Gelsenkirchen. Schalke setzt auch in der 2. Bundesliga auf Trainer Dimitrios Grammozis. Diese Entscheidung ist nicht ganz ohne Risiko. Ein Kommentar.
Selten musste ein neuer Sportdirektor bei einem Klub gleich in den ersten Tagen so viele richtungweisende Entscheidungen treffen wie Rouven Schröder beim FC Schalke 04. Bei seiner Vorstellung hinterließ Schröder einen sehr guten Eindruck. Seine Argumente überzeugten, seine Sprache scheint eher zu den Fans der Königsblauen zu passen als die vieler anderer Verantwortlicher in den vergangenen Jahren. Schröder und Schalke - das könnte passen. Allerdings muss eine solche Bewertung bei den Königsblauen nichts heißen. Schon oft scheiterten Führungspersonen nach einem guten ersten Eindruck schnell.
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Eine Entscheidung, die Schröder gemeinsam mit Sportvorstand Peter Knäbel getroffen hat, birgt großes Konfliktpotenzial. Beide haben Trainer Dimitrios Grammozis das Vertrauen ausgesprochen. Sie sind von der Arbeitsweise des Trainers überzeugt. Die Zusammenarbeit in der Kaderplanung soll hervorragend sein. Deshalb ist Grammozis der Mann, der den Neuaufbau anführen soll. Der den Fans mit breiter Brust vermitteln soll: Ich kann Schalke zurück in die Bundesliga führen.
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Doch kann das gelingen? Grammozis' sportliche Bilanz seit Amtsantritt im März ist schlecht: Von elf Spielen verlor Schalke acht. Die Leistungen in Auswärtsspielen beim VfL Wolfsburg (0:5), SC Freiburg (0:4) und bei Arminia Bielefeld (0:1) waren desaströs. Stets vermied es Grammozis, die Mannschaft mit voller Wucht zu kritisieren - bei vielen Fans kam das nicht gut an. Über mögliche Alternativen wurde auch im engeren Kreis diskutiert. Im Aufsichtsrat zum Beispiel hätten sich einige Mitglieder des Gremiums Steffen Baumgart als S04-Trainer vorstellen können. Doch der Paderborner wechselt nun zum 1. FC Köln. Viele Freunde bei den Fans hat Ex-Schalke-Trainer Domenico Tedesco, der bei Spartak Moskau aufhört und noch keinen neuen Klub gefunden hat.
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Auch Schalkes Historie spricht dafür, dass es ein riskanter Schritt ist, in der 2. Bundesliga auf Grammozis zu setzen: Vor genau einem Jahr sprach Ex-Sportchef Jochen Schneider David Wagner in einer ähnlichen Situation das Vertrauen aus. Auch Wagner hatte eine furchtbare Bilanz in der Rückrunde, auch er durfte bleiben, weil der Sportchef von seiner Arbeit überzeugt war. Als Schalke die ersten beiden Spiele in der Saison sang- und klanglos verlor, musste Wagner dann aber doch gehen. Und sein Nachfolger Manuel Baum hatte keine Zeit, sein Team in einer langen Vorbereitung kennenzulernen und auf seine Fußball-Idee einzustellen.
Schalke geht in jedes Spiel als Favorit
Ähnliches könnte Schalke drohen, wenn auch in der Zweitliga-Saison der Start nicht gelingen sollte. Das kann durchaus passieren. Am Anfang dürfte das Team noch nicht eingespielt sein, leichte Gegner gibt es in der 2. Liga zudem nicht. Auch die mentale Umstellung ist nicht leicht - zuletzt steckte Schalke monatelang im Abstiegskampf. Nun geht Schalke als Favorit in jedes Spiel. Trotzdem ist ein schwacher Start möglich. Einem neuen Trainer aber würden zwei, drei, vier schwache Spiele eher verziehen.
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Doch kann Grammozis nur verlieren? Nein. Im Gegensatz zu Wagner vor einem Jahr hat er eine nahezu komplett neue Mannschaft zur Verfügung - ganz ohne Altlasten. Zudem dürfte es für ihn ein Vorteil sein, wenn wieder Fans zum Training und zu den Spielen kommen - er ist ein Typ, der die Nähe der Anhänger sucht. Und: Schalke ist für ihn die ganz große Chance: Sollte er es schaffen, den abgestürzten Traditionsklub wieder flott zu machen, wäre dies hervorragend für seinen Lebenslauf. Er ist noch ein junger Trainer, sein Weg soll sicher nicht in Gelsenkirchen enden.
Sollte Grammozis aber scheitern, könnte er sich einreihen in die Schar der ehemaligen Schalke-Trainer, die aktuell keinen Job haben - von André Breitenreiter über Jens Keller und David Wagner bis Manuel Baum und Christian Gross. Und für die neue sportliche Leitung wäre es ein erster Rückschlag.