Gelsenkirchen. Schalkes Aufsichtsrats-Vorsitzender Jens Buchta tritt am Sonntag zurück. Im Interview spricht er über die Gründe für seinen Schritt.

Die Telefonkonferenz des Schalker Aufsichtsrates am Donnerstagabend endete so, wie es die zugeschalteten Herren nicht für möglich gehalten hatten: Jens Buchta (58), seit einem Jahr Vorsitzender des Gremiums, kündigte seinen Rückzug aus nach der Mitgliederversammlung am kommenden Sonntag an. Der Jurist aus Düsseldorf hatte sich den Schritt lange überlegt, er macht den Weg frei für einen Neuanfang beim Bundesliga-Absteiger. Im Interview mit dieser Redaktion spricht Buchta über die Gründe und darüber, was Schalke bevorsteht.

Herr Buchta, Ihr Rücktritt so kurz vor der Mitgliederversammlung kommt sehr überraschend. Erklären Sie bitte, was dahintersteckt.

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Jens Buchta: Es war ein schwieriges Jahr, beginnend mit dem 0:8 in München, Schalke war dauerhaft im Krisenmodus, alle Spiele ohne Beteiligung von Fans. Als Aufsichtsrat haben wir zwar in den letzten Wochen und Monaten positive strukturelle Entscheidungen getroffen, aber am Ende bleibt der Abstieg. Dafür trage ich als Aufsichtsratsvorsitzender eine Mitverantwortung. Diese Verantwortung übernehme ich und ziehe daraus die Konsequenz.

Die Frage liegt auf der Hand: Hat der Rücktritt auch etwas mit der finanziellen Situation des Vereins zu tun?

Buchta: Überhaupt nicht. Durch Corona haben sich zwar die wirtschaftliche Situation verschärft und die ohnehin begrenzten Handlungsspielräume noch einmal verengt. Ich glaube, dass wir die finanzielle Situation in diesem Jahr trotz Corona aber gut im Griff hatten. Wir haben ja auch wegweisende Entscheidungen wie den Baustopp Berger Feld getroffen, was ganz deutlich dokumentiert: Gigantismus, große Pläne, die mehr Geld kosten als wir haben, darf es in Zukunft nicht mehr geben.

Haben Sie noch Angst um den Fortbestand des Vereins?

Buchta: Ich mache mir keine Sorgen, aber dieser Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, muss fortgesetzt werden. Wenn davon abgewichen wird, würde ich mir Sorgen machen.

Warum erfolgt die Bekanntgabe des Rücktritts kurz vor der Mitgliederversammlung am Sonntag?

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Buchta: Mir war es wichtig, dass die Mitglieder vor der Wahlentscheidung für den neuen Aufsichtsrat Klarheit haben. Zuvor galt es aber noch, die Versammlung vorzubereiten und strukturelle Entscheidungen abzuschließen. Ich bin keiner, der davonrennt, wenn es schwierig ist: Man geht erst von Bord, wenn die Basis für eine positive Entwicklung gelegt wurde. Das ist beispielsweise mit den Verpflichtungen von Peter Knäbel als Sportvorstand und Rouven Schröder als Sportdirektor sowie der Kooption von Youri Mulder in den Aufsichtsrat geschehen. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt.

Sie waren 15 Jahre auf Schalke im Aufsichtsrat: Wie schwer fällt Ihnen das Ausscheiden nach so langer Zeit?

Jahrelang ein Gespann auf Schalke: Clemens Tönnies (stehend) und Jens Buchta.
Jahrelang ein Gespann auf Schalke: Clemens Tönnies (stehend) und Jens Buchta. © firo

Buchta: Es war wirklich eine sehr schwierige persönliche Entscheidung, wenn ich an die vielen positiven Erinnerungen und Begegnungen in dieser Zeit denke. Die Zeit auf Schalke war unheimlich schön. Aber nach 15 Jahren muss man sich auch selbst hinterfragen, und jetzt ist aus meiner Sicht der geeignete Zeitpunkt gekommen. Außerdem ist nach den getroffenen strukturellen Entscheidungen für Schalke nun auch eine saubere Übergabe an den neuen Aufsichtsrat und damit ein Neustart möglich.

Wer könnte Ihr Nachfolger werden?

Buchta: Das muss der Aufsichtsrat bei seiner konstituierenden Sitzung nach der Mitgliederversammlung entscheiden. Dann findet die Wahl des Vorsitzenden statt. Dieser Wahl hätte ich mich im Übrigen ja auch stellen müssen.

Sind Sie auch zermürbt durch die Grabenkämpfe rund um den Aufsichtsrat?

Buchta: Nein, das hat für meine Entscheidung keine Rolle gespielt, wenngleich es natürlich ein großes Ärgernis bleibt, was da am 12. März passiert ist und an den Verein von außen herangetragen worden ist. Aber mit dem Rücktritt hat das gar nichts zu tun.

Blicken wir nach vorne: Die aus Ihrer Sicht drei wichtigsten Aufgaben für Schalkes Zukunft?

Buchta: Es gibt keine Alternative zur Fortsetzung des eingeschlagenen konsequenten Sparkurses: Das wird auch noch eine ganze Weile andauern. Diese Situation, in der wir mit diesen überbordenden Gehältern waren: Da dürfen wir auf Schalke nicht mehr hinkommen.

Sportlich?

Buchta: Schalke ist trotz des Abstiegs ein großer und starker Klub, die Rückkehr in die Bundesliga ist das Ziel für alle Handelnden. Mit Peter Knäbel und Rouven Schröder sind wir im sportlichen Bereich sehr gut aufgestellt, beide bringen sehr viel Sachverstand und großes Engagement mit.

Und der dritte Punkt?

Buchta: Mittelfristig stellt sich die Frage der Rechtsform: Hier hätte ich mir gewünscht, wir wären bereits in die Diskussion mit den Mitgliedern eingestiegen. Jetzt muss der Fokus aber erst auf dem Sport liegen.

Innerhalb eines Jahres verlassen Peter Peters, Jochen Schneider und Alexander Jobst als Vorstände Schalke, mit Clemens Tönnies und jetzt mit Ihnen gehen zwei Aufsichtsratsvorsitzende: Wo soll das enden?

Buchta: Ein Neuanfang kann ja auch eine Chance sein: Neue Leute haben neue Ideen, und so wird das auch beim Aufsichtsrat der Fall sein. Im Vorstandsbereich ist es der Plan des Aufsichtsrates, Alexander Jobst nicht eins zu eins zu ersetzen, sondern in seinem Nachfolger ein Gesicht für Schalke zu finden. Das soll eine starke Persönlichkeit sein, die den Verein nach außen repräsentiert und zugleich die Aufgaben als Vorstand für Vertrieb und Marketing wahrnimmt.

Werden Sie Schalke verbunden bleiben?

Buchta: Ich werde immer Schalker bleiben und hoffe ganz fest auf die schnelle Rückkehr in die 1. Liga.