6000 Schalker kamen zum Derby-Rudelgucken in die Arena
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Gelsenkirchen. . Über 6000 Fans verfolgten das Derby auf Fernsehern in der Arena. Die Fahrt nach Dortmund lehnten sie wegen verschärfter Sicherheitsbestimmungen ab.
Der Schalverkäufer fehlt. Ansonsten fühlt sich der Weg vom Parkplatz an wie ein ganz normales Heimspiel in der Arena, die Halle thront hoch über dem Fußweg an den Autos vorbei: Märkischer Kreis, Soest, Duisburg, Hochsauerlandkreis, sogar ein Auto mit Dortmunder Kennzeichen.
Von Andreas Ernst, aufgezeichnet in der Mixed Zone
Von der Fußgängerbrücke, die zur S-Bahn führt, schallt es herüber: „Die Nummer eins im Pott sind wir!“ Ein letztes Dosenbier wird geöffnet und vier Schalker mit Raúl, Sané, Thon und Thorsten auf dem Trikot geflockt, diskutieren über die Aufstellung. Viel Blau und Weiß ist zu sehen, viel Schwarz, etwas Grün, ein wenig Brombeerfarben. Kein Gelb, wie immer.
Schalke-Ultras rufen zum Boykott auf
Nur der Verkäufer, der die aktuellen Sonderpreise für Spielschals und Mützen brüllt, der fehlt. Kein Wunder, denn in der Veltins-Arena wird an diesem Sonntag kein Fußball gespielt, sondern nur geguckt. Am Stadion ist dann alles anders: Nur der Eingang West ist offen, ins Stadion kommt man erst in der Mitte der Nordkurve, allerdings auch nur in den Umlauf. Die Blöcke sind geschlossen.
Die Fans sammeln sich vor den zahlreichen Monitoren vor den Verkaufsbuden, um das Derby auf dem Fernseher zu gucken, nicht im Stadion. Die Ultras Gelsenkirchen hatten zum Boykott aufgerufen, um gegen ein reduziertes Ticketkontingent und Anreisebeschränkungen zu protestieren. Mehr als 100 Fanclubs haben sich diesem Aufruf angeschlossen, 6000 Fans verfolgen das Spiel gegen den ungeliebten Reviernachbarn aus Dortmund lieber vor den Fernsehern in der Arena statt im Stadion des BVB.
Als um kurz vor 15.30 Uhr das Fernsehsignal auf den Bildschirmen erscheint – Shinji Kagawa in Großaufnahme. Pfiffe und Schmähgesänge in der Arena. Dann Applaus, als Max Meyer zu sehen ist.
Die Stimmung in der Arena kocht
Ab Block N4 in Richtung Osten bis zu den Ecken der Blöcke I und K stehen die Menschen noch locker in Grüppchen, dahinter wird es richtig voll. Im Osten des Stadions, vor den Blöcken O und P ist es laut und hitzig, die Besucher stehen auch draußen, drücken sich die Nase an der Glasfassade platt, bis Block U.
Verhaltener Beginn auf dem Feld, aber die Stimmung auf Schalke kocht, jede Grätsche wird bejubelt, jeder Pfiff des Schiedsrichters angezweifelt. Entsetzen und Schockstarre, als Kagawa trifft, Ekstase bei Huntelaars Ausgleich. Jubeltrauben, High-Fives, fliegende Bierbecher – wie immer, wie im Block.
Auch wenn die Köpfe hängen: Die Leistung war okay, da sind sich alle einig, es hätte schlimmer kommen können. Sané und Fährmann sind Granaten, das wissen hier sowieso alle, der Hunter netzt wieder, ist doch auch was.
Gedrückte Stimmung nach dem Spiel
Draußen vorm Eingang stehen zwei Jungs Anfang zwanzig, Hendrik und Henrik heißen sie, und diskutieren. War es nun gut, die Derbyniederlage nicht in Dortmund miterlebt zu haben? „Natürlich wären wir gerne im Stadion gewesen, aber unter diesen Voraussetzungen ging das einfach nicht, schade“, sagt der eine. Der andere meint: „Ich war beim 0:3 im Februar dabei – das war einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Hier ist es erträglicher.“
Darum geht es beim Boykott auch gar nicht, den können und werden die Beteiligten sicher als Erfolg werten. Das interessiert auf dem Weg zurück zum Parkplatz aber nicht. Wortlos geht es in den Sonnenuntergang, die Stimmung ist gedrückt. Schlimmer als nach einer Niederlage. Das war keine normale Niederlage, das war das Derby. „Gegen die zu verlieren, ist immer scheiße, egal wo du bist.“
Einen Spielschal hätte heute sowieso niemand gekauft.
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