Gelsenkirchen. Am Sonntag wählen die Mitglieder zwar nicht direkt den neuen Schalke-Boss, aber sie stellen die Weichen. Danach läuft’s wie bei der Papstwahl.

Vor der großen Mitgliederversammlung am Sonntag ab 9.04 Uhr hat Schalke noch einmal die Werbetrommel gerührt. Nicht für Kandidaten, die zur Wahl stehen – das verbietet die Neutralität. Aber Schalke ruft seine Mitglieder auf, rechtzeitig die digitale Vorab-Identifikation durchzuführen: Damit soll sichergestellt werden, dass wirklich nur Schalke-Mitglieder an der digitalen Versammlung teilnehmen. Sebastian Buntkirchen, Schalkes Direktor für Fans und Vereinsangelegenheiten, stellt klar: „Ohne Verifizierung kein Stimmrecht“. Und wer sich am Sonntag möglicherweise zehn oder zwölf Stunden für Schalke Zeit nimmt, der will ja auch mitwählen.

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Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Wahlen zum Aufsichtsrat, zum Wahlausschuss und zum Ehrenrat. Bei jedem Wahlvorgang haben die Mitglieder genau abgezählte 5:04 Minuten Zeit, um ihre Stimme abzugeben. Von zu Hause aus per Klick am Computer.

Die Wahl zum Aufsichtsrat:

Die spannendste Wahl verbirgt sich hinter dem siebten von elf Tagesordnungspunkten: Es ist die Wahl zum Aufsichtsrat. Zwar wählen die Mitglieder dabei nicht direkt den neuen Schalke-Chef, aber am Sonntag werden die Weichen gestellt, wer Nachfolger des zurücktretenden Jens Buchta wird. Das Prozedere ist so: Nach der Versammlung trifft sich der von den Mitgliedern gewählte Aufsichtsrat in neuer Besetzung hinter verschlossenen Türen zu seiner konstituierenden Sitzung. Und dann ist es so wie bei der Papstwahl: Einer aus ihrer Mitte wird der neue Chef. Sicher wird man auch (blau-)weißen Rauch aufsteigen sehen...

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Öffentlich Ambitionen auf den Chefsessel äußert keiner der möglichen Kandidaten: Das wäre wahrscheinlich auch taktisch unklug. Zwei Namen fallen trotzdem: Zum einen Peter Lange (65), bisher der zweite Vorsitzende. Seine Vorteile: Er wurde von den Mitgliedern bis 2022 gewählt und bringt nach Buchtas Rückzug als einziger Aufsichtsrat viel Erfahrung aus den Schalker Gremien mit – er kennt den Verein und die Strukturen. Der zweite Name, der fällt: Axel Hefer (44). Er ist aktuell ebenfalls im Aufsichtsrat, muss am Sonntag aber erst noch wieder neu in das Gremium gewählt werden.

Ausmachen kann man im Vorfeld unter den zehn Bewerbern für die fünf Plätze bestenfalls Kandidaten, die sich einander näherstehen als andere und die daher im Fall ihrer Wahl eine Koalition bilden könnten – wie in der Politik. Axel Hefer, so ist zu hören, hat andere Männer hinter sich als Peter Lange. Insofern hängt es von den Mitgliedern ab, wer bei der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates die größere Rückendeckung hat.

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Theoretisch übrigens könnte der Aufsichtsrat auch Youri Mulder (52) aus seiner Mitte zum neuen Schalke-Chef wählen. Der einstige Eurofighter wurde im Mai auf Betreiben von Buchta und Huub Stevens in den Aufsichtsrat kooptiert und interpretiert seine Rolle als herausragende Fußball-Kapazität des Gremiums bisher ausgesprochen akribisch. „Youri ist ein 100-prozentiger Treffer für den Aufsichtsrat“, sagt ein Beobachter. Als neuer Schalke-Chef wäre Mulder ein Mann des Volkes. Fraglich aber ist, ob der Niederländer jetzt schon eine Hausmacht im Aufsichtsrat hat.

Die Wahl zum Ehrenrat:

Ebenfalls einen Umbruch gibt es im Schalker Ehrenrat. Hier ist das Prozedere so, dass den Mitgliedern ein komplett neuer Ehrenrat mit fünf neuen Personen zur Wahl vorgeschlagen wird: Namentlich die beiden Juristen Lars Althoff und Frank Mücklich sowie Ilona Caroli, Jan Henke und Pfarrer Ernst-Martin Barth. Der Vorschlag kommt vom Aufsichtsrat, der bei seiner Sitzung am 4. Mai über insgesamt zwölf Kandidaten abgestimmt hat. Künftig könnte das Verfahren modifiziert werden: Es gibt einen Antrag, dass beim nächsten Mal Wahlausschuss und Aufsichtsrat gemeinsam die Kandidaten für den Ehrenrat auswählen und den Mitgliedern zur Wahl vorschlagen.

Unter den zwölf Bewerbern waren diesmal auch die bisherigen Ehrenräte Hans-Joachim Dohm, Klaus Bernsmann und Bernd Terhorst: Sie fielen bei der Abstimmung durch den Aufsichtsrat allesamt ebenso durch wie Kornelia Toporzysek, die im Zuge der Causa Tönnies aus dem Ehrenrat zurückgetreten war.

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Bitter für den langjährigen Schalke-Pfarrer Dohm: Ihm fehlte eine Stimme, um wieder für den Ehrenrat vorgeschlagen zu werden. Er könnte aber am Sonntag ins Ehrenpräsidium gewählt werden. Ein entsprechender Antrag liegt vor.

Es wird ein langer Sonntag, so viel steht fest. Und das unabhängig davon, ob bei der ersten digitalen Mitgliederversammlung die Technik so funktioniert, wie sich das die Schalker Strategen erhoffen.