Gelsenkirchen. Schalke 04 sollte der Wahrheit ins Auge sehen – der Klassenerhalt erscheint utopisch. Aber wer könnte die Zukunft planen? Ein Kommentar.

Klaas-Jan Huntelaar kann einem leidtun. Er hatte es gut gemeint, er wollte Schalke 04 im Abstiegskampf helfen. Er nahm deshalb Abschied von einem seiner beiden Herzensklubs und schloss sich dem anderen an. Aber er war noch nicht topfit, er konnte im angeschlagenen Zustand nicht sofort eingreifen.

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Nach dem Mittwochabend aber, nach dem deprimierenden 1:2 der Schalker gegen den 1. FC Köln, wünschte man ihm, er könnte den Transfer rückgängig machen. Mit Ajax könnte er als 37-Jähriger zum Abschluss seiner großen Karriere noch einmal Meister werden. Auf Schalke wird mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende festgestellt werden müssen: Auch er konnte leider nichts mehr retten. Für einen möglichen Ehrentreffer beim zu erwartenden nächsten Desaster gegen den FC Bayern hätte er nicht zurückkommen müssen.

Gegentor war Wirkungstreffer für die Psyche

Köln war das Schlüsselspiel, ein Sieg – im Idealfall mit Huntelaar - hätte eine Initialzündung sein können. Doch Schalke ging kurz vor dem Gong auf die Bretter: So ein K.o. in der Nachspielzeit, das ist mehr als nur eine weitere Niederlage. Das ist ein Wirkungstreffer für die Psyche, denn nach diesem Gegentor ahnt jeder: Das wird es gewesen sein.

Noch nie hat ein Bundesligist, der zum Hinrundenabschluss mit weniger als neun Punkten dastand, noch den Klassenerhalt geschafft. Wie soll ausgerechnet diese Schalker Mannschaft so ein Wunder hinbekommen?

Die brutale Wahrheit schleunigst akzeptieren

Schalke kann gar nicht mehr anders, als schleunigst die brutale Wahrheit zu akzeptieren. Ab sofort muss die konkrete Planung für eine Zukunft als Zweitligist beginnen. Damit beauftragt aber werden einige Entscheidungsträger sein, die selbst keine Zukunft mehr auf Schalke haben. Bei fünf der gewählten Mitglieder des elfköpfigen Aufsichtsrates endet in diesem Jahr die Amtszeit, auch über die Zukunft von drei vom Aufsichtsrat kooptierten Mitgliedern muss entschieden werden. Kaum vorstellbar, dass außer Huub Stevens einer der derzeitigen Amtsinhaber noch eine Chance auf eine Wiederwahl hätte.

Der gesamten Führung des Vereins steht ein großer Umbruch bevor. Sportvorstand Jochen Schneider hat bereits selbst gesagt, dass ein Abstieg für ihn gleichbedeutend mit dem Ende seiner Arbeit auf Schalke wäre. Es wird ja bereits fieberhaft nach einem Sportdirektor gesucht, der erst neben und wenige Monate später ziemlich sicher ohne Schneider planen soll. Und wer wird der neue Trainer, wenn auch die Mission von Christian Gross als gescheitert gilt? Welche Spieler könnte man nach Schalke locken? Wer tut sich diesen Verein überhaupt noch an?

Es wird weitere wirtschaftliche Einbrüche geben

Denn es wird auch weitere schwere wirtschaftliche Einbrüche geben. TV-Gelder werden gekürzt, Zuschauer-Einnahmen fehlen, Sponsoren-Einnahmen gehen zurück, und Hauptsponsor Gazprom hat ein Ausstiegsrecht – gut denkbar, dass er nach dem Rückzug seines Verbindungsmannes Clemens Tönnies davon Gebrauch machen wird.

Die Lizenz für die Zweite Liga werde Schalke dennoch bekommen, glauben die Verantwortlichen. Und eine Saison ohne Bundesliga könne man überstehen. Momentan aber gibt es noch keine Indizien dafür, dass Schalke 04 ein sofortiger Wiederaufstieg gelingen könnte.