Gelsenkirchen. Die Meisterschaft der Herzen von Schalke 04 jährt sich. Ex-S04-Profi Jörg Böhme war dabei - und erinnert sich an einen legendären Tag.

Nachdem Premiere-Reporter Rolf Fuhrmann verkündet hatte, dass Schalke 04 Deutscher Meister 2001 ist, wurde es Jörg Böhme zu hektisch. Die Fans fluteten den Rasen nach dem letzten Bundesliga-Spiel im Parkstadion. Die Masse lag sich in den Armen: Wir haben es geschafft.

Böhme nahm die Rolltreppe nach oben. Am Trainerbüro von Huub Stevens hatte sich ein Teil der Mannschaft eingefunden. Das Mittelfeld-Ass kam im Vorhaben, die Meisterschaft zu feiern, dazu. Auf dem Fernseher im Raum lief gerade eine Szene in der Hamburgs Verteidiger Tomas Ujfalusi zum Zweikampf ansetzte. "Ich dachte, dass es sich um eine Zusammenfassung handelt", sagt der heute 47 Jahre alte Böhme im Gespräch mit dieser Redaktion. "Erst da wurde mir klar, dass das Spiel der Bayern noch gar nicht abgepfiffen war." Und anders, als es Reporter Fuhrmann behauptete, Schalke gar nicht Meister war.

Schalke: S04-Profis warteten auf das Ende des Spiels vom FC Bayern

Der weitere Verlauf Geschichte, die sich am 19. Mai vor 20 Jahren ereignete, ist bekannt: HSV-Torwart Mathias Schober nahm einen Rückpass in die Hand, die Bayern bekamen einen indirekten Freistoß. Und Patrick Andersson verwandelte zum 1:1-Endstand. Das fulminante 5:3 (2:2) von Königsblau gegen Unterhaching reichte nicht. München jubelte, Schalke trauerte. Und Böhme erlebte den Moment, als das Parkstadion weinte, in Stevens' Büro so: "Als die Bayern den Freitstoß bekamen, meinte ich: Pass auf, den machen die rein. Dann bin ich mit Hajto rausgegangen und habe nur gehört, wie das Trainerbüro auseinandergenommen wurde und die Fernsehgeräte flogen."

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Am Abend zogen und Böhme einige andere Spieler mit ihren Frauen los. Man aß zu Abend, ging später noch in die Gelsenkirchener Diskothek "Hugo I". "Wir haben gefeiert, weil wir eine geile Saison gespielt haben", erinnert sich Böhme. "Die Meisterschaft haben wir ja nicht am letzten Spieltag vergeigt." Nein, das geschah zuvor, als die Schalker am 31. Spieltag zunächst nur zu einem 1:1 beim VfL Bochum kamen und am vorletzten Spieltag 0:1 dem VfB Stuttgart unterlagen. Krasimir Balakov sicherte den Schwaben in der 90. Minute den Klassenerhalt.

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Nicht nur wegen der Meisterschaft der Herzen blieb die Spielzeit 2000/2001 eine unvergessliche. "Die Art und Weise, wie wir damals Fußball gespielt haben, war schnörkellos und direkt. Oder wie man heute sagen würde: vertikal in die Spitze", so Böhme. Dass Schalke um den Titel spielen sollte, war vor der Saison überhaupt nicht zu erwarten. Doch S04 startete gleich gut: "Die Tabelle nach den ersten Spielen war eine kleine Mogelpackung, weil wir gegen Mannschaften gespielt haben, die man eher unten in der Tabelle vermutete. Aber als wir dann 4:0 in Dortmund gewonnen hatten, war klar, dass mit Schalke zu rechnen sein wird."

Schalke gewann noch gegen Union den DFB-Pokal

Das Erfolgsgeheimnis? "Die eingeschworenen Eurofighter und auf der anderen Seite die Spieler, die uns anschließend punktuell verstärkt haben - diese Mischung hat es in dieser Saison gemacht", meint Böhme. Er selbst hatte dann großen Anteil daran, dass die Schalker die Saison mit einem Happy End doch noch krönten.

Enttäuscht: Jörg Böhme (links) und Gerald Asamoah.
Enttäuscht: Jörg Böhme (links) und Gerald Asamoah. © firo

Königsblau gewann nach der Vier-Minuten-Meisterschaft und einer schwierigen Trainingswoche den DFB-Pokal gegen Union Berlin. Böhme erzielte aus 26 Metern per Freistoß das 1:0 (53.) und legte fünf Minuten später das 2:0 nach. Schalke holte doch noch einen Pott in den Pott. Und die Tränen der Trauer wichen Freudentränen.