Gelsenkirchen. Im Interview spricht Caligiuri unter anderem über den Stand seiner Vertragsverhandlungen, vergangene Revierderbys und seine Ziele bei Schalke 04.
Daniel Caligiuri (32) kommt gerade vom Training. „Das“, sagt der Profi des FC Schalke 04, „ist momentan schon ungewohnt, weil alle Einheiten nicht öffentlich sind.“ Für mögliche Geisterspiele gelte das erst recht: „Für die Fans ist das natürlich schwer – aber für uns als Spieler mindestens genauso sehr. Aber einen anderen Weg gibt es aktuell nicht.“ Ein Gespräch über Verhandlungen, Verzicht, Verletzungen – und Vergangenes.
Damit wenigstens ab und an Tore zu sehen sind, wird momentan viel in die Vergangenheit geblickt. Der 4:2-Derbysieg bei Borussia Dortmund zum Beispiel ist fast auf den Tag genau ein Jahr her. War das Ihr wichtigster Tag auf Schalke?
Daniel Caligiuri: Ein Jahr ist das schon her (lacht) – die Zeit vergeht wirklich sehr, sehr schnell. Grundsätzlich ist jeder Tag auf Schalke wichtig. Aber ein Derby zu gewinnen ist schon etwas Besonderes und sich jetzt daran zu erinnern, gibt einem ein positives Gefühl in dieser schwierigen Situation.
Sie haben vor 25.000 Fans auf der Südtribüne im Abstiegskampf beim Stand von 0:1 einen Elfmeter verwandelt…
Caligiuri - von Freiburg über Wolfsburg nach Schalke
Daniel Caligiuri stammt aus dem Schwarzwald. Er wurde in Villingen-Schwenningen geboren und beim SC Freiburg ausgebildet. Von 2005 bis 2013 trug er das Trikot des SC, wurde zum Fußballprofi. Er bestritt genau 100 Pflichtspiele (14 Tore).
Zur Saison 2013/2014 wechselte er zum VfL Wolfsburg. In dreieinhalb Jahren bei den Niedersachsen kam er in 130 Spielen zum Einsatz – er erzielte 16 Tore und feierte sein Champions-League-Debüt.
Für 2,5 Millionen Euro kam er dann im Januar 2017 zum FC Schalke 04. Ob unter Markus Weinzierl, Domenico Tedesco oder David Wagner: Er war stets Stammspieler. Das Ergebnis: 20 Tore in 122 Pflichtspielen.
Caligiuri: Da war ich hochkonzentriert und habe nur versucht, den Ball reinzuhauen. In einer solchen Situation ist es mir egal, vor wie vielen Zuschauern ich stehe. Und es ist erfreulicherweise ja ganz gut gelungen.
Ein Jahr später pausiert die Liga. Ist es angesichts der zahlreichen Diskussionen aktuell schwierig, Profifußballer zu sein?
Caligiuri: Ich gehe professionell damit um. Sportlich können wir nichts anderes tun, als uns fitzuhalten und die Entscheidung der Politik abzuwarten. Die Diskussionen sind mir nicht egal, ich verfolge sie sehr genau. Es ist enorm wichtig, die Saison zu Ende spielen zu können. Gleichzeitig müssen dabei alle Vorgaben beachtet werden, um niemanden zu gefährden.
Auch Sie haben auf Gehalt verzichtet. Haben Sie lange gezögert?
Caligiuri: Nein. Wir haben uns als Mannschaftsrat mit den Verantwortlichen zusammengesetzt und dann eine gute Lösung gefunden. Alle waren sofort einverstanden, den Verein und die Mitarbeitern zu unterstützen.
Inwiefern bedeutet die Corona-Krise für Sie auch privaten Verzicht?
Caligiuri: Verzicht ist vielleicht das falsche Wort. Aktuell sind gewisse Einschränkungen notwendig, denen wir alle unterliegen. Auch meine Frau und ich sind seit Wochen nur zu Hause – wir gehen nur mal kurz einkaufen oder mit dem Hund raus.
Ihr Vertrag auf Schalke endet am 30. Juni. Wie es auf dem Transfermarkt weitergeht, ist völlig offen. Stresst Sie diese Ungewissheit?
Caligiuri: Klar mache ich mir auch mal Gedanken. Aber eigentlich bin ich entspannt. Ich weiß, dass ich noch viele gute Jahre vor mir habe. Ich fühle mich noch lange nicht wie 32. Ich lasse alles auf mich zukommen – und im Moment steht sowieso etwas anderes im Vordergrund. Es geht darum, dass alle gesund bleiben.
Wie laufen die Verhandlungen mit Schalke?
Caligiuri: Es gibt momentan wichtigere Dinge als Verhandlungen. Deshalb ist alles auf Eis gelegt. Sobald wir wieder anfangen zu spielen, werden wir unsere Gespräche fortsetzen.
Sind Sie verärgert, dass die Vertragsverhandlungen unterbrochen sind?
Caligiuri: Auf keinen Fall. Es ist doch klar, dass in so einer schwierigen Situation erst einmal andere Themen im Vordergrund stehen.
Ein gemeinschaftliches Mannschaftsleben in der Kabine findet momentan nicht statt. Wie ungewöhnlich ist das?
Caligiuri: Es ist natürlich ein ganz anderes Gefühl. Jeder Spieler bekommt eine Einzelkabine, die nach der Benutzung sofort desinfiziert wird, damit der nächste Spieler kommen kann. Mir fehlt es schon, mit den Kollegen über das Training zu diskutieren, über das vorherige Spiel, die gegenseitigen Fehler – oder auch einfach nur Spaß zusammen zu haben.
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Wenn Sie mit Ihren Teamkollegen aktuell kommunizieren, geht es da eigentlich auch um sportliche Dinge wie Saisonziele?
Caligiuri: Nein. Sobald es ein Datum geben sollte, dass es weitergeht, dann beschäftigen wir uns damit. Aber klar ist: Wir sind Sechster. Und diesen Europa-League-Platz wollen wir auf alle Fälle verteidigen.
Sie haben sich Anfang Februar im Pokalspiel gegen Hertha BSC schwer am Knie verletzt. Wie geht es Ihnen?
Caligiuri: Ich bin auf einem sehr guten Weg. Wenn dieser Situation überhaupt etwas Positives abzugewinnen ist, dann für mich. Ich habe viel Zeit, um richtig fit zu werden. Mir fehlen schätzungsweise noch zwei Prozent, um auf 100 zu kommen.
Vor einem Jahr wurden Sie nach dem erfolgreich überstandenen Abstiegskampf von den Fans zum „Spieler der Saison“ gewählt. Was hat Ihnen das bedeutet?
Caligiuri: Auf Schalke diese Auszeichnung erhalten zu haben, bedeutet mir sehr viel. Aber ich habe mich auch bei der Mannschaft bedankt, ohne Mitspieler geht es nicht.
In der aktuellen Saison lief es bei Ihnen zunächst nicht so gut. Hing es damit zusammen, dass Sie gern Kapitän geworden wären?
Caligiuri: Natürlich wäre ich gern Kapitän geworden. Aber der Trainer hat anders entschieden. Wir haben das besprochen, und ich habe das längst vergessen. Zudem hat der Trainer ein neues System eingeführt, mit einer neuen Position für mich. Da habe ich etwas gebraucht, um reinzufinden, um mich anzupassen. Nach zwei, drei Spielen lief es dann aber sehr gut.
Würden Sie gern Schalker bleiben?
Caligiuri: Ich fühle mich hier wohl, meine Frau auch. Ich lebe Schalke. Wir können uns gut vorstellen, hier zu bleiben.