Gelsenkirchen. Schalke 04 hat sich von Trainer Wagner getrennt. Doch der Verein hat viel mehr Baustellen, die noch lange nicht bearbeitet sind. Ein Kommentar.
Diese Trennung war unvermeidbar. 18 Spiele nacheinander ohne Sieg, ein verheerender Start in die neue Saison – wie hätte Schalke 04 da noch an David Wagner festhalten können? Sportvorstand Jochen Schneider war ohnehin schon ein großes Risiko eingegangen, indem er dem Trainer trotz des Sturzfluges in der Rückrunde der vergangenen Saison weiterhin Vertrauen geschenkt hatte.
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Und nun? Egal, wie der neue Trainer heißen wird: Er übernimmt ein Himmelfahrtskommando. Jeder konnte an den ersten beiden Spieltagen sehen, dass diese Mannschaft mausetot ist. Das Heimspiel gegen Bremen war die große Hoffnung, die nächsten Auswärtsgegner heißen RB Leipzig und Borussia Dortmund – weitere hohe Niederlagen sind also nicht auszuschließen, bevor überhaupt an so etwas wie Stabilisierung zu denken ist. Deshalb dürfte es auch schwer werden, jemanden zu finden, der sich Schalke in dieser Situation antut. Weil der Neue auch seinen eigenen Ruf aufs Spiel setzt.
Schalke 04 ist in allen Bereichen schwer angeschlagen
Die Entlassung des Trainers ist sowieso nur ein leichter Lösungsansatz und kein Allheilmittel. Schalke 04 ist in allen Bereichen schwer angeschlagen. Gleich zu Beginn der Coronazeit hat der Verein öffentlich um seine Existenz gebangt, die Finanzkrise weitete sich zur Führungskrise aus. Clemens Tönnies, der als Aufsichtsratsvorsitzender den riskanten Kurs der vergangenen Jahre entscheidend zu verantworten hat, und der langjährige Finanzchef Peter Peters sind nicht mehr da. Der Tönnies-Vertraute Alexander Jobst als Marketingvorstand und Sportvorstand Jochen Schneider bekommen jetzt all die verständliche Fan-Wut ab, obwohl zumindest Schneider allenfalls vorgeworfen werden kann, dass er sich in der Trainerfrage arg verschätzt hat. Schneider war unter ganz anderen Voraussetzungen nach Schalke geholt worden – dass er unter den neuen Umständen nicht geflüchtet ist und sich stattdessen dem Chaos stellt, das ihm andere hinterließen, sollte ihm trotz der Trainer-Fehlentscheidung hoch angerechnet werden.
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Schalke 04 hat nicht die Mittel, um sich kurzfristig aus der miserablen Lage befreien zu können. So kam es schon zu der absurden Situation, dass zum Stamm wieder vier zuvor verliehene Spieler gehören, die nicht mehr für Schalke spielen sollten oder wollten. Und nicht nur in diesem Kreis befinden sich Profis, die nur noch weg wollen.
Schalke muss jetzt die Kräfte bündeln
Jetzt ist der Zeitpunkt, um alle Kräfte zu bündeln, die überhaupt noch vorhanden sind. Der von Jens Buchta geführte Aufsichtsrat, der es gewohnt war, Entscheidungen des mächtigen Clemens Tönnies durchzuwinken, wird Profil zeigen müssen. Ein neuer Finanzchef muss her. Es sollte zudem offen über die dubiose Rolle von Kaderplaner Michael Reschke gesprochen werden, an dessen Loyalität intern gezweifelt wird.
Und Schalke braucht dringend einen tragfähigen Zukunftsplan. Ralf Rangnick wäre natürlich einer, der den Laden aufräumen und Konzepte entwickeln könnte. Aber seine Rückkehr erscheint trotz der von ihm bekundeten Sympathien utopisch. Denn er bräuchte zunächst einmal ein paar Millionen Entwicklungshilfe. Auf Betonboden kann auch Rangnick keine Rosen züchten.
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Schalke fehlt derzeit alles, was Erfolg versprechen könnte. Der Verein hat kein Geld, keinen Zusammenhalt, kein taugliches Aufgebot, keine Spielphilosophie, keine Ideen.
So schlimm war es noch nie? Doch, das war es schon mal. Vor genau 40 Jahren, in der Saison 1980/81, stieg Schalke 04 zum ersten Mal aus der Bundesliga ab, auch damals bei knapper Kasse. Es begann ein Jahrzehnt mit zwei weiteren Abstiegen und einem nur knapp vermiedenen Sturz in die Drittklassigkeit. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird es kaum zu vermeiden sein, dass die Achtziger zurückkommen.