Bochum. Dem VfL Bochum droht in einem „worst-worst-case-Szenario“ die Insolvenz. Der Zweitligist rechnet aber fest damit, dass es nicht dazu kommen wird.

Im schlimmsten Fall droht dem VfL Bochum, ebenso wie sechs weiteren Fußball-Zweitligisten sowie einem Bundesligisten, bereits im Monat Mai als Folge der Coronakrise die Zahlungsunfähigkeit. Der Verein geht aber davon aus, dass er nicht zum Gang vor das Insolvenzgericht gezwungen sein wird.

„Wir beschäftigen uns schon seit Wochen mit der Thematik und sind damit sowohl in der externen wie internen Kommunikation stets transparent umgegangen. Die Insolvenz wäre ein Szenario, wenn keine der Maßnahmen von Vereins- oder Ligaseite greifen würde, quasi ein Worst-Worst-Case-Szenario. Wir tun derzeit und zukünftig alles dafür, dass dieses Szenario nicht eintreten wird“, sagte Ilja Kaenzig, der Sprecher der Geschäftsführung des VfL, am Samstagmorgen dieser Redaktion. „Alle Bemühungen, die derzeit laufen, haben dieses Ziel. Wir sind davon überzeugt, dass die Maßnahmen, die geplant sind, ganz oder in großen Teilen greifen. “

13 Erst- und Zweitligisten sollen akut bedroht sein wegen der Coronakrise

Nur wenn alle Maßnahmen, Geld einzusparen, einzunehmen oder in die Zukunft zu schieben, nicht greifen würden, müsste der Verein Insolvenz anmelden. Das ist, Stand jetzt, unwahrscheinlich, auch weil bis Juni insgesamt vier Erst- und neun Zweitligisten betroffen wären, wie der „kicker“ am Freitagabend berichtet hat. Deutsche Fußball-Liga, die Politik, Kreditinstitute, Vereine, TV-Rechteinhaber, um nur einige zu nennen, sie alle arbeiten an Lösungen, dass der Profifußball nicht zugrunde geht.

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Eine „Rettungsmaßnahme“ wäre natürlich, wie von der DFL bisher geplant, ab Anfang Mai (2. oder 9.) die Saison mit Geisterspielen fortzusetzen. Kommen sie zustande und fließt damit im Mai die vierte TV-Geld-Rate an die Klubs – für den VfL wären dies mehr als 3,5 Millionen Euro –, wäre die Insolvenz vorerst vom Tisch.

VfL Bochum spart bereits bei Spielern und Mitarbeitern Gehälter ein

Hintergrund der prekären Lage: Nach der Saisonunterbrechung wegen der Coronavirus-Epidemie sollten die 36 Profivereine der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eine Bestandsaufnahme vorlegen vor der letzten Videokonferenz-Versammlung am vergangenen Dienstag. Die Frage war: Wie lange halten die Klubs ohne Einnahmen und Gegenmaßnahmen wie etwa Einsparungen durch?

Im Vonovia-Ruhrstadion sollen die Lichter trotz der großen Coronavirus-Krise und finanzieller Probleme nicht ausgehen.
Im Vonovia-Ruhrstadion sollen die Lichter trotz der großen Coronavirus-Krise und finanzieller Probleme nicht ausgehen. © firo Sportphoto | firo Sportphoto/Ralf Ibing

Nicht berücksichtigt sind bei diesem „Worst-Case-Szenario“ sämtliche Maßnahmen wie etwa Kurzarbeit und Teil-Gehaltsverzicht der Profis, die beim VfL Bochum bereits im April eingeführt wurden. Lizenzspieler und Geschäftsführung verzichten bis Ende Juni auf zehn bis 15 Prozent ihrer Gehälter, die meisten der rund 70 Mitarbeiter sind seit April in Kurzarbeit. Unterm Strich muss der VfL Bochum allerdings nach WAZ-Informationen einen niedrigen siebenstelligen Betrag einsparen bzw. eintreiben, um dem „Corona-Effekt“entgegenzuwirken – also ausbleibenden TV-Geldern, Zuschauer- und Vermarktungseinnahmen sowie möglichen Zahlungsausfällen von Kunden, die selbst von der Krise betroffen sind, plus mögliche zukünftige Regressansprüche.

Ilja Kaenzig setzt auch darauf, Zahlungen in die Zukunft zu schieben

Mehrere Aktionen laufen, werden verhandelt, diskutiert, beantragt. So erhofft sich der Profifußball ebenso wie andere große Sportverbände (Handball, Basketball u.a.) eine Stundung der Beiträge für die Verwaltungsberufsgenossenschaft, allein im Profifußball steht nach WAZ-Informationen hier eine Summe von insgesamt 50 Millionen Euro im Raum. Erste Signale soll es auch von den TV-Rechteinhabern geben, Zahlungen eventuell vorzuziehen.

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Der VfL Bochum ist zudem im ständigen Austausch mit den wichtigsten Partnern und Sponsoren, darunter selbstverständlich auch die Sparkasse Bochum und die Stadt. Ilja Kaenzig sagt: „Wir sind auf allen Gebieten aktiv, um Zahlungen in die Zeit zu schieben, in der Geld wieder fließen kann.“

Dass Bochum zu den sieben Zweitligisten gehört, die es bereits im Mai im schlimmsten Fall erwischen könnte, hat auch viel mit der Vergangenheit zu tun. Zwar konnte der einst übermächtige Schuldenberg schrittweise abgebaut werden, wurde die Lizenz zuletzt regelmäßig ohne Auflagen und Bedingungen erteilt, doch Rücklagen für harte Zeiten konnte der Klub nicht bilden. Rücklagen, die nun dringender nötig wären als jemals befürchtet. Der Gesamtetat des VfL liegt in dieser Saison bei rund 34 Millionen Euro, der Lizenzspieleretat war mit rund 12 Millionen Euro veranschlagt.

Auch die Zeit nach der Coronakrise wird nicht nur für den VfL Bochum hart

Der VfL Bochum rechnet letztlich damit, dass (vermutlich alle) Profiklubs die Coronakrise finanziell überleben, ahnt aber, dass die Herausforderung in der Saison danach nicht einfacher wird. Wenn etwa vorgezogene Gelder fehlen würden und auch auf dem Transfermarkt wohl vorerst nicht die zuletzt erzielten Preise zu holen sind. Dies betrifft freilich nicht nur den VfL Bochum.

Die Mitgliederversammlung der DFL hatte bereits am vergangenen Dienstag vorsorglich beschlossen, dass es bei Insolvenzen in der laufenden Saison keine Punktabzüge und in der kommenden Saison nur den Abzug von drei Punkten geben werde.

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