Gelsenkirchen. Türkgücü München oder Schweinfurt 05 - Schalkes Pokalgegner ist weiter offen. Sportvorstand Jochen Schneider ist deshalb sehr verärgert.
Für Jochen Schneider hatte die Absage des DFB-Pokalspiels am Sonntag doch etwas Gutes. Der Sportvorstand des Bundesligisten FC Schalke 04 verbrachte dadurch seinen 50. Geburtstag im Kreise seiner Familie – und nicht in einem Fußballstadion. Dass die Königsblauen nun aber in Streitigkeiten innerhalb des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) geraten sind, ist für sie in der Saisonvorbereitung sehr unglücklich. Schon zum vierten Mal fiel ein Spiel aus – und nun konnten sie gar nichts dafür.
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Wer darf Schalke in der ersten Runde herausfordern – Drittliga-Aufsteiger Türkgücü München oder Regionalliga-Tabellenführer 1. FC Schweinfurt 05? Geklärt ist die Frage immer noch nicht. An den Tagen nach der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I, dass Türkgücü und nicht Schweinfurt gegen Schalke antreten und damit die 137.000 Euro Antrittsprämie einstreichen darf, gab es eine Menge gegenseitiger Schuldzuweisungen. Jochen Schneider begann am Freitag, kurz nach der Absage: „Man kann nur den Kopf über die Vorgehensweise des BFV schütteln, der über Wochen und Monate hinweg offensichtlich nicht in der Lage war, den rechtmäßigen Vertreter am DFB-Pokal zu bestimmen.“
Schalke bekam den zweiten Amateurvertreter Bayerns zugelost
Das ließ der BFV nicht auf sich sitzen. Vizepräsident Reinhold Baier, hauptberuflich Richter, entgegnete: „Warum Türkgücü München erst jetzt, also 72 Stunden vor Anpfiff, Rechtsmittel eingelegt hat, anstatt dies in den vergangenen vier Monaten zu tun, ist eine Frage, die Herr Schneider Türkgücü stellen sollte.“ Hinter dieser Aussage steckt ein heftiger Streit innerhalb des BFV.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hatten sich Vertreter der Vereine und des Verbandes mehrmals darauf verständigt, die durch Corona entstandene Situation einvernehmlich lösen zu wollen. Die Saison der Regionalliga Bayern wurde unterbrochen, der amtierende Tabellenführer Türkgücü als Aufsteiger für die 3. Liga gemeldet, Schweinfurt als dann neuer Spitzenreiter und am Meldetag beste amtierende Amateurmannschaft Bayerns für den DFB-Pokal. Eben diese Mannschaft – im Lostopf „Bayern 2“ genannt – bekam Schalke 04 zugelost. Der BFV meldete seine beiden Vertreter vor neun Tagen nach dem Endspiel des Totopokals – Schweinfurt und Drittligist 1860 München als Cup-Sieger. Türkgücü, so die SZ, hätte sich über die vereinbarte Praxis nie beschwert und sei nicht davon ausgegangen, im DFB-Pokal zu spielen.
Und doch klagte Türkgücü kurz vor dem Spiel – und nennt dafür zwei Gründe. Zunächst hätte Türkgücü, sagt Geschäftsführer Max Kothny, erst den formalen Pokal-Meldevorgang abwarten müssen. Und zweitens: Der BFV-Vorstand hätte am Tag vor der Meldung einen Passus in der Spielordnung geändert, der nun besagt, „dass zum Zeitpunkt des Datums des Ablaufs der Meldefrist das für die 3. Liga gemeldete Team mit diesem Tag aus der Regionalliga ausscheidet“. Das deutet Kothny als „Schuldeingeständnis“ dafür, dass doch Türkgücü der rechtmäßige Pokal-Teilnehmer wäre. Der BFV aber vermutet hinter der kurzfristigen Klage Absicht. Türkgücü-Mäzen Hasan Kivran hatte hingegen nicht nur einmal betont, viel Gegenwind von Stadt und Verein zu spüren. "Ich weiß, dass wir in München stören", sagte er der SZ.
Schalke-Vorstand Schneider: "Es ist einfach nicht nachvollziehbar"
Schalke-Vorstand Schneider nahm die Kritik des BFV nicht hin und antwortete mit für ihn ungewöhnlich harten Worten. „Ausdrücklich betonen möchte ich an dieser Stelle, dass sich meine Kritik nur auf den Verband, nicht aber auf Türkgücü München bezieht“, sagte Schneider bei Sport1. „Deshalb kann ich auch nicht nachvollziehen, warum der BFV jetzt versucht, den Fehler bei Türkgücü zu suchen. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum der bayerische Vertreter erst eine Woche vor Austragung der ersten DFB-Pokal-Runde bestimmt wurde.“
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Leidtragende waren diejenigen, die am Sonntag eigentlich spielen sollten. „Ich dachte erst an Fake News oder einen Aprilscherz. Ich war schockiert, wir waren ja kurz vor dem Kofferpacken“, sagte Schweinfurts Präsident Markus Wolf. Weiter äußerte sich Schweinfurt nicht, der Klub will die juristische Klärung abwarten. Denn der BFV will Rechtsmittel einlegen.
Schalke tritt zum Liga-Auftakt beim FC Bayern München an
Und die Königsblauen? Das bayerische Theater passt zur seltsamen Vorbereitung, die mit einer weiteren Absage endete. Schalke geht nun ohne ernsthaften Test in die Saison – und ins Eröffnungsspiel beim FC Bayern München (Freitag, 20.30 Uhr/ZDF und Sky). Das Pokalspiel, gegen wen auch immer, dürfte irgendwann während der Woche nachgeholt werden – für Schalke entsteht dadurch eine ungeplante Englische Woche, die zweite bis zur kurzen Winterpause in drei Monaten.
Doch wenigstens am Sonntag dürfte sich Jochen Schneider damit nicht beschäftigt haben.