Gelsenkirchen/Bochum. Einigen Profiklubs droht bis Juni die Insolvenz. Schalke weicht konkreten Fragen aus, der VfL spricht offen darüber. Beide haben einen Wunsch.

Es ist fast eine Wunschvorstellung eines Fußballprofis, eine ganze Umkleidekabine nur für sich zu haben. Für die Spieler des Bundesligisten FC Schalke 04 geht dieser Wunsch momentan in Erfüllung – und doch ist dies kein Grund zur Freude. Es sind Vorsichtsmaßnahmen in Zeiten der Corona-Krise. Schalkes Trainer David Wagner bereitet sein Team auf den Tag vor, an dem wieder gespielt werden kann. Die Offiziellen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hoffen auf Geisterspiele ab Mai – denn, so schrieb der Kicker, 13 der 36 Profiklubs droht bis Juni die Insolvenz, wenn die letzte Rate der TV-Gelder nicht fließt, vier Erst- und neun Zweitligisten. Und ohne Spiele gibt es kein Geld.

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Sind auch die Ruhrgebietsvereine betroffen? Borussia Dortmund nicht. Der BVB wird keine Liquiditätsprobleme bekommen, auch dank eines erhöhten Kreditrahmens – das hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke oft betont.

Schalke spart zehn Millionen Euro

Bei Schalke 04 sieht das etwas anders aus. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies sagte der Welt am Sonntag: „Um Schalke mache ich mir große Sorgen, weil keiner genau weiß, mit welchem Szenario wir planen können. Es ist wichtig, dass nach den richtigen Maßnahmen, die ergriffen wurden, endlich wieder gespielt wird.“ Auf Anfrage dieser Zeitung, ob Schalke zu den gefährdeten Vereinen gehöre, reagierte der Klub mit dem Satz, dazu nichts zu sagen.

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Die Recherchen dieser Zeitung ergaben, dass die Königsblauen im April und Mai nicht handlungsunfähig sein werden. Erster Grund ist der Gehaltsverzicht von rund 70 Mitarbeitern – darunter sind die Profis, das Trainerteam und der Vorstand. Schalke spart rund zehn Millionen Euro. Sollte auch im Mai nicht gespielt werden – und das ist der zweite Grund – sieht Schalke noch andere Möglichkeiten, um im laufenden Betrieb Geld einzusparen. Das deutete auch Clemens Tönnies an: „Wir haben gerade einen Kassensturz gemacht und rechnen aktuell Szenarien durch, auf die wir uns einstellen.“ Welche Szenarien das genau sind? Das ließ Tönnies offen. „Ich würde mit der ungeschönten Wahrheit an die Öffentlichkeit gehen, wenn es notwendig wäre“, sagt er. Das ist noch nicht der Fall.

Doch es ist davon auszugehen, dass ein Saisonabbruch für Schalke, den Verein mit rund 198 Millionen Euro Verbindlichkeiten und einem Minus von rund 26 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2019, ein Horror-Szenario wäre – nicht im April und Mai, aber vermutlich ab Juni.

VfL Bochum hat keine Rücklagen

Konkreten Fragen weichen die Schalker aus – 25 Kilometer weiter im Südosten ist das beim Zweitligisten VfL Bochum anders. Bereits im Mai droht im schlimmsten Fall die Insolvenz, wie unsere Redaktion exklusiv erfuhr. „Wir beschäftigen uns schon seit Wochen mit der Thematik und sind damit sowohl in der externen wie internen Kommunikation stets transparent umgegangen. Die Insolvenz wäre ein Szenario, wenn keine der Maßnahmen von Vereins- oder Ligaseite greifen würde, quasi ein Worst-Worst-Case-Szenario. Wir tun derzeit und zukünftig alles dafür, dass dieses Szenario nicht eintreten wird“, sagte Ilja Kaen­zig, Sprecher der Geschäftsführung, dieser Zeitung. Er rechnet aber fest damit, dass der VfL keine Insolvenz anmelden muss: „Wir sind davon überzeugt, dass die Maßnahmen, die geplant sind, ganz oder in großen Teilen greifen.“

Beim VfL verzichten Lizenzspieler und Geschäftsführung auf zehn bis 15 Prozent des Gehalts, die meisten der 70 Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. Insgesamt muss der VfL nach Informationen dieser Zeitung einen niedrigen siebenstelligen Betrag einsparen oder vorab eintreiben. Kaenzig führt Gespräche mit den wichtigsten Partnern, der VfL kämpft um jeden Euro.

Schalke-Training in Kleingruppen

Dass Bochum so gefährdet ist, hat mit der Vergangenheit zu tun. Der VfL konnte zwar einen erheblichen Schuldenberg in den vergangenen Jahren abbauen, erhielt die Lizenz zuletzt stets ohne Auflagen und Bedingungen – allerdings hat der Verein keine Rücklagen. Der Gesamtetat liegt bei rund 34 Millionen Euro, der Lizenzspielerbereich kostet zwölf Millionen Euro – viel Geld.

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Viele Profiklubs – auch Bochum und Schalke – hoffen deshalb, dass die TV-Rechteinhaber ihre letzte Rate nicht erst im Mai überweisen, wie es festgeschrieben ist, sondern bereits Ende April. Erste positive Signale gibt es. Doch ein Teil des Deals wäre, dass die DFL garantiert, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Ob das möglich ist?

David Wagner jedenfalls muss seine Spieler auf diesen Tag X vorbereiten, und er kann nach Genehmigung der Behörden nun Sieben-Mann-Gruppen bilden – da sind auch taktische Übungen möglich. Ein kleines Detail wie dieses ist deshalb in schweren Zeiten schon eine gute Nachricht.