Längenfeld. 28 Schalke-Spieler sind mit ins zweite Trainingslager nach Österreich gereist. Zwei Überraschungen sind dabei. Sie zeigen das ganze S04-Dilemma.

Beinahe schon entspannt rollen um 14.54 Uhr zwei Busse des FC Schalke 04 auf dem Hotelparkplatz in Längenfeld, einem kleinen Örtchen im Ötztal in Österreich, aus. Vieles leuchtet königsblau: die Trainingsanzüge der Spieler, einer der beiden Busse – und vor allem der Himmel über dem Hotel Aqua Dome und dem kraftvoll-stillen Bergpanorama.

Was für ein malerisches Bild. Eines, das aber so gar nicht passt zur Stimmungslage dieser angeschlagenen Mannschaft, die neun Tage lang versuchen wird, in der Bergidylle ihre Form wiederzufinden.

Bentaleb ist zurück aus Newcastle

Einfach wird das nicht. Die Laune ist nach zwei hundsmiserablen Testspielen gegen die Drittligisten Verl (4:5) und Uerdingen (1:3) schlecht. Und in welchem personellen Dilemma Schalke steckt, zeigte schon, wer neben zahlreichen etablierten Spielern aus dem ersten Bus ausstieg: Nabil Bentaleb.

Alles hatten die Königsblauen getan, eben das zu verhindern – dass der 25-Jährige wieder zur Mannschaft zählt. Viermal war er in dreieinhalb Jahren auf Schalke suspendiert worden – von verschiedenen Trainern. Im Team bildete er eine Clique mit anderen Spielern, die Französisch sprechen. Wagner sortierte Bentaleb im Sommer 2019 bei seinem Amtsantritt direkt aus. In der Rückrunde spielte der algerische Nationalspieler auf Leihbasis für Newcastle United in England. Der Premier-League-Klub hätte sich einen Kauf vorstellen können, auf eine Ablösesumme hätten sich die Klubs schon verständigt.

Ein Fluch für S04-Sportvorstand Schneider

Doch Bentaleb würde gern so viel verdienen wie auf Schalke. So viel will Newcastle aber nicht zahlen. Die Hoffnung, dass Bentaleb einen anderen neuen Klub findet, gab Schalke nicht auf. Er bekam neun Tage Sonderurlaub für die Suche. Auch das: zwecklos. Für Sportvorstand Jochen Schneider, der ein paar Stunden vor der Mannschaft eintraf und die Bedingungen vor Ort inspizierte, ist Bentaleb ein Fluch. Er hat ihn weder geholt noch mit einem solch üppigen Vertrag ausgestattet – aber er muss nun mit ihm leben.

Der Top-Verdiener läuft nun mit 27 anderen Profis durch die Bergwelt Österreichs. Einer davon ist Weston McKennie. Auch der 21-jährige US-Nationalspieler wäre lieber nicht mitgeflogen. Schalke würde McKennie gern für 25 Millionen Euro verkaufen, der Spieler gern in England spielen. Es gibt Interessenten. Konkret ist aber nichts. Und so reiste auch McKennie mit.

Schalke-Kader wird sich noch verändern

Solange Spieler wie Bentaleb und McKennie noch da sind, wird die Vorbereitung von Trainer David Wagner nicht perfekt sein. Bis zum ersten Ligaspiel (Freitag, 18. September, 20.30 Uhr) beim FC Bayern München wird sich der Kader noch verändern. Der sehr umstrittene David Wagner beschwert sich darüber nicht öffentlich. Er sprach nur über die Trainingsarbeit in Österreich. Es gehe, so Wagner, nicht nur um die Vorbereitung auf die Hinrunde. Das Winter-Camp entfällt, da die Liga im Jahr 2021 am 2. Januar fortgesetzt wird. „Wir müssen die Zeit nutzen, um die Grundlage für zehn Monate zu legen. Deshalb werden wir auch in Längenfeld einen der Schwerpunkte im athletischen Bereich setzen“, sagt Wagner.

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Testspiel gegen Magaths Würzburger

Viele Fans werden diesmal nicht zuschauen. Trainingslager der Schalker sind sonst Happenings – Längenfeld flaggt aber nicht Königsblau. Viele Hotelzimmer sind noch zu haben. Das hat mit der Corona-Pandemie zu tun, mit dem Termin außerhalb der Ferien – aber auch mit der Leistung des Teams.

Drei Testspiele stehen auf dem Programm – das erste am Montag um 18 Uhr gegen den Zweitliga-Aufsteiger Würzburger Kickers. Verantwortlich für den Kader der Kickers ist der Sportliche Leiter Felix Magath, einst Sportboss und Trainer auf Schalke. Falls Wagner noch Tipps braucht, was es bedeutet, kaum noch Rückhalt auf Schalke zu haben: Er muss nur Magath fragen

Diese 28 Spieler sind in Österreich dabei

Torhüter: Ralf Fährmann, Markus Schubert, Michael Lange

Abwehr: Ozan Kabak, Matija Nastasic, Benjamin Stambouli, Salif Sané, Bastian Oczipka, Timo Becker, Malick Thiaw, Hamza Mendyl

Mittelfeld: Omar Mascarell, Suat Serdar, Amine Harit, Weston McKennie, Alessandro Schöpf, Sebastian Rudy, Nabil Bentaleb, Can Bozdogan, Nassim Boujellab, Nick Taitague, Levent Mercan

Sturm: Mark Uth, Benito Raman, Guido Burgstaller, Ahmed Kutucu, Rabbi Matondo, Steven Skrzybski