Gelsenkirchen. Fünf Trainer haben sich auf Schalke versucht – gebracht hat es nichts. Andere hatten mit dem Wechsel Erfolg. Hätte Funkel Schalke retten können?

Es ist ja nicht so, dass Schalke nicht alles probiert hätte, ganz im Gegenteil: Gleich fünf verschiedene Trainer durften sich in dieser Saison an der Mannschaft versuchen – das hat es auf Schalke noch nie gegeben, und überhaupt erst ein einziges Mal in der Geschichte der Bundesliga. Der MSV Duisburg beschäftigte in der Saison 1977/78 ebenfalls fünf Übungsleiter und landete am Ende auf Platz sechs. Schalke hingegen steigt ab.

Auch in dieser Saison haben die Trainerwechsel andernorts oft Wirkung gezeigt, das belegt zumindest die Statistik. Beim 1. FC Köln verbucht Friedhelm Funkel aus seinen ersten drei Spielen sechs Punkte (Schnitt 2,0) und ist damit deutlich erfolgreicher als sein Vorgänger Markus Gisdol (0,82). Bei Arminia Bielefeld kommt Frank Kramer pro Spiel auf 1,33 Punkte im Schnitt (Vorgänger Uwe Neuhaus lag bei 0,82). Und am deutlichsten ist der Aufschwung bei Mainz 05, das in dieser Saison schon vier Trainer beschäftigt hat. Bo Svensson hat in 16 Spielen ganz starke 28 Punkte geholt (1,75 im Schnitt). Seine drei Vorgänger (Beierlorzer, Lichte, Siewert) kommen zusammen nur auf sechs Punkte in 14 Spielen (0,43).

Auch interessant

Das Beispiel Mainz zeigt auch, was auf Schalke während der Saison vielleicht noch möglich gewesen wäre, wenn wenigstens ein Trainerwechsel richtig gezündet hätte: Svensson fing in Mainz fast zur gleichen Zeit an (am 15. Spieltag) wie Christian Gross auf Schalke (am 14. Spieltag). Zur Saisonhalbzeit nach 17 Spielen lagen beide Klubs punktgleich mit jeweils sieben Zählern am Tabellenende. Drei Monate später ist Mainz beinahe gerettet, weil der Däne Svensson sofort Erfolg hatte. Der Faktor Trainerwechsel.

Schneider legte sich auf Gross als Schalke-Trainer fest

Hätte er Schalke noch retten können? Friedhelm Funkel, heute beim 1. FC Köln.
Hätte er Schalke noch retten können? Friedhelm Funkel, heute beim 1. FC Köln. © firo Sportphoto | firo Sportphoto/Ralf Ibing

Auf Schalke darf man sich schon die Frage stellen, ob Friedhelm Funkel die bessere Wahl gewesen wäre, als es Ende Dezember um die Nachfolge von Manuel Baum ging. Funkel sendete damals durchaus Signale einer Bereitschaft, wurde von Schalke aber nicht ernsthaft kontaktiert. Der Grund: Sportvorstand Jochen Schneider hatte sich schon Wochen zuvor auf Christian Gross festgelegt, den er aus gemeinsamer erfolgreicher Tätigkeit beim VfB Stuttgart kannte – allerdings lag diese Zeit elf Jahre zurück. Mit Funkel hätte sich Schalke zumindest die Vorwürfe erspart, die im Nachhinein gegen Gross laut wurden: Weder Trainingsbelastung noch Bundesliga-Kenntnisse sollen bei dem 66 Jahre alten Schweizer besonders ausgeprägt gewesen sein. Funkel (67) ist zwar genauso ein Trainer der alten Schule, hatte aber noch bis Januar 2020 in der Bundesliga bei Fortuna Düsseldorf gearbeitet.

Schalke erlitt Schiffbruch mit David Wagner

Andererseits: Ob Funkel den 1. FC Köln nach seinem erfolgreichen Start jetzt wirklich rettet, steht noch in den Sternen. Und zur Wahrheit gehört auch, dass Funkel einer der üblichen Verdächtigen auf dem Trainer-Karussell gewesen wäre. Und damit hatte Schalke zuvor bei Manuel Baum schon Schiffbruch erlitten. Schneider wollte mit Gross, den keiner auf der Rechnung hatte, einen besonderen Akzent setzen.

Auch interessant

Hinter jedem Trainerwechsel auf Schalke steckte in dieser Saison eine eigene Überlegung – gegriffen hat keine. Der erste Wechsel fand schon nach dem zweiten Spiel statt, als Schneider einsehen musste, dass sein Plan von einem Neuanfang mit David Wagner nicht aufging. Wagner war durch die vorangegangene Rückrunde 2019/20 (mit 16 sieglosen Spielen) zu sehr belastet. Nach einem 0:8-Desaster im ersten Spiel bei Bayern München und einer 1:3-Heimniederlage gegen Werder Bremen war er nicht mehr zu halten.

Das war die Chance zur Wende

Nachfolger Manuel Baum sollte der taumelnden Schalker Mannschaft wieder Struktur und Ordnung verpassen: Deswegen bekam der ehemalige Trainer des FC Augsburg den Vorzug vor dem in der Bundesliga damals noch unerfahrenen Dimitrios Grammozis, mit dem Schneider Ende September ebenfalls gesprochen hatte. Ob Grammozis in der Hinrunde hätte mehr bewirken können als Baum, lässt sich heute nicht mehr belegen. Fakt ist: Der Deutsch-Grieche hatte von allen fünf Trainern in dieser Saison die schlechtesten Voraussetzungen, weil die Mannschaft bei seinem Amtsantritt Anfang März bereits endgültig abgewirtschaftet war. Am ehesten möglich gewesen wäre eine Wende noch in der Zeit von Christian Gross, der im Januar ja auch vier neue Spieler bekam (Kolasinac, Mustafi, William, Huntelaar).

Holte 0,57 Punkte pro Spiel und ist damit Schalkes „Bester“: Dimitrios Grammozis.
Holte 0,57 Punkte pro Spiel und ist damit Schalkes „Bester“: Dimitrios Grammozis. © dpa | Friso Gentsch

Fakt ist aber auch: Kein einziger Trainerwechsel hat auf Schalke Wirkung gezeigt, wenn man nur die reinen Zahlen heranzieht: Grammozis kommt nach sieben Spielen auf einen Schnitt von 0,57 Punkten pro Partie und liegt damit nur unwesentlich vor Gross (0,5 Punkte im Schnitt) und Baum (0,4). Wagner (zwei Spiele) und Interimslösung Huub Stevens (ein Spiel) haben keine Punkte geholt.

Der Faktor Trainerwechsel: Seit Montag setzt jetzt auch der FC Augsburg darauf, wo Heiko Herrlich durch den Ex-Schalker Markus Weinzierl ersetzt wird. Unter allen Abstiegskandidaten gibt es neben Schalke nur einen Klub, bei dem der Trainerwechsel keine Wirkung gezeigt hat: Bei Hertha BSC kommt Pal Dardai (0,9) nahezu auf den gleichen Schnitt wie Vorgänger Bruno Labbadia (0,94). Hertha BSC ist Vorletzter. Vor Schalke 04.

Wen Schalke wirklich wollte

Übrigens: Eigentlich hatte Jochen Schneider einen ganz anderen Trainer im Visier, als er im Frühjahr 2019 Schalkes Zukunft plante: Er wollte damals den in Deutschland noch unbekannten Österreicher Oliver Glasner holen. Es gab auch ein Gespräch mit ihm - doch parallel verhandelte Glasner mit Wolfsburg und erteilte Schalke schließlich eine Absage.