Gelsenkirchen. Keiner moderierte auf Schalke die Trainerwechsel so charmant wie Rudi Assauer. WAZ-Redakteur Manfred Hendriock erinnert an „Rolf“ Rangnick und Co

Heribert Bruchhagen gehört im Fußball zu denjenigen, denen ein ehrlicher Umgang wichtig ist – das war auch schon vor 28 Jahren so. Der heute 72-Jährige war damals mit in der Verantwortung beim FC Schalke 04, und als eines schönen Tages das Gerücht die Runde machte, dass Trainer Aleksandar Ristic gefeuert worden sei, war man als junger Reporter froh, dass Bruchhagen etwas besaß, das damals noch nicht jeder hatte: Ein Autotelefon. Das war ein Knochen, mit dem man von unterwegs telefonieren konnte – heute würde man Handy dazu sagen.

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Bruchhagen, Ristic und der Anruf von der Zeitung

Man wählte also vom Schreibtisch in der Redaktion aus die an sich geheime Nummer von Bruchhagen, der sich, ganz ehrliche Haut, auch tatsächlich meldete – aber bei der Frage nach dem Trainer seltsam herumeierte. Er sei gerade unterwegs und könne im Moment nicht reden, murmelte er – den Namen Ristic nahm er bei dem Gespräch überhaupt nicht in den Mund.

Am nächsten Tag entschuldigte sich der Schalke-Manager für sein Zaudern: Als der Anruf kam, habe Ristic gerade direkt neben ihm im Auto gesessen – er hatte den gefeuerten Trainer nach Hause gefahren. Da wollte der kreuzehrliche Bruchhagen in dessen Beisein nicht auch noch die Zeitung informieren...

David Wagner war Rauswurf Nummer 22

Die Trennung von Aleks Ristic am 29. April 1992 war der vierte Trainer-Rauswurf auf Schalke, den ich als junger Reporter miterlebt habe – der erste war der Rauswurf von Horst Franz im September 1988 in der zweiten Liga. David Wagner jetzt war Nummer 22 – wenn man die vielen Kurzzeit-Trainer nicht mit einrechnet. Bei manchen weiß man nicht, ob sie Kurzzeit oder doch Langzeit waren – wie zum Beispiel bei Ristic’ Nachfolger Klaus Fischer. Der war eingesprungen zunächst bis zum Saisonende, ehe Präsident Günter Eichberg nach dem letzten Spiel so nebenbei verkündete, dass Fischer nun länger bleiben dürfe. Wir Journalisten übermittelten dem verblüfften Fischer die schöne Nachricht nach der Pressekonferenz – und der war selbstredend hoch erfreut.

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In der Sommerpause überlegte es sich Eichberg dann aber doch nochmal anders: Er hatte Udo Lattek kennengelernt – und Fischer war seinen Dauer-Job wieder los, bevor der überhaupt begonnen hatte...

In 32 Jahren erfüllte nur einer seinen Vertrag: Huub Stevens

Schalke und seine Trainerwechsel: Bei David Wagner ging’s da jetzt wirklich vergleichsweise harmonisch zu. In mehr als 32 Jahren als Schalke-Reporter habe ich es tatsächlich nur ein einziges Mal erlebt, dass ein Langzeit-Trainer seinen Vertrag bis zum letzten Tag erfüllt und sich dann verabschiedet hat: Huub Stevens im Sommer 2002.

Die großartige Zeitrechnung mit Frank Neubarth

Wer Stevens sagt, muss auch Assauer sagen – beide waren auf Schalke wie ein altes Ehepaar. Und als Stevens weg war, gab’s mit Rudi Assauer tatsächlich die, wenn man so will, schönsten Trainerwechsel. Keiner konnte so charmant feuern wie „Assi“. Frank Neubarth verabschiedete Assauer am 26. März 2003 einfach nur herrlich: „Die einvernehmliche Trennung von Frank Neubarth ist erfolgt, nachdem ich gesagt habe, wir machen nicht weiter.“

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Rudi Assauer war an diesem Tag in großer Form – spätestens ab da wusste man, dass auf Schalke die Uhren wirklich anders gehen. Denn gefallen, erzählte Assauer grinsend, sei seine Entscheidung „in der Nacht von Samstag auf Montag“.

Das war Assauer – klassisch!

Aber auch bei den Trainer-Einstellungen auf Schalke kommen die schönsten Geschichten vom Meister der freien Rede – Rudi Assauer eierte nämlich niemals herum. Als Ralf Rangnick am 28. September 2004 öffentlich vorgestellt wurde, nannte er den neuen Trainer durchgängig beim falschen Vornamen: „Rolf“ Rangnick ist seitdem auf Schalke einzigartig. Und als wiederum nur ein gutes Jahr später Mirko Slomka das Traineramt auf Schalke übernahm, war Assauer wieder nicht zu bremsen. Über den von Schalkes Team-Manager Andreas Müller ausgewählten früheren Co-Trainer Slomka sagte Assauer nur: „Auf den wäre ich nie gekommen.“

Der damals nicht mehr ganz so junge Reporter übrigens auch nicht.