Gelsenkirchen. Christian Gross ist neuer Trainer beim FC Schalke 04. Mit ihm wurde bereits über die Kaderplanung gesprochen. Viel Spielraum gibt es nicht.
Schon die Feiertage sind für Christian Gross ganz anders verlaufen, als das vor Wochen noch geplant war. Eigentlich hatte der 66 Jahre alte Schweizer seine Karriere als Fußball-Trainer schon für beendet erklärt, nur ein winziges Hintertürchen hatte er sich noch offen gehalten. Doch dann kam noch vor Weihnachten der Anruf von Schalke 04, der aus dem rüstigen Rentner wieder einen potenziellen Bundesligatrainer machte, und am frühen Sonntagnachmittag war es soweit: Da unterschrieb Christian Gross in Gelsenkirchen einen Vertrag bis zum Saisonende. Der Auftrag ist ebenso schwer wie klar umrissen: Der Schweizer soll den Tabellenletzten Schalke 04 vor dem Abstieg aus der Bundesliga retten.
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„Für Schalke 04 geht es in den nächsten fünf Monaten ausschließlich darum, den Klassenerhalt zu schaffen“, sagte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider zur Verpflichtung von Christian Gross. Und der neue Trainer ergänzte: „Wir müssen ziel- und resultatorientiert arbeiten. Ich will den Ehrgeiz der Spieler in jeder Sekunde spüren.“
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Dass die Schalker Wahl auf Christian Gross fiel, hat viel mit dessen Vergangenheit zu tun. Zweimal gelang es ihm in seiner Karriere, Mannschaften aus der Abstiegszone nach oben zu führen: In der Saison 1997/98 Tottenham Hotspur in der englischen Premier League, in der Saison 2009/2010 den VfB Stuttgart in der Bundesliga. Dort trat er im Dezember 2009 seinen Dienst an und brachte den VfB mit einem phänomenalen Punkteschnitt von 2,26 sogar noch in die Europa League. Schalkes heutiger Sportvorstand Jochen Schneider war damals in der Geschäftsführung des VfB und erlebte, wie Gross zum Retter wurde. Daran erinnerte sich Schneider jetzt wieder: „Christian Gross hat sowohl in Deutschland als auch in England bewiesen, dass er schwierige Missionen dieser Art erfolgreich gestalten kann.“ Der Schweizer sei einer, der die Mannschaft „mit klarer Linie und einer unmissverständlichen Erwartungshaltung auf den richtigen Weg bringen“ werde.
Schalke: Christian Gross ist eine Respektsperson
Gross ist ein Trainer, der schon durch sein Auftreten für Ordnung sorgen soll: Eine Respektsperson in der Kabine, zu seiner Stuttgarter Zeit verlieh ihm der Spiegel den Titel Alpen-Magath. Dass er zuletzt nur noch in Ägypten und Saudi-Arabien arbeitete, hat wohl damit zu tun, dass solche Typen aus der Mode gekommen sind. Aber: Schalke hatte sich auch vor Jahren schon einmal mit Gross beschäftigt - damals verhandelten Manager Horst Heldt und Finanzvorstand Peter Peters mit dem Schweizer, ohne freilich eine Einigung zu erzielen. Diesmal nun hat es geklappt.
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Bevor Gross am Sonntagnachmittag zum ersten Mal vor die Schalker Mannschaft treten konnte, musste auch er sich einem Corona-Test unterziehen - so ist das in diesen Zeiten. Die erste Trainingseinheit auf dem Platz ist für diesen Montag anberaumt, dann wird der neue Trainer die Mannschaft auf das Bundesligaspiel am Samstag (18.30 Uhr/ Sky) bei Hertha BSC vorbereiten. Angesichts des Rufs des Schweizers ist nicht davon auszugehen, dass dabei auf Daten wie Silvester oder Neujahr Rücksicht genommen wird.
Schalke: Naldo und Cinel gehören weiter zum Trainerteam, Büskens nicht
Zum Trainerteam von Gross gehören auch die beiden bisherigen Assistenten Naldo und Onur Cinel - einen eigenen Co-Trainer bringt der neue Mann nach derzeitigem Stand nicht mit nach Schalke. Mike Büskens, der in den beiden vergangenen Spielen Huub Stevens assistiert hatte, zählt zunächst nicht weiter zum Trainerteam: Er nimmt wieder seine Aufgaben im Team „Kaderplanung Lizenzspielermannschaft“ wahr.
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Denn ebenso wichtig wie der neue Trainer ist die Verstärkung der Mannschaft, die dringend neue Spieler braucht, um im Abstiegskampf überhaupt noch eine Chance zu haben. Schalke hat nicht zuletzt nach dem Intermezzo von Huub Stevens auf der Bank die Erkenntnis gewonnen, dass mit den bisherigen Spielern der Weg direkt in die Zweite Liga führen würde - zu erschütternd war der Auftritt bei der 0:1-Heimniederlage gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld. Die Frage ist nur: Was kann sich Schalke auf dem Transfermarkt überhaupt noch leisten?
Nach Informationen dieser Zeitung könnte der Klub einen niedrigen bis mittleren einstelligen Millionenbetrag locker machen - damit wären bestenfalls zwei oder drei Leihgeschäfte möglich. Ob das für den Klassenerhalt reicht, wird selbst intern hinterfragt. Der Transfermarkt im Winter ist schwierig: Auch vor einem Jahr lieh Schalke im Januar mit Michael Gregoritsch und Jean-Clair Todibo zwei Profis aus, die sich aber nicht als Verstärkung erwiesen.
Schalke hat Personalplanung mit Gross abgesprochen
Mehr als zwei oder drei Verpflichtungen auf Leihbasis könnte Schalke nur stemmen, wenn zugleich ein Spieler für viel Geld abgegeben würde: Erster Kandidat ist Ozan Kabak, an dem der FC Liverpool und der AC Mailand Interesse haben sollen. Zwar würde sich Schalke mit einem Notverkauf von Kabak sportlich weiter schwächen, aber auf dessen Position im Abwehrzentrum gibt es Alternativen im Kader (Sané, Nastasic, Stambouli, Thiaw). Allerdings ist auch Kabaks Marktwert deutlich gesunken: die vor einem halben Jahr noch erhofften 25 oder 30 Millionen Euro lassen sich derzeit kaum erzielen.
Mit dem neuen Trainer wurden die Personalplanungen abgesprochen, in den kommenden Tagen müssen sie umgesetzt werden. Zeit hat Schalke nicht mehr.