Gelsenkirchen. Die Aussichten des FC Schalke 04 auf den Klassenerhalt sind minimal. Der Verein muss die Zukunft planen – doch dafür fehlt noch das Personal.
Ratlos, enttäuscht, niedergeschlagen: Die 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Köln raubte im Bundesliga-Abstiegskampf vielen Fans des FC Schalke 04 die letzte Hoffnung auf den Bundesliga-Klassenerhalt. Und auch die Spieler wirkten nicht mehr hoffnungsfroh, sondern platt. Immerhin Trainer Christian Gross gab sich zuversichtlich. „Als Fußballtrainer“, sagte er, „muss man von Grund aus optimistisch sein.“ Doch realistisch erscheint der Abstieg in die 2. Bundesliga. Sieben Punkte aus 17 Spielen sind eine desaströse Bilanz, der Rückstand zum Relegationsplatz beträgt acht Punkte.
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Zweigleisig planen die Schalker schon länger. Doch nun werden sie schleunigst die Planung für den Abstiegsfall intensivieren müssen. Denn die 2. Bundesliga beginnt bereits am 23. Juli, drei Wochen vor der Bundesliga. Die Saisonvorbereitung für das neue Team dürfte rund um den 10. Juni beginnen – in weniger als fünf Monaten.
Ein Team, das zum Aufstieg verdammt ist, wie Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers in einem Kicker-Interview andeutete: „Wenn es um eine Saison in der 2. Liga geht, bin ich überzeugt, dass Schalke das hinbekäme, ohne allzu viel an Konzepten und Strukturen ändern zu müssen.“ Eine Saison, nicht zwei oder drei Spielzeiten.
Schalke: Bedingt abstiegsbereit
Doch wie könnte eine Mannschaft aussehen? Das ist aktuell noch offen. Momentan ist Schalke nur bedingt vorbereitet. Denn es gibt weder einen Trainer noch einen Sportchef.
Der Vertrag von Gross endet am 30. Juni, Schalkes aktueller Sportvorstand Jochen Schneider hat schon vor Wochen klar gesagt, seine Schalke-Zukunft an den Klassenerhalt zu knüpfen: „Das ist doch klar, da brauchen wir doch nicht um den heißen Brei herumzureden.“ Schalke sucht aktuell einen Sportdirektor, der – so teilte es der Aufsichtsrat offiziell mit – mit Schneider zusammenarbeiten soll. Nach einem Abstieg aber stiege der Neue zum Chef auf. Ohne diesen neuen Mann kann Schalke keinen Trainer verpflichten. Die Zeit drängt.
Bis zu 15 Spieler könnten Schalke nach dem Abstieg verlassen
Das gilt auch für die Mannschaft. Wahrscheinlich bis zu 15 Spieler dürften den Klub verlassen. Die Verträge von Alessandro Schöpf, Nabil Bentaleb, Steven Skrzybski, Timo Becker, Klaas-Jan Huntelaar und Matthew Hoppe laufen aus. Fünf ausgeliehene Spieler kehren zu ihren Heimatklubs zurück. Andere Spieler werden nicht mehr benötigt. Mit welcher Mannschaft würde Schalke die Mission Wiederaufstieg angehen? Auch hier gilt: Ohne Sportdirektor und Trainer ist das offen.
Finanzlage ist unklar
Wie viel Geld der neuen sportlichen Leitung zur Verfügung steht, können Vorstand und Aufsichtsrat ebenfalls noch nicht vorhersagen. Die TV-Einnahmen sinken drastisch. Und das könnte auch fürs Sponsoring gelten. Der Vertrag mit Hauptsponsor Gazprom enthält eine Ausstiegsklausel für den Abstiegsfall. Marketingvorstand Alexander Jobst führt gerade viele Gespräche, um möglichst viele Geldgeber zu binden.
Angewiesen sind die Schalker auf Transfer-Einnahmen: 18,5 Millionen Euro überweist Juventus Turin mit großer Wahrscheinlichkeit im Sommer für Weston McKennie. Nicht alle Spielerverträge gelten auch im Abstiegsfall. Aber Amine Harit, Suat Serdar, Matija Nastasic und Ozan Kabak könnte Schalke noch verkaufen. Sollten jedoch zu viele Sponsoren abspringen und zu wenige Spieler verkauft werden können, „darf es bei einem Abstieg keine Denkverbote geben“, sagte Finanzchefin Rühl-Hamers.
Umbau auch beim Aufsichtsrat wahrscheinlich
Eine wichtige Rolle bei der Neuausrichtung des Klubs spielt der Aufsichtsrat, der einen neuen Sportchef holen und alle wichtigen Geldgeschäfte genehmigen muss. Tückisch: Von den elf Mitgliedern des Aufsichtsrats gelten nur drei Mandate über 2021 hinaus. Das heißt: Das Gremium, das jetzt über die Zukunft entscheidet, ist zu großen Teilen wahrscheinlich bald nicht mehr da.
Auch deshalb klammert sich Schalke an den letzten Strohhalm. Doch wie unwahrscheinlich das Szenario Klassenerhalt ist, zeigen die Zahlen: Von 102 Punkten aus den vergangenen 34 Spielen holte Schalke 16. Um den Klassenerhalt zu schaffen, müssten es – mit derselben Mannschaft – in der Rückrunde etwa 30 von 51 Punkten sein.