Dortmund/Gelsenkirchen. 2007 zerstörte der BVB am vorletzten Spieltag Schalkes Meisterschaftsträume. Nicht nur für Christian Pander eine seiner größten Enttäuschungen.
Michael Zorc braucht man mit solchen Vergleichen gar nicht erst kommen. „Man kann die Ausgangslage nicht mit 2007 vergleichen“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund, wenn es um das anstehende Revierderby gegen den großen Rivalen Schalke 04 geht (Samstag, 15.30 Uhr/ARD und Sky). „Das sind ganz andere Mannschaften mit ganz anderen Trainern.“ Thomas Doll etwa leitete damals die Dortmunder Truppe an, in der noch Profis wie Marc-André Kruska, Florian Kringe und Steven Pienaar spielten. Auf der anderen Seite Manuel Neuer, Mesut Özil, Marcelo Bordon und Kevin Kuranyi, trainiert von Mirko Slomka.
Lange ging es nicht mehr um so viel
Fast alles hat sich geändert, die damalige Konstellation allerdings kommt der aktuellen erstaunlich nahe – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen: Schalke hatte am vorletzten Spieltag alle Chancen auf die Meisterschaft, ging sogar als Tabellenführer ins Derby. Und der BVB bemühte sich, eine verkorkste Saison noch irgendwie zu einem versöhnlichen Ende zu bringen. Man muss bis zu jenem 12. Mai vor zwölf Jahren zurückgehen, um ein Derby zu finden, in dem es um ähnlich viel ging, in dem der Druck auf die Beteiligten ähnlich groß war – auch wenn sie sich schon damals mühten, diesen nicht zu nah an sich heranzulassen. „Bei mir hat die Vorfreude überwogen“, sagt Christian Pander im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich habe mich gefreut, dass wir noch oben dran waren und die Chance hatten, den Titel zu holen, auf den der Klub und die Fans so lange gewartet hatten.“ Mit einem Sieg hätten Pander und seine Kollegen im Stadion ihres großen Rivalen Meister werden können, entsprechend aufgeladen war die Atmosphäre vor dieser Partie: Das BVB-Stadion war ausverkauft, 70.000 Menschen hatten sich zudem zum Public Viewing in der Schalker Arena versammelt.
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Sie erlebten mit, was der Linksverteidiger Pander, der mit 17 Jahren von Preußen Münster nach Schalke gewechselt war, „einen der bittersten Momente meiner Karriere“ nennt: eine 0:2-Niederlage durch Tore von Alexander Frei (44.) und Ebi Smolarek (85.). Auf Schalke flossen Tränen, in Dortmund rangen die Königsblauen um Fassung. „Mit einigem Abstand habe ich schon das Gefühl, dass uns die Konstellation etwas gehemmt hat, dass wir einen großen Rucksack aufhatten“, erinnert sich Pander. „Weil wir natürlich im Kopf hatten, wie groß die Chance auf die Meisterschaft ist. Die wollten wir so gerne für uns selbst und alle Menschen in der Region holen.“
Entsprechend groß war die Enttäuschung: „Ich kann mich nicht erinnern, dass sonst jemals eine so schlechte Stimmung in der Kabine war“, sagt der 35-Jährige.
Ganz anders natürlich die Gefühlslage bei den Dortmundern: „So viele Autos konnte ich gar nicht fahren, wie mir angeboten wurde, sie von glücklichen BVB-Anhängern waschen zu lassen“, sagt der Torschütze Alex Frei im Kicker. Weil die Partie am vorletzten Spieltag stattfand, „war mir bewusst – und auch ein Thema in der Mannschaft –, dass wir die Saison ideologisch retten konnten, indem wir zum einen Schalke schlagen und ihnen zum anderen die Meisterschaft wegnehmen.“ Das gelang: Der VfB Stuttgart zog vorbei und sicherte sich am letzten Spieltag die Meisterschaft.
Ein Sieg könnte vieles zurechtrücken
Zwölf Jahre später kann sich Schalke rächen: „Ein Derbysieg würde in der aktuellen Situation sicher sehr gut tun und wäre ein etwas versöhnlicher Abschluss dieser Saison“, sagt Pander. „Vor allem für die Fans, die so viel gelitten haben, wäre es eine kleine Genugtuung. Das lässt die Saison zwar nicht komplett vergessen – aber vielleicht für diesen einen Tag.“
Diese eine Parallele sieht auch Zorc, der schon 2007 die sportliche Verantwortung trug: „Natürlich wissen wir, dass sie mit einem Sieg sehr vieles an ihrer Saison zurechtrücken können“, sagt er. „Es liegt an uns, das zu verhindern.“