Gelsenkirchen. Die Suche nach einem neuen Sportvorstand könnte bei Schalke 04 bald beendet sein. Ralf Rangnick ist bereit, die Aufgabe zu übernehmen.
Dass es ihn zurück zu einem Traditionsverein zieht, hatte Ralf Rangnick kürzlich im ARD-Sportschau-Club angedeutet. „Ich würde noch gern eine weitere schöne Aufgabe übernehmen, gern auch bei einem Traditionsverein – aber wo man nicht unbedingt in der 3. oder 4. Liga anfangen muss“, hatte Rangnick gesagt und hinzugefügt: „Um dann tatsächlich alle Dinge, die wir bei RB Leipzig gemacht haben, unter Anwendung neuester State-of-art-Technologie bei einem Traditionsklub zu machen.“
Jetzt ist klar, welchen Verein Rangnick meint – und es ist die Fußball-Sensation: Wie diese Redaktion aus dem Umfeld Rangnicks erfuhr, ist der 62-Jährige bereit, bei Schalke 04 als Sportvorstand den Neuaufbau langfristig anzuführen. Als möglicher Bundestrainer stünde er dann nicht mehr zur Verfügung.
Mehr News und Hintergründe zu Schalke 04
- Zum Jahrestag: Schalke auch in Geisterspiel-Tabelle Letzter
- Schalke: Peter Knäbel spricht über die Zweitliga-Planungen
- Warum Tedesco ein sehr guter Trainer für Goretzka war
- Hamann: Selten verdienteren Absteiger gesehen als Schalke
- Schalke: So bewertet Trainer Grammozis sein Debüt
Schalke befindet sich sportlich und finanziell in der größten Krise seit Jahrzehnten. Der Abstieg in die 2. Bundesliga ist wahrscheinlich, den Klub plagen etwa 240 Millionen Euro Verbindlichkeiten. Doch auch wenn Schalke absteigen sollte, wäre Rangnick zur Rückkehr bereit. Bereits zweimal war er für Schalke tätig, jeweils als Trainer – 2004 und 2005 sowie von März bis September 2011.
In seiner ersten Amtszeit wurde Schalke Vizemeister in der Saison 04/05. 2011 gewann Schalke den DFB-Pokal und zog unter Rangnicks Regie ins Halbfinale der Champions League ein. Die Zusammenarbeit war langfristig geplant, da er aber am Burn-out-Syndrom erkrankte, trat er plötzlich zurück.
Stefan Gesenhues stellt das Projekt vor
Perfekt ist Rangnicks neues Engagement noch nicht. Den Kontakt zu ihm stellte schon vor einigen Wochen eine Gruppe einflussreicher Schalker aus Wirtschaft, Sponsoren, Politik und Zivilgesellschaft her, wie diese Zeitung erfuhr. Zu dieser 20-köpfigen Gruppe gehören mehrere Kandidaten für die am 13. Juni anstehende Wahl des Aufsichtsrates. Fünf Posten werden neu vergeben. Diese Gruppe bezog das aktuelle Aufsichtsrats-Mitglied Stefan Gesenhues (66) in das Projekt mit ein – der ehemalige Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Uniklinik Essen ist Teil des Sportausschusses.
In einer Sitzung des Aufsichtsrates am Freitagnachmittag stellte Gesenhues das Projekt vor – nicht verwunderlich, dass er damit Zoff auslöste. Die neue Interessengemeinschaft hat nämlich mit Rangnick bereits alle wesentlichen Eckpunkte eines Vertrages erarbeitet. Sie sieht sich aber auf keinen Fall als Opposition zur gegenwärtigen Vereinsführung, sondern will Schalke helfen, den bestmöglichen Sportvorstand zu finden.
Auch Markus Krösche ist Kandidat
Der Aufsichtsrat muss sich nun entscheiden, ob er die Verhandlungen mit Rangnick aufnehmen will oder nicht. Denn es gibt offenbar noch einen zweiten Kandidaten. Dabei handelt es sich wohl um Markus Krösche (40), aktuell Sportdirektor des Bundesligisten RB Leipzig. Sollte es eine Mehrheit für Rangnick geben, könnte es ganz fix gehen: Rangnick hat schon Konzepte im Kopf und will so schnell wie möglich loslegen.
Der Aufsichtsrat selbst gab am Freitag keine klare Stellungnahme ab, betonte nur, es gebe noch keine „Voreinigung“ zwischen Rangnick und Schalke. Das stimmt, denn die gab es nur mit der Interessengemeinschaft. Rangnick, hieß es, wäre aber „unabhängig von den Vorgängen ein hochgeschätzter Fachmann und gern gesehener Ex-Schalker“.
Rangnick ist den Königsblauen immer noch verbunden und hat seine Leidenschaft für Schalke 04 nie verloren. Bereits dreimal führte er Vereine von unten nach oben – zunächst den SSV Ulm 1846 von der Regionalliga in die Bundesliga. Bei der TSG Hoffenheim und RB Leipzig baute er früh professionelle Strukturen auf.
Schalke wäre Rangnicks schwerste Aufgabe
Hoffenheim und Leipzig gelten als neureiche Projekte. Bei der TSG profitierte Rangnick von den Geldern des Mäzens Dietmar Hopp, in Leipzig hatte er durch den Red-Bull-Konzern große finanzielle Möglichkeiten. Auf Schalke würde Rangnick die wohl schwerstmögliche Aufgabe im deutschen Fußball erwarten.
Und schon im Sportschau-Club deutete er an, was er nun vorhat: „Es gab schon ein paar Gespräche in den vergangenen Wochen und Monaten. Gern bei einem Klub mit einer großen Strahlkraft, einem großen Stadion und entsprechenden Zielen.“ Er sprach also von Schalke 04. Die Königsblauen könnten sein letztes großes Projekt in einer erfolgreichen Karriere sein.