Gelsenkirchen. Uwe Wassmer spielte einst für S04 und Freiburg. Vor dem Duell seiner Ex-Klubs spricht er über turbulente und traurige Momente auf Schalke.
Rein geografisch steht Uwe Wassmer dem SC Freiburg wesentlich näher als dem FC Schalke 04. Der 54-Jährige lebt im beschaulichen Pfaffenweiler, nur wenige Kilometer südlich von Freiburg. Was die emotionale Seite abgeht, sieht die Sache schon anders aus: „Obwohl ich nur ein Jahr auf Schalke war, fühle ich mich Blau-Weiß fast ein bisschen näher als dem SC“, verrät Wassmer. „Hätte mir vor Saisonbeginn jemand gesagt, dass Freiburg erneut vor Schalke landen würde, hätte ich das eher nicht für möglich gehalten.“ Der gelernte Mittelstürmer, der in seiner Profikarriere 35 Zweitligaspiele (10 Tore) für die Knappen sowie 118 Erst- und Zweitligaspiele (30 Tore) für Freiburg verbuchte, sieht in Schalke nach wie vor einen großen Verein: „Vom Potenzial her hat man dort dieselben Möglichkeiten wie in Dortmund“, glaubt Wassmer. „Man braucht halt die richtigen Leute an den entscheidenden Stellen.“
Schalkes Gegner Freiburg sei ein perfektes Beispiel, wie man auch ohne große wirtschaftliche Möglichkeiten nachhaltig und erfolgreich arbeiten könne: „Beim SC herrscht eine fast schon beängstigende Ruhe im Umfeld. Man hat mit Christian Streich einen richtig guten Trainer und Jahr für Jahr ein sehr homogenes Mannschaftsgefüge“, lobt Wassmer. „Außerdem werden die eigenen Möglichkeiten und Ziele beim SC immer sehr realistisch eingeschätzt. Wenn dann mal etwas Außergewöhnliches herausspringt, dann ist es auch gut.“ Und die Königsblauen? „Puh“, sagt Wassmer. „Die Vorrunde war sehr gut. Aber dass man dann in der Rückrunde nur noch ein Spiel gewinnt, und obendrein noch das ganze Theater drumherum – das ist schon hart.“
Wassmer erlebte drei Trainer und drei Präsidenten in einem Jahr
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Uwe Wassmer weiß genau, wie turbulent es mitunter auf Schalke zugehen kann. Im Sommer 1988 wechselte der damals 22-jährige Badener vom Schweizer Erstligisten FC Aarau zum frisch gebackenen Bundesliga-Absteiger S04. Doch statt des angepeilten Wiederaufstiegs kämpften die Knappen plötzlich gegen den Fall in die Drittklassigkeit. „Ich habe in dieser einen Saison drei Trainer und drei Präsidenten erlebt, das ging damals alles Schlag auf Schlag. Natürlich spüren die Spieler die Unruhe, die in einem Verein herrscht. Erst als im Laufe der Rückrunde Peter Neururer unsere Truppe übernahm, schafften wir den Turnaround.“ Am Ende stand das legendäre 4:1 über Blau-Weiß 90 Berlin, mit dem Schalke vor 66.000 Zuschauern den Klassenerhalt perfekt machte. „Ich war unglaublich fasziniert vom Kult und von der Kraft dieses Klubs“, staunt Wassmer. „Das hat in meinen Augen alle Querelen und Krisen überstrahlt.“
Ob Schalke noch einmal so abstürzen kann wie 1988, nach dem dritten und vorerst letzten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte? „Ich halte es, Stand jetzt, eigentlich für unmöglich, dass Schalke jemals wieder zweitklassig spielt. Da müsste schon alles schieflaufen“, sagt Wassmer, der heute als Bürokaufmann bei einem badischen Unternehmen für Garten- und Landschaftspflege arbeitet. „Andererseits, wenn man das Beispiel Werder Bremen betrachtet: Unmöglich ist nichts im Fußballgeschäft. Und wenn ein Verein zu viele Fehler macht, wird er irgendwann bestraft.“
Eine Liebeserklärung ans Parkstadion
Wassmer selbst hat mit dem Profizirkus weitgehend abgeschlossen. Stattdessen fungiert er nebenberuflich als Chefcoach beim B-Kreisligisten VfR Pfaffenweiler, mit dem er Platz sieben belegte, ehe die Saison aufgrund der Corona-Pandemie abgebrochen wurde. „Der VfR war im Sommer 2019 auf der Suche nach einem Trainer, und da ich halt im Ort wohne, kam man auf mich“, verrät der A-Lizenzinhaber, der die Aufgabe ohne großen Druck angeht: „Mir geht es vor allem um den Spaß am Fußball und um den Spaß mit den Jungs, denen ich nebenbei natürlich auch was vermitteln will.“ Etwa beim Trainingsspiel „Fünf gegen zwei“, wenn der Ex-Profi seine alten Qualitäten aufblitzen lässt. „Ansonsten lass ich es mit dem Kicken lieber bleiben, weil sich sonst die alten Knochen zu Wort melden“, grinst Wassmer.
Kontakt zu früheren Weggefährten aus seiner Zeit auf Schalke und in Freiburg hat der einstige Knipser kaum noch. „Den Andy Müller und den Ingo Anderbrügge hab ich vor ein paar Jahren mal bei einer Trainerfortbildung getroffen“, erzählt er. „Aber das war’s auch schon. Ich bin nicht der Typ, der regelmäßig bei irgendwelchen Bundesliga-Partien vorbeischaut.“ Wassmers letzter Besuch auf Schalke liegt auch schon mehr als fünf Jahre zurück: „Da war ich bei einem Champions-League-Heimspiel gegen Real Madrid.“ Doch was ihm von jenem Tag in Erinnerung blieb, war weniger das sang- und klanglose 0:2 gegen Cristiano Ronaldo & Co.: „Als ich nebenan das halb abgetragene Parkstadion sah, da hat mein Herz angefangen zu bluten“, erzählt Wassmer. „Ich fand dieses Stadion trotz seiner Laufbahn immer total imposant. Und die Stimmung dort war einfach nur sensationell.“