Gelsenkirchen. Schalke-Legende Rüdiger Abramczik kann im Juni nicht in den S04-Aufsichtsrat gewählt werden. Die Entscheidung hat der Wahlausschuss getroffen.

Am Tag danach fallen unter Eingeweihten Begriffe wie „Politik“ und „spektakulär“. Und das trifft es in der Tat ganz gut. Es hat auf Schalke durchaus für Aufsehen gesorgt, dass der frühere Nationalspieler Rüdiger Abram­czik (62) für die im Juni anstehende Wahl zum Aufsichtsrat des Klubs nicht als Kandidat zugelassen wurde. Viele Fans fragen sich: Warum ist „Abi“, eine sportliche Größe des Klubs in den 1970er-Jahren, beim Wahlausschuss durchgefallen?

Die Antwort ist nach Recherchen dieser Redaktion: Bei der Auswahl der bis zu vier Kandidaten ging es auch um Vereinspolitik. Neben dem beliebten Jahrhundert-Trainer Huub Stevens, dem Frankfurter Banker Moritz Dörnemann und dem derzeitigen S04-Aufsichtsrat Thomas Wiese sollte auch eine Frau für die Wahl nominiert werden, die noch dazu in Fan-Kreisen sehr bekannt ist. Ihr Name: Ilona Caroli (74).

Rüdiger Abramczik und Ilona Caroli waren zwei von insgesamt zehn Kandidaten, die in diesem Jahr ihre Bewerbung zum Aufsichtsrat abgegeben hatten. Die Schalker Vereinssatzung schreibt es vor, dass alle Bewerber zuvor vom sogenannten Wahlausschuss auf ihre Eignung für das Amt geprüft werden; dies geschieht in einer persönlichen Vorstellung, die in diesem Jahr am 20. März abgeschlossen war. Auch Abramczik durfte seine Vorstellungen darlegen, das Gespräch dauerte eine gute halbe Stunde. Dem Vernehmen nach gab es dabei an seiner Bewerbung wenig auszusetzen.

Wahl „keine Abwertung“

Vorsitzender des Wahlausschusses ist Michael Zylka, der auf Schalke Ende der 1980-er Jahre einmal als Drei-Tage-Präsident bekannt geworden ist: Drei Tage nach seiner Wahl zum Schalke-Boss trat er wieder zurück. Insgesamt gehören acht Vereinsmitglieder dem Gremium an, darunter auch Ex-Profi Mathias Schipper (60), der mit Abramczik früher zusammen Fußball gespielt hat. Weil der Wahlausschuss seine Kandidaten-Auswahl nicht begründen muss, gibt es keine offizielle Erklärung, warum Abramczik nicht zugelassen wurde.

Eine Wortwahl, die Zylka so übrigens im Gespräch mit dieser Redaktion nicht stehenlassen wollte. Das Votum gegen Abramczik sei „keine Abwertung“, beteuerte der 67-Jährige und versicherte vielmehr: „Aus einem Kreis fähiger Kandidaten wurden vier ausgewählt.“ Mehr lässt die Vereinssatzung nicht zu, da im Aufsichtsrat nur zwei Plätze neu zu besetzen sind.

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Die Kriterien, nach denen der Wahlausschuss die Kandidaten auswählt, sind in der Geschäftsordnung festgehalten. Dort ist nachzulesen, dass Abramczik seine Vergangenheit als berühmter Nationalspieler nicht allein für das Amt eines Schalker Aufsichtsrates befähigt; die Anforderungen gingen „weit über den sportlichen Bereich hinaus“. Maßgeblich ist zum Beispiel auch „Erfahrung auf dem wirtschaftlichen Gebiet“. Dass dieses Kriterium am wichtigsten sei, konnte Zylka allerdings nicht bestätigen. Er sagte auf Anfrage: „Entscheidend ist, dass es im Aufsichtsrat eine Ausgewogenheit gibt.“

Aufsichtsrat ohne Frau

Und dies ist der Punkt, der Schalke-Insidern zufolge gegen Abramczik gesprochen hat: Mit Huub Stevens gibt es ja bereits einen Bewerber, der aus dem Fußball kommt, und an dessen Wahl es bei der Mitgliederversammlung am 3. Juni kaum einen Zweifel gibt. Die Vorzüge von Abramczik würden in eine ähnliche Richtung gehen.

Dagegen fehlt im Schalker Aufsichtsrat bisher eine Frau: Das Gremium ist derzeit ausschließlich mit Männern besetzt – elf an der Zahl, mit Clemens Tönnies an der Spitze.

Ob Ilona Caroli nun sie erste Frau im Schalker Aufsichtsrat wird, müssen die Mitglieder entscheiden. Die erste Runde hat sie auf jeden Fall gewonnen – gegen Rüdiger Abramczik.