Gelsenkirchen. Abschluss der Schalke-Serie: Bevor Peter Peters aufhörte, holte er erst noch die Zusage für die Bürgschaft ein. Erst danach rief er Tönnies an.

Im Februar dieses Jahres hat sich Peter Peters zu einem Gedankenaustausch mit Jens Buchta getroffen. Der damalige Stellvertreter von Clemens Tönnies war mittlerweile sein erster Ansprechpartner im Schalker Aufsichtsrat, da das Vertrauensverhältnis zum Vorsitzenden „nicht mehr so stabil“ war, wie es Peters heute ausdrückt. Mit Jens Buchta hingegen konnte er offen reden.

Das Gespräch drehte sich auch um die weitere Lebensplanung von Peters (58). Die vergangenen Jahre waren oft unschön verlaufen für den Finanzvorstand, immer wieder hatte es Rückschläge auf Schalke gegeben. Sportlich, wirtschaftlich, jetzt auch menschlich. Und nun zog mit dem Corona-Virus ein neuer, bislang unbekannter Gegner auf.

Corona-Krise: Peters erkennt die Folgen früh

Wie die meisten anderen Menschen auch, hat Peter Peters das Virus am Anfang nicht als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen. Doch als die Bundesliga Mitte März stillgelegt wurde, schaltete er um und handelte schneller als andere: Er ermittelte die wirtschaftlichen Folgen für Schalke 04. „Mir war klar, dass wir zusätzliche Kreditlinien benötigen würden“, berichtet Peters. Er nahm frühzeitig Kontakt zum Land Nordrhein-Westfalen auf, um die Möglichkeit zum Erhalt einer Landesbürgschaft zu prüfen. Parallel dazu fand er vier Banken, die die Kredite dafür in Aussicht stellten.

Die Zahlen sind mittlerweile bekannt: 35 Millionen Euro beträgt das Gesamtvolumen der Kredite, 90 Prozent davon, also 31,5 Millionen Euro, sichert das Land NRW mit einer Bürgschaft ab. Schalke bekommt nichts geschenkt, betont Peters noch einmal: Auch das Land NRW verdient Geld damit, weil der Bundesligist Gebühren für die Bürgschaft zahlen muss.

Über die Bewilligung des Schalker Antrags beriet der NRW-Bürgschaftsausschuss am Mittwoch, dem 3. Juni 2020, in einer Videokonferenz. „Noch am Abend“, berichtet Peters, habe ich den Anruf bekommen, dass der Ausschuss es positiv entschieden hat.“

Ein Bild aus guten Zeiten: Peter Peters (links) und Clemens Tönnies. Erst zum Schluss war ihr Vertrauensverhältnis gestört.
Ein Bild aus guten Zeiten: Peter Peters (links) und Clemens Tönnies. Erst zum Schluss war ihr Vertrauensverhältnis gestört. © Nils Aders/HG | Nils Aders/HG

Genau zwei Tage später trat Peter Peters von seinem Amt als Finanzvorstand des FC Schalke 04 zurück. Es war Freitag, der 5. Juni. Die Reihenfolge der Ereignisse ist wichtig, weil es für den Vorstand entscheidend war, seinen Verein nach 27 Jahren nicht ungeordnet zu verlassen. Hätte der Bürgschaftsausschuss zwei Tage zuvor anders entschieden, wäre er nicht gegangen. So aber konnte er sagen: „Alles ist vorbereitet, dass Schalke gut durch die Krise kommt.“

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In diesem Wissen rief er an jenem Freitag Clemens Tönnies an. Das entscheidende Gespräch habe „nicht lange“ gedauert, sei aber „sehr offen“ gewesen. Peters sagte zu Tönnies: „Meine Erkenntnis ist, dass wir uns besser trennen, wenn das gegenseitige Vertrauen nicht mehr da ist.“ Es habe in diesem Moment keine Vorwürfe gegeben, eher den gegenseitigen Ausdruck des Respekts. Dass sich beide auseinandergelebt hatten, der Finanzvorstand und der Vereinschef, hatte sich schon in den Monaten zuvor abgezeichnet. Darüber hatte Peter Peters ja auch seinen Vertrauten Jens Buchta in Kenntnis gesetzt.

Der ewige Schalker Krisen-Kreislauf

Die Person Tönnies war nur ein Grund für Peters’ Rückzug nach 27 Schalker Jahren, wenn auch der letztlich entscheidende. Der andere war der ewige Kreislauf, in dem sich Schalke 04 befindet: Die finanzielle Situation des Vereins ist stets eine Folge dessen, was sich auf dem Platz abspielt – das ist schon seit vielen Jahren so. In der abgelaufenen Saison hat es Peters wieder erlebt, „wie die Mannschaft in sich zerfallen ist“ – so drückt es der 58-Jährige aus. Irgendwann hat er sich die Frage gestellt, wie lange er in seiner Verantwortung als Finanzchef dieses Auf und Ab noch mitmachen will. Diese große Abhängigkeit vom Sport habe seinen Entschluss beeinflusst: „Es spielte auch eine Rolle, dass wir seit zwei Jahren wieder mit Vollgas in die Krise gerasselt sind.“

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Natürlich weiß Peter Peters, dass nach seinem Rückzug auch über sein Management der aktuellen Krise getuschelt wurde – etwa über Dinge wie die Härtefallregelung. Doch das sei für ihn nicht ausschlaggebend gewesen. Es wäre auch merkwürdig, wenn das am Ende von 27 Jahren stehenbleiben würde. Als er am Abend seines Rückzugs bei vielen Schalker Aufsichtsräten anrief, um sich für die Zusammenarbeit zu bedanken, habe er anderes erfahren: „Entscheidend war, was wir alle zusammen geschafft haben in diesen Jahren.“ Vieles, was bleibt. Nicht nur die Arena oder das moderne Vereinsgelände. Die Landesbürgschaft, für die er sich mit Erfolg eingesetzt hatte, war sein letzter Dienst für Schalke 04 in seiner Rolle als Finanzvorstand.

Die Zukunft? „Ich bin nicht weg“

In aller Ruhe will Peter Peters jetzt entscheiden, wie es mit ihm persönlich weitergeht. Klar ist, dass er Schalke nicht den Rücken kehrt. Was man kaum weiß: Er ist nach wie vor Geschäftsführer der Arena-Gesellschaft. Und auch sonst will er von einem Abschied von Schalke überhaupt nicht reden. „Ich bin nicht weg, sondern in anderer Funktion immer noch da“, sagt er mit einem Schmunzeln – auch als Mitglied und Dauerkarteninhaber. Theoretisch denkbar wäre auch eine Kandidatur für eines der Gremien des Vereins, aber das ist Zukunftsmusik. Da hält sich Peters alle Türen offen und sagt nur: „Ich schließe da nichts aus.“ Schalker bleibt er für immer – auch wenn die Zeit als Finanzvorstand vorbei ist.

Die Tränen von Tochter Sonja

Am Ende dieser Serie muss die Frage stehen, ob er am 5. Juni auch zurückgetreten wäre, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst hätte, was mit Clemens Tönnies wird. Peter Peters hält seinen Schritt heute noch für konsequent, er antwortet: „Man kann nicht erfolgreich durch eine Krise gehen, wenn man ein gestörtes Miteinander hat.“ Aber wahrscheinlich, ja, wäre er dann heute noch im Amt.

Wie schwer es allen gefallen ist, zeigt das Beispiel von Peter Peters’ Tochter Sonja. Sie ist 1992 geboren und kennt ihren Vater eigentlich nur als Schalke-Vorstand. Am Abend des 5. Juni hat sie geweint.