Gelsenkirchen. Teil 23 der Schalke-Serie: 2015 bahnte sich der Abschied von Manager Horst Heldt an. Hat Clemens Tönnies dabei auf falsche Ratgeber gehört?
Verträge werden normalerweise verlängert im Jahr, bevor sie auslaufen – das ist beim Führungspersonal genauso wie bei den Profis, die man behalten möchte. Horst Heldt war noch bis Sommer 2016 an Schalke 04 gebunden, also hätte im Laufe des Jahres 2015 eigentlich eine Verlängerung seines Manager-Vertrages angestanden. Und so kam zwischen Peter Peters und seinem Vorstands-Kollegen Heldt zu dieser Zeit immer wieder ein Thema zur Sprache, das eigentlich aus dem Jahr 2012 stammt.
Heldt schlug 2012 den unbefristeten Vertrag aus – ein Fehler
Da war Clemens Tönnies noch voll des Lobes über seine leitenden Angestellten, die gerade die Altlasten der Magath-Zeit so vorbildlich bewältigt hatten. Also bot Tönnies, respektive der Schalker Aufsichtsrat, den Vorständen Peters und Heldt an, ihre Verträge auf Schalke unbefristet zu verlängern – ein großer Vertrauensbeweis. Peters nahm die Offerte an, weil er sich damals nicht vorstellen konnte, Schalke jemals zu verlassen. Heldt lehnte ab – „er wollte das nicht“, erinnert sich Peters. Ein Fehler, wie sich drei Jahre später herausstellte.
Denn als nun 2015 eigentlich seine Vertragsverlängerung angestanden hätte, war das für ihn ein ungünstiger Zeitpunkt: Dem Manager wurde die schlechte Saison 2014/ 2015 angelastet. Schalke hatte nach drei Jahren wieder die Champions League verpasst und war nur in der Europa League gelandet.
Als Rehberg die Trainer-Gattin „Frau Breitscheider“ nannte
Nach dem kapitalen Fehlgriff mit Roberto di Matteo holte Heldt mit André Breitenreiter einen neuen Trainer. Der hatte zwar keinen so großen Namen, stand mit dem SC Paderborn aber für ehrlichen Fußball – „das hat uns beeindruckt“, erklärt Peters. Dass der Name Breitenreiter nicht jedem so geläufig war, zeigte sich bei Ehrenpräsident Gerd Rehberg: Der begrüßte Breitenreiters Gattin immer wieder mal als „Frau Breitscheider“ – natürlich nur aus Versehen. Aber so war der Umgang auf Schalke: sympathisch und nicht so verkniffen. Horst Heldt war nach inzwischen fünf Jahren auf Schalke längst ein Teil des Ganzen und wäre das auch gerne geblieben. Doch dann sickerte die Nachricht durch: Christian Heidel soll neuer Schalke-Manager werden. Es war im Oktober 2015 – zu einem Zeitpunkt, als der sportliche Neuanfang unter dem Trainer André Breitenreiter eigentlich gut angelaufen war.
Peters erfuhr in Mainz mehr über Heidel als auf Schalke
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Doch Clemens Tönnies hatte längst die Kontakte zu Heidel geknüpft, und stieß damit nicht nur Horst Heldt vor den Kopf. Auch Peter Peters wusste nichts von den Gesprächen mit dem Mainzer Manager. Er informierte sich bei Harald Strutz, dem damaligen Präsidenten von Mainz 05, mit dem Peters gut bekannt ist: „Von ihm habe ich mehr über die Situation von Heidel erfahren als von unserem eigenen Aufsichtsrat.“ Der Grund, warum Tönnies Schalke-intern mauerte: Er wusste, dass die Schalke-Vorstände Peters, Heldt und Alexander Jobst ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis hatten und sehr loyal zueinander waren. Peters berichtet: „Damals habe ich oft zu Horst Heldt gesagt: Hättest du 2012 mal den unbefristeten Vertrag angenommen.“
Heldt traf noch Entscheidungen, die Schalke viel Geld brachten
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Heldt wusste somit genau, dass er für Tönnies nur noch ein Manager auf Abruf war – auch wenn der formale Beschluss, dass Heidel nach Schalke kommt, erst Anfang 2016 getroffen wurde. Für ihn habe sich die Frage gestellt, „ob es Sinn macht, die Saison unter diesen Umständen zu Ende zu bringen“, erklärt Peters. Doch Heldt machte weiter und traf für Schalke noch gewinnbringende Entscheidungen: Nachdem er im Sommer bereits den Vertrag mit Leroy Sané verlängert hatte, gelang ihm im Winter 2015/16 auch ein erneuter Abschluss mit dem damaligen Ersatzspieler Thilo Kehrer. Beide Eigengewächse verkaufte Nachfolger Heidel dann später für insgesamt nahezu 90 Millionen Euro.
„Clemens hörte auf andere Leute, die womöglich nicht die Wahrheit gesagt haben“
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„Da hat man auch eine der großen Stärken von Horst Heldt gesehen“, sagt Vorstandskollege Peters im Rückblick: „Er hat die Sache für Schalke 04 durchgezogen. Natürlich auch in der Resthoffnung, dass sein Vertrag vielleicht doch noch verlängert wird.“
Clemens Tönnies indes habe ein Bild von Horst Heldt gehabt, das nicht der Wahrheit entsprochen habe, erklärt Peters. Unterschwellig sei es dabei um Fleißmerkmale gegangen, die Tönnies auch an den Bürozeiten festgemacht habe: „Clemens wollte Dienstzeiten wie bei Beamten sehen. Wer nicht um halb acht im Büro war, der war nicht fleißig.“ Irgendwann war die Geschichte in der Welt, dass es Heldt mit diesen Bürozeiten nicht so genau nahm, wie Tönnies das wünschte. Er wohnte in Düsseldorf, hatte auch dort Termine und Gespräche, die zum Job eines Bundesliga-Managers dazugehören.
In Peters’ Augen hatte Heldt seine Aufgaben tadellos erledigt, aber bei Tönnies sei eine andere Wahrnehmung angekommen: „Clemens hat gerne auf andere Leute gehört, die ihm womöglich nicht immer die Wahrheit gesagt haben“, berichtet Peters. Und so stürzte Heldt am Ende auch über ein falsches Bild, das von ihm im Umlauf war.
In seinen 27 Schalker Jahren hat Peter Peters die Zeit mit Horst Heldt glänzend in Erinnerung: „Er war im Innenverhältnis menschlich der beliebteste Manager nach Rudi Assauer.“ Unvergessen ist das Bild, wie Heldt sich nach seinem letzten Spiel mit Schalke in Hoffenheim gemeinsam mit André Breitenreiter von den Fans verabschiedet – Heldt hatte Tränen in den Augen. Noch tiefer gingen die Emotionen aber bei der internen Abschiedsfeier, zu der Horst Heldt die Mitarbeiter in die Schalker Kabine in der Veltins-Arena eingeladen hatte: Viele trugen Horst-Heldt-Masken und T-Shirts mit dem Bild des damals 46-Jährigen. „Da hat man gesehen“, sagt Peters, „wie beliebt Horst war.“
Vom Aufsichtsrat war an diesem Abend niemand dabei.