Gelsenkirchen. Für den FC Schalke 04 geht es beim SC Freiburg um viel Geld. Zeitgleich werden die kritischen Stimmen zu Clemens Tönnies lauter.

Marcelo Bordon hat gute Erinnerungen an den SC Freiburg. Es war der letzte Spieltag der Saison 2004/2005, als die Abwehr-Legende des FC Schalke 04 die Königsblauen in der 89. Minute zu einem 3:2-Sieg köpfte – und in die Champions League. 15 Jahre später spielt Schalke wieder am 34. Spieltag in Freiburg (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) – und nichts ist mehr wie früher. Das Urteil des 44-jährigen Brasilianers über die Mannschaft von Trainer David Wagner ist hart. „Die Spieler haben kein Potenzial und keinen Charakter, um für Schalke zu spielen. Sie verstehen Schalke nicht. Ich sehe Straßenfußballer in Brasilien, die mehr Qualität haben als die Schalke-Spieler“, sagte er dieser Redaktion.

Schalke 04 hat 15 Spiele in Serie nicht gewonnen

15 Spiele in Serie hat Schalke nicht gewonnen, das Team könnte sogar noch auf Platz 15 abrutschen. Doch die sportlichen Schwierigkeiten sind nur ein kleiner Teil der Krise. Der größere: Die Proteste gegen die Vereinspolitik und Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies nehmen zu – dass sich der 64-Jährige in seinem Amt halten kann, wird zweifelhafter. Täglich hängen rund um das Vereinsgelände kritische Plakate.

Auch interessant

Doch dabei bleibt es nicht. Im Internet kursieren viele Protestschreiben, an diesem Samstag demonstrieren ab 15.30 Uhr Fans vor dem Stadion – und in einem Video äußerte sich die ehemalige Ehrenrätin Kornelia Toporzysek, die zurücktrat, nachdem das Gremium wegen der rassistischen Äußerung von Tönnies 2019 getagt hatte. Die Vorwürfe der Richterin wiegen schwer: Sie bezeichnet die Verhandlung im Nachhinein als „Inszenierung“ und „total bizarr“. Tönnies ließ sein Amt lediglich für drei Monate ruhen. Aufsichtsrat und Vorstand hätten sich für ihre Darstellung nicht interessiert, die Gremien seien „in ihrer Blase gefangen“. Im Interview mit dem Magazin „11 Freunde“ zog Kornelia Toporzysek dieses Fazit: Tönnies sei „für Schalke 04 nur noch eine Belastung. Er schadet dem Ansehen massiv“.

Wie wichtig ist Clemens Tönnies für Schalke 04

Die große Frage ist: Wie abhängig ist Schalke von Tönnies? Kurzfristig droht die Insolvenz nicht. Das sagte der nun scheidende Finanzvorstand Peter Peters. „Es ist alles so vorbereitet, dass dieser Verein gut durch diese schwere Zeit kommt“, erklärte Peters am 5. Juni, nachdem er seinen Rückzug verkündet hatte. Der millionenschwere Vertrag mit Hauptsponsor Gazprom, der über Tönnies’ Kontakte zustande kam, läuft noch bis 2022. Zu den Premiumpartnern der Schalker zählt auch Böklunder, eine Tochterfirma der Firma Tönnies.

Was Schalke aktuell beeinflussen kann, ist die Einnahme durch die TV-Gelder. Ein Großteil wird nach einer Fünfjahrestabelle der Bundesliga verteilt – kalkuliert hatte Schalke damit, die Saison im schlechtesten Fall auf Platz acht abzuschließen – in der TV-Tabelle hätte das den siebten Rang bedeutet und damit eine Einnahme von etwa 70 Millionen Euro. Durch die Misserfolge der vergangenen Wochen musste Schalke im Ranking Eintracht Frankfurt passieren lassen - der VfL Wolfsburg und Hertha BSC könnten ebenfalls vorbeiziehen. Der Verlust: etwa 7,5 Millionen Euro. Wagner lässt das wenig an sich heran: „Das TV-Ranking wird zwar jetzt final entschieden, aber du sammelst ja auch schon vorher Punkte dafür.“

Schalke: Interesse an Abwehrspieler Sarr

In der aktuellen Misere muss Schalke den künftigen Kader sparsam zusammensetzen. Erlaubt sind nur ablösefreie Zugänge, die möglichst jung sein sollen und eine erhebliche Wertsteigerung versprechen – im Gespräch ist zum Beispiel der 21-jährige Abwehrspieler Malang Sarr (OGC Nizza). Nennenswerte Transfer-Einnahmen ließen sich wohl nur über die Leihspieler Mark Uth (1. FC Köln) und Nabil Bentaleb (Newcastle United) generieren. Weitere Leihspieler wie Cedric Teuchert (Hannover), Steven Skrzybski (Düsseldorf), Jonas Carls (Viktoria Köln), Hamza Mendyl (Dijon), Pablo Insua (Huesca) und Top-Verdiener Sebastian Rudy (TSG Hoffenheim) sind preiswert zu haben. Sportvorstand Jochen Schneider will das hohe Gehaltsniveau senken – Hoffenheim hofft im Fall Rudy sogar auf einen ablösefreien Wechsel.

Derjenige, der sich nach 27 Jahren nun nicht mehr um Schalkes Finanzen kümmert, gehört an diesem Samstag zum letzten Mal zum Schalker Tross. Peter Peters traf sich zuvor im Breisgau mit DFB-Präsident Fritz Keller. Vielleicht werden beide auch über ein Spiel im Mai 2005 geredet haben – damals, als Marcelo Bordon traf. Aber das ist lange her.