Gelsenkirchen. Schalkes neuer Trainer zündet die ersten Funken an. Er tickt anders als Vorgänger Domenico Tedesco und überzeugt seine Mitmenschen auf seine Art.
David Wagner blieb einen Moment stehen, zog sich seine Kappe zurecht und setzte sich dann hin. Für die 14 Fotografen, die sich unmittelbar vor ihm und seinen beiden Co-Trainern Christoph Bühler und Frank Fröhling postiert hatten, war das ein lohnendes Motiv. Die Auslöser klickten: Die ersten Fotos des neuen Schalker Trainers waren im Rahmen des Testspiels bei Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen (3:1) im Kasten. Wenn Schalke 04 Mitte August bei Borussia Mönchengladbach in die neue Bundesliga-Saison startet, wird die Fotografenschar noch weitaus größer sein.
Wagner weiß, worauf er sich bei Schalke einlässt. Bei den Königsblauen steht er total im Fokus des Interesses. Jedes Wort von ihm findet bundesweit Beachtung. Sein Vorgänger Domenico Tedesco erlebte als junger Trainer eine königsblaue Achterbahnfahrt. Erst Vizemeister und gefeiert, dann abgestürzt und entlassen. Das alles binnen weniger Monate. Schalke ist extrem.
Wagner soll Schalke flott machen
Mit 47 Jahren ist Wagner schon deutlich erfahrener als Tedesco. Der 33-jährige Deutsch-Italiener fing die Menschen um ihn herum mit überdimensionaler Herzlichkeit, Höflichkeit und Respekt. Seine Profis herzte und drückte Tedesco bei fast allen sich bietenden Gelegenheiten. Die Bindung zwischen Team und Trainer war über Monate eng. Der zu Norwich City abgewanderte Ralf Fährmann sagte einmal gegenüber dieser Zeitung: „Wenn Tedesco uns gesagt hätte, dass wir vor die Wand laufen sollen, dann hätten wir das getan.“ Irgendwann fuhr der Karren gegen die Wand.
Jetzt soll David Wagner Schalke wieder flott machen. Die Distanz zu seinen S04-Profis ist, zumindest draußen in der Öffentlichkeit, größer als unter Tedesco. Wagner umarmt niemanden, er erdrückt keinen. „Ich überzeuge ganz gerne die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite“, sagt der neue Schalker Hoffnungsträger. In Oberhausen griff Wagner bei Spielunterbrechungen ein, holte Bastian Oczipka oder Amine Harit zu sich an die Seitenlinie, um ihnen kurze Anweisungen zu geben. Auch Rabbi Matondo bekam direkt nach seinem Führungstor ein paar Sätze gesagt. Zwei, drei Gesten, danach kehrte Matondo auf seine Position im Angriff zurück.
Der neue Trainer kann auch anders
Dass Wagner auch explodieren kann, bewies er gleich zu Beginn der Vorbereitungspartie, als Nationalspieler Sebastian Rudy böse abgeräumt wurde und behandelt werden musste. Wagner sprang auf, stemmte die Arme in die Hüften und polterte Richtung Schiedsrichter. Kurz darauf schickte er Co-Trainer Fröhling zum Schiri-Assistenten, um auch von dieser Seite einzuwirken. Wagner: „Anfangs ging es mir etwas zu ruppig zu. Das hat sich dann aber zum Glück gelegt. Bei uns sind alle gesund geblieben. Das ist die allerbeste Nachricht gewesen.“
Boujellab fällt aus
Talent Nassim Boujellab (20) fehlt Schalke in den nächsten Tagen. „Er hat eine Sehnenreizung, es wird ein paar Tage, vielleicht auch zwei Wochen dauer“, sagt Trainer David Wagner.
Somit sieht es für den Offensivmann im Hinblick auf das Lauftrainingslager in Herzlake (16. bis 19. Juli) eher schlecht aus. Wenn Schalke sein Vorbereitungs-Camp im österreichischen Mittersill (26. Juli bis 3. August) aufschlägt, soll Boujellab wieder dabei sein,
Nach dem Spiel nahm sich Wagner noch ausgiebig Zeit für den Gegner. Mit Oberhausens Trainer Mike Terranova (42) plauderte der Schalker Fußball-Lehrer locker-sympathisch über den Test. „David hat gesagt: Wir hätten ein, zwei Tore machen müssen – und nicht können. Diese Ehrlichkeit hat mir sehr gut gefallen. Vor dem Anpfiff hat er mir ein paar Sachen über seine Zeit bei Huddersfield in England erzählt. Ich habe kein bisschen Distanz zwischen uns gespürt“, so Ruhrpott-Junge Terranova, der fest davon ausgeht, „dass diese Art bei seinen Spielern sehr gut ankommen wird.“
Oberhausen-Coach Terranova begeistert
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Terranovas Fazit: „David Wagner ist kein Professor, er lässt dich zu keinem Zeitpunkt spüren, dass er etwas Besseres ist. Man sagt ja immer, dass der erste Eindruck bei einem Menschen zählt: Und der war richtig gut.“ Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider hatte bei Wagners Vorstellung hervorgehoben, dass der neue Trainer in der Lage ist, „Menschen zu begeistern und sprichwörtlich den Laden anzuzünden.“ Es scheint so, als würden bei Schalke zumindest die ersten Funken fliegen.