Gelsenkirchen. Schalke 04 trifft an diesem Dienstag im DFB-Pokal auf den Regionalligisten Ulm 1846. Für Huub Stevens ist es das 307. Spiel als Schalke-Trainer.
Seinen listigen Humor hat Huub Stevens auch mit 67 Jahren nicht verloren. Ist sein 307. Spiel als Trainer der Königsblauen an diesem Dienstag wirklich sein letztes? Bei dieser Frage lachte der Niederländer, weil er genau weiß, dass er seinen Abschied auf der Bank gibt. Aber so klar sagte er das nicht: „Wenn du so bist wie ich, dann bist du nie raus.“ Stevens ist in den vergangenen 25 Jahren mit Schalke durch Europa gereist, hat Titel gewonnen, bittere Tränen vergossen. Sein letztes Spiel als Trainer aber findet ohne Zuschauer statt, ohne große Emotionen. Es ist ein Pokal-Zweitrundenspiel gegen den Regionalligisten SSV Ulm 1846 (18.30 Uhr/Sky).
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In der größten Krise des Klubs seit Jahrzehnten hat Stevens seinen Ruhestand für eine Woche unterbrochen. Doch die 0:1-Niederlage gegen Arminia Bielefeld konnte auch der Jahrhunderttrainer nicht verhindern – seit 29 Liga-Spielen hat Schalke nicht gewonnen. In den wenigen Trainingseinheiten auf dem Platz wirkte er trotzdem locker, nicht hart. Er schnappte sich Spieler zu Einzelgesprächen und brüllte nicht quer über den Platz. Mit Nachwuchs-Stürmer Ahmed Kutucu stand er länger zusammen, beendete das Gespräch mit einem freundlich gemeinten Tritt in den Hintern und seinem durchaus ansteckenden Lachen. „Die Jungs“, sagte Stevens, „sind am Boden. Da kannst du nicht noch drauftreten. Machst du das, bleibt gar kein Selbstvertrauen mehr übrig. Wenn du so viele Spiele nicht gewinnst, ist das eine Kopfsache.“ Deshalb lässt Stevens die Peitsche im Schrank. Phasen wie diese gab es in seiner Trainer-Karriere nicht oft.
Schalke-Trainer Stevens fand auch Positives im Bielefeld-Spiel
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Nicht einmal als Favorit bezeichnet er seine Mannschaft – was aber nichts mit der Situation zu tun hat. Das Wort „Favorit“ verachtet er immer noch: „Favorit – ich habe immer schon gesagt, dass das nichts ausmacht. Es kommt nur darauf an, 90 Minuten alles zu geben.“
Doch kann seine aktuelle Mannschaft das? Stevens hat 1997 die Eurofighter geschaffen, die den Kampf schon im Namen tragen. „Die Jungs haben gegen Bielefeld schon alles gegeben“, sagte Stevens nun. „Und ich habe aus diesem Spiel positive Sachen herausholen können. Natürlich überwiegt aber das Ergebnis. Ob es nun ein Liga- oder Pokalspiel ist: Jeder Moment kann wichtig sein, um vom Boden wegzukommen.“
Eine Blamage, wie sie viele Fans befürchten, würde besser zu diesem verrückten, selten schönen, meist erschütternden Schalke-Jahr passen als ein überzeugender Sieg. Doch gegen die Angst setzt Stevens eine gute Vorbereitung – wie auch bei den 306 Spielen zuvor auf der Bank der Königsblauen. „Ulm ist im Konter gefährlich, spielt im 4-4-2 mit Raute, hat zwei Stürmer, die gut harmonieren“, sagt er.
Vier Tage Winterurlaub für die Schalke-Profis
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Die Profis verabschieden sich nach dem Pokalspiel in eine ganz kurze, viertägige Weihnachtspause. Heimaturlaube der ausländischen Spieler sind aus Corona-Gründen diesmal nicht drin. Am 27. Dezember trifft sich das Team wieder zum Corona-Test, um die DFL-Vorschriften zu erfüllen, sich im Fünf-Tages-Rhythmus testen zu lassen. Für die Weihnachtstage hat Mannschaftsarzt Dr. Patrick Ingelfinger den Profis klare Verhaltensregeln mitgegeben. Nur im ganz kleinen Kreis sollen sie feiern.
Das erste Spiel im Jahr 2021 steht am Samstag, 2. Januar, auf dem Programm (18.30 Uhr), dann tritt Schalke bei Hertha BSC an. Stevens’ Nachfolger sitzt dann auf der Bank – und die Spur zu Christian Gross wird nach Informationen dieser Zeitung immer heißer. Der 66-jährige Schweizer, Typ harter Hund, soll vorerst bis zum Saisonende übernehmen. Noch vor Weihnachten könnte Gross vorgestellt werden. Stevens kehrt dann in sein Amt als Aufsichtsrat zurück. Er wird Sportvorstand Jochen Schneider seine Eindrücke schildern – zum Beispiel, ob und auf welchen Positionen das Team modifiziert werden muss.
Listig wie er ist, hielt er sich natürlich ein klitzekleines Hintertürchen noch offen. Für den Kurzausflug auf die Bank hatte er seine eigentlich nicht mehr aktive Trainer-Lizenz verlängern lassen – sie gilt bis zum 1. Januar 2021. Erneuert er die Lizenz nun erneut? „Ich weiß das“, sagte Stevens zu Reportern, lachte laut und ergänzte: „Aber für euch ist es die große Frage...“