Gelsenkirchen. Das 0:8-Debakel in München lässt Schalke noch tiefer sinken. Trainer Wagner steht mit dem Rücken zur Wand. Ein Sieg gegen Bremen ist Pflicht.
Vor dem Wirtshaus Görsmeier an der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen, einer der bekanntesten Fußball-Kneipen der Stadt, hing am Samstag eine große Schalke-Fahne. Auf voller Höhe, nicht etwa auf halbmast. Von Scham und Entsetzen war von außen im Vorbeifahren nichts zu erkennen. Und doch waren dies die Gefühle, die nach dem Bundesligastart schwer wie Blei über einer Stadt lagen, deren ganzer Stolz normalerweise der FC Schalke 04 ist.
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Schalke Null Acht. So tief wie nach dem Debakel in München waren die Königsblauen lange nicht mehr gesunken. Das Empfinden ist noch schlimmer als in der gesamten Rückrunde der vorherigen Saison, weil mit dem Spiel in München ja eigentlich ein neuer Anfang ausgerufen werden sollte. Nun hat man den Eindruck: Es geht immer weiter bergab – selbst Schalkes Verteidiger Bastian Oczipka nannte das Ergebnis „eine Schande“. Und auch für Sportvorstand Jochen Schneider war das Maß des Erträglichen voll. Am Tag nach dem 0:8 erklärte er: „Der Auftritt in München war indiskutabel, da gibt es keine zwei Meinungen. So darf sich eine Mannschaft von Schalke 04 nicht präsentieren.“ Ein Auftritt, der natürlich auch auf David Wagner zurückfällt, den Trainer dieser Mannschaft.
Werder-Spiel wird zum Maßstab
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Wagner steht nach dem ersten Spiel der neuen Saison schon wieder genau da, wo er zum Ende der alten Saison stand: Mit dem Rücken zur Wand. Im Sommer hatten sich die Bosse entschieden, dem 48-Jährigen die Chance für einen Neuanfang zu geben – Sportvorstand Schneider hatte immer die gute erste Serie vor genau einem Jahr im Blick. Doch diesen Vertrauensvorschuss muss der Trainer nun langsam zurückzahlen, und das Heimspiel am kommenden Samstag (18.30 Uhr/ Sky) gegen Werder Bremen wird da zum Maßstab. Nach Informationen dieser Redaktion darf die Serie von mittlerweile 17 sieglosen Bundesligaspiele in Folge nicht auf deren 18 anwachsen – sonst wird es eng für Wagner. „Ich erwarte eine deutliche Leistungssteigerung, die sich auch im Ergebnis widerspiegelt“, sagte Schneider.
Wagner muss gegen Werder endlich die Wende schaffen – im ersten Heimspiel wird ein Sieg zur Pflicht.
Dass er dazu noch die Gelegenheit erhält, scheint nach diesem Wochenende klar – auch wenn die Verfassung der Mannschaft in München besorgniserregend war. Doch ein Trainerwechsel nach nur einem Spiel, noch dazu bei den Bayern, würde nicht für eine faire Chance stehen. Die will Schalke dem Trainer einräumen, wofür auch die Äußerung von Schneider steht: „Das Trainer-Team um David Wagner wird die Fehler analysieren und klar ansprechen, um dann den Fokus auf das Heimspiel gegen Werder Bremen zu richten. Zuhause müssen wir – hoffentlich vor Zuschauern – die richtige Reaktion zeigen.“ Dem hatte der Sportvorstand am Sonntag gegenüber dieser Redaktion nichts mehr hinzuzufügen.
Buchta versucht Aufregung um Tönnies-Besuch zu lindern
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Offene Flanken bot Schalke in München aber nicht nur auf dem Platz, sondern auch auf der Tribüne. Dort saß, mitten unter den Schalker Funktionären, der im Juni zurückgetretene ehemalige Vereinschef Clemens Tönnies. Der Grund ist relativ einfach aufzuklären: Tönnies war von den Bayern eingeladen worden – ihn verbindet insbesondere mit Uli Hoeneß seit vielen Jahren eine enge Freundschaft.
Allerdings zählte Clemens Tönnies in München nicht zur offiziellen Schalker Delegation, wie sein Nachfolger Jens Buchta am Sonntag im Gespräch mit dieser Redaktion klarstellte – das mag die Aufregung um den Besuch ein wenig lindern. „Ich habe Verständnis dafür, dass das Thema aufgegriffen wird“, sagte Buchta und erklärte: „Aber für mich ist seine Anwesenheit ein normaler Vorgang, wenn er von den Bayern als Gast zum Spiel eingeladen wird.“ Dass Tönnies seinen Sitzplatz direkt neben den Schalker Funktionären einnahm, ist für Buchta eine Frage des Umgangs nach über 25 Jahren: „Ich hätte es eher als komisch empfunden, wenn er nicht bei uns gesessen hätte, sondern im Kreis der Bayern.“
Fahne nur bei Schalke-Siegen gehisst
Auch die Menschen im Wirtshaus Görsmeier werden am Samstag darüber diskutiert haben – und über Schalkes schlimmen Saisonstart. Vor vielen Jahren wurde bei Görsmeier ein Ritual streng gepflegt: Die Schalker Fahne wurde nur nach Siegen gehisst. Hieran konnte man immer erkennen, ob die Königsblauen gewonnen hatten oder nicht. Aber es ist nichts mehr wie früher.