trainer Grammozis führt das auf den Umbau des Kaders zurück. Die Fans schimpfen. Ein Kommentar.

Es gab im Sommer zweifelsohne eine Aufbruchstimmung beim FC Schalke 04 - trotz des Abstiegs. Eine neue Mannschaft, ein neuer Vorstand, ein neuer Aufsichtsrat - und schlechter als in der Abstiegssaison konnte es ohnehin gar nicht werden. Doch nach nur vier Spielen droht die Atmosphäre schon wieder zu kippen. Schalke spielt schlecht, vier Punkte sind eine schwache Ausbeute für den Top-Favoriten der Liga, eine Wende ist erst einmal nicht in Sicht. Einige Fans lasten Trainer Dimitrios Grammozis den Fehlstart an. Doch ist das so einfach?

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Grammozis startete bereits mit einer großen Hypothek in die Saison. Er war in der Abstiegssaison nicht der Hauptschuldige, aber auch er konnte die Wende nicht mehr herbeiführen. Von elf Spielen unter seiner Regie gewann Schalke nur zwei, verlor aber acht - und das zum Teil hoch. Dennoch vertraute Schalke Grammozis das Projekt Wiederaufstieg an - schon das: ein Risiko.

Schalke-Kader trägt Grammozis' Handschrift

Der Trainer kooperierte in der Vorbereitung eng mit Sportvorstand Peter Knäbel und Sportdirektor Rouven Schröder - der unter größten Nöten zusammengezimmerte Kader trägt Grammozis' Handschrift, er ist auf dessen taktische Wünsche hin ausgerichtet. Vize-Kapitän Victor Palsson zum Beispiel war ein Wunschspieler des Trainers. In der langen Vorbereitung arbeitete Grammozis mit einem Großteil des Aufgebots sehr hart.

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Die Leistungen aber entsprechen nicht einer detaillierten Vorbereitung. Ein über 90 Minuten konstant gutes Spiel hat Schalke noch nicht gezeigt, nicht einmal im DFB-Pokal beim Oberligisten FC 08 Villingen (4:1). Mit taktischen und personellen Entscheidungen hatte Grammozis bisher wenig Glück. Beispiele: Er ließ beim 1:1 gegen Aue ein System mit Viererkette spielen - obwohl er während der ganzen Vorbereitung eine Fünferkette hatte einüben lassen. Im Spielaufbau setzt er nicht auf lange Bälle, sondern auf kurze Pässe im Strafraum. Das sieht hübsch aus, wenn es klappt. Torwart Ralf Fährmann ist aber der falsche Mann für diese Spielweise - und so entstand das 0:1 in Regensburg. Das wäre zu verhindern gewesen. Auch mit seinen Aus- und Einwechslungen lag Grammozis nicht nur einmal daneben.

Der Trainer sollte zudem seine Rhetorik überdenken. Er sagt stets, er würde die neu zusammengestellte Mannschaft nicht als Ausrede nehmen - macht aber regelmäßig genau das. Er erinnert sehr stark an David Wagner in dessen letzten Wochen - genau so hatte Wagner über die Verletzungsprobleme im Frühjahr 2020 gesprochen. Auch die sollten nicht die Ausrede für Niederlagen sein, aber ...

Schalke: Grammozis sortiert Knappenschmiede-Talente aus

Wie in der vergangenen Saison schützt Grammozis seine Spieler auch nach jeder noch so verkorksten Leistung. Das erste Gegentor in Regensburg sei nicht Florian Flick zuzuschreiben, sondern einem anderen Profi. Warum nennt er nicht auch diesen Namen? Ko Itakura erlebte ein verkorkstes Debüt - auch das sprach Grammozis nicht offen an. Keiner verlangt, dass Grammozis seine Profis beleidigt - die Fans erwarten aber ein wenig mehr Klartext. So wie es im Ruhrgebiet üblich ist.

Dass Grammozis die Talente aus der Knappenschmiede aussortiert, ist ebenfalls ein Fakt. Es zeichnet sich ab, dass einige für die ersten beiden Ligen noch nicht gut genug sind - Grammozis' Entscheidungen sind in diesem Punkt nachvollziehbar. Das auch mal öffentlich zuzugeben, wäre nicht verkehrt. Auch hier: kein Klartext.

Muss Grammozis schon jetzt um seinen Job bangen? Das ist sehr unwahrscheinlich. Er selbst sprach davon, intern würden alle ruhig bleiben. Und so ist es auch. Knäbel und Schröder werden den Trainer nicht so schnell fallen lassen. Sie werden noch kein Zwischenfazit ziehen - wenn die Partie gegen Fortuna Düsseldorf beendet ist und Grammozis in der Länderspielpause zwei Wochen Zeit hatte, mit dem endgültigen Kader zu arbeiten.

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Sollte bei den Königsblauen Ende September immer noch kein konstanter Aufschwung zu spüren sein, könnte es für Grammozis eng werden. Der Druck kommt nun auch im Stadion von den Fans - gegen Düsseldorf werden 25.000 in der Arena anwesend sein. Knäbel und Schröder mögen im Dialog aktuell noch ruhig bleiben - aber sie haben es noch nicht erlebt, auf welche Art die Stimmung in der Arena bei schlechten Ergebnissen kippen kann.

Eine Freistellung könnten sich selbst die klammen Schalker erlauben. Der Vertrag des Trainers gilt nur bis Saisonende und ist nicht üppig dotiert. Doch noch hoffen die Bosse, dass Grammozis die Wende schafft. Es ist spät, aber noch nicht zu spät.