Gelsenkirchen. Lustlose Profis auf Schalke, die gerne weg würden oder verkauft werden sollen. Dazu taktische Fehler. Wo S04 Nachholbedarf hat. Eine Analyse.

Als die Profis des FC Schalke 04 gegen den Drittligisten KFC Uerdingen am Dienstagabend das nächste Testspiel vergeigten, war auch Olaf Thon auf dem Vereinsgelände. Vom Spiel bekam der 54-Jährige wenig mit, er trainierte mit der Traditionself auf einem Nebenplatz. Doch die aktuelle Situation des Bundesligateams beschäftigt den Ehrenkapitän sehr. „Zwei Niederlagen gegen Drittligisten sprechen sportlich natürlich eine negative Sprache“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.

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1:3 gegen Uerdingen, zwei Tage zuvor eine 4:5-Blamage gegen den SC Verl – eine Aufbruchstimmung gibt es nicht. Dabei wäre die gerade so wichtig. In der Rückrunde blieb Schalke 16 Spiele in Folge ohne Sieg, rutschte aus den Europapokalplätzen, wurde sogar nur Zwölfter. Was ist der richtige Weg aus dieser Krise? Das mag Thon nicht bewerten: „Der Trainer und der Sportvorstand müssen das beurteilen. Für mich ist es gerade schwierig, das zu erfassen. Wichtig ist, dass der Trainer seinen Weg geht.“

Schalke-Trainer Wagner ist Gesicht des Misserfolgs

David Wagner ist immer noch das Gesicht des Misserfolges. In der Rückrunde gingen ihm die Spieler aus, da sich viele verletzt hatten. Für die verbliebenen Profis hatte er aber keine passende taktische Idee. Niederlage reihte sich an Niederlage. Sportvorstand Jochen Schneider hielt zu Wagner – als einer der wenigen in der Führungsetage. Doch Schneider setzte sich durch.

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Nach zweieinhalb Wochen in der Vorbereitung ist aber keine Verbesserung zu erkennen. Wagner trägt daran nicht die Hauptschuld. Gern hätte er neue Spieler für sein Team, das aktuell in der Bundesliga nicht konkurrenzfähig ist. Doch Geld dafür gibt es nicht, Schneider muss erst Spieler verkaufen. Immer mal wieder gibt es lose Anfragen – aktuell für Weston McKennie (FC Southampton), Nabil Bentaleb (Newcastle United) und Hamza Mendyl (aus Frankreich). Konkret ist aber nichts. So rückt das erste Pflichtspiel am zweiten September-Wochenende näher und näher – der Kader ändert sich noch nicht.

Wagner: Guter Test für Schalke

Wagner macht nun gute Miene zum schlechten Spiel, jedenfalls nach der Uerdingen-Blamage. „Schlechtes Spiel, schlechtes Ergebnis, das war kein guter Auftritt – aber dennoch ein guter Test für uns. Das ist das, was wir im Moment brauchen: genau diese Belastung. Ich werde nicht unruhig“, sagte Wagner. Die schlechten Leistungen führt er auf mehrere Faktoren zurück: Viele Spieler, die lange verletzt waren, sammeln gerade erste Spielpraxis. Und das Fitnesstraining mit dem neuen Athletiktrainer Werner Leuthard würde die Mannschaft müde machen. „Am Ende“, hofft Wagner inständig, „wird sich das auszahlen.“

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Mit der Symbolik, die von schlechten Ergebnissen ausgeht, kann Wagner nichts anfangen. „Das kann sich jeder machen, wie er will“, sagt er. „Mir geht es eher um die Erkenntnisse, die man aus den Spielen nimmt – nicht um die Ergebnisse. Da wird zu viel hinein interpretiert.“ Von einigen Fans gab es höhnischen Applaus. „Das ist ihr gutes Recht“, sagte Wagner dazu.

Schalke-Leistungsträger agieren lustlos

Die wichtigste Erkenntnis des Trainers lautet: In den dreieinhalb Wochen, die ihm bis zum ersten Pflichtspiel noch bleiben, wartet sehr viel Arbeit auf ihn. Taktisch hat die Mannschaft etliche Defizite, ein Zusammenspiel ist aktuell nicht vorhanden. Die Körpersprache stimmt bei den meisten nicht, sie nehmen eine peinliche Pleite still zur Kenntnis. Viele Spieler wissen nicht, wie es weitergeht: Einige sollen weg, einige wollen weg, der Saisonstart droht bei einem schwierigen Programm zur Katastrophe zu werden. Vielen Schalkern fehlen aktuell Schnelligkeit und Spritzigkeit. Leistungsträger wie Ozan Kabak und Amine Harit verlieren den Ball lustlos in Dribblings. Im Spiel gegen Uerdingen spielte die Abwehr auf Abseits, obwohl Wagner dies gar nicht vorgegeben hatte.

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Die Probleme sind vielfältig. Am Freitag setzt Schalke die Vorbereitung in Längenfeld in Österreich fort. Drei Testspiele stehen auf dem Plan. Dass es besser werden könnte, glaubt Olaf Thon. „Ich bin ein Optimist. Ich habe in meinem Leben bestimmt 55 Vorbereitungen gemacht, wahrscheinlich mehr. Ergebnisse muss man immer mit Vorsicht betrachten.“ Genau das versucht auch Wagner.