Gelsenkirchen. Nur ein Sieg aus sechs Pflichtspielen: Im Oktober ging bei Schalke 04 wenig. Die nächsten Gegner haben es in sich: BVB, FC Bayern, Leverkusen.
Es lief wie in einem Märchen. Noch im Mai schien beim FC Schalke 04 das Verhältnis zwischen Mannschaft, Trainer, Aufsichtsrat und Vorstand irreparabel zerstört. Fünf Monate später hat sich das scheinbar komplett geändert. Die Mannschaft kämpft, die Fans ziehen mit - und bis Ende September stimmten die Ergebnisse. Von den ersten zehn Pflichtspielen gewann Schalke bis dahin acht, kletterte in der Bundesliga auf den dritten Platz und überzeugte auch in den Pokalwettbewerben.
Im Oktober jedoch ging eine Menge schief. Von sechs Pflichtspielen gewannen die Königsblauen nur eins - und das gegen Hertha BSC glücklich in Überzahl in der Nachspielzeit (2:1). Nach dem mageren 1:1 gegen Aufsteiger Ingolstadt sagte Kapitän Benedikt Höwedes sogar über die erste Halbzeit: "Das war ein Rückfall in alte Zeiten." Alte Zeiten wie unter Jens Keller und Roberto Di Matteo in der vergessen geglaubten vergangenen Saison. Erstmals unter Breitenreiter gab es ein lautes Pfeifkonzert, als es zur Pause 0:1 stand.
Den dritten Platz hat Schalke nun verloren, im DFB-Pokal schied S04 gegen Mönchengladbach unglücklich in der 2. Runde aus (0:2) - und im November kommen die schweren Brocken. In der Bundesliga geht es zunächst nach Dortmund (8. November), dann gegen den FC Bayern (21. November) und schließlich nach Leverkusen (29. November). Der Absturz ins Mittelfeld droht.
Schalke fürchtet den November-Blues. Was ist schief gegangen?
Manager-Theater: Bleibt Horst Heldt oder geht er?
Am 14. Oktober vermeldeten auch wir: "Mainzer Heidel soll angeblich Schalke-Manager werden". Dass Schalke seitdem nicht mehr überzeugt, kann Zufall sein - ist es aber wahrscheinlich nicht. Denn nicht nur die Fans diskutieren über das Thema, auch die Spieler in der Kabine. Für einige geht es um die persönliche Zukunft. Sie wissen nicht, mit wem sie über eine Vertragsverlängerung verhandeln sollen, was der Verein plant. Seit zweieinhalb Wochen warten alle Schalker auf eine Entscheidung. Heldt muss gehen, das steht fest. Ebenso, dass der Mainzer Christian Heidel nicht sofort kommen kann. Die Frage: Geht Heldt sofort und hinterlässt vorübergehend eine Lücke oder bleibt er bis zum Saisonende? Das will Heldt in einem Gespräch mit Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies klären.
Wann? "Zeitnah", betonte Heldt nach dem Spiel gegen Sparta Prag am 22. Oktober. Danach geschah neun Tage lang nichts - und am 31. Oktober erklärte Heldt erneut: "Zeitnah." Breitenreiter und Höwedes geht das Chaos auf die Nerven. "Ich wünsche mir, dass die Sache irgendwann geklärt wird", erklärte Höwedes nach dem Ingolstadt-Spiel. Zuvor hatte Breitenreiter verkündet: „Die Unruhe nehmen wir alle wahr. Die handelnden Personen sind jetzt an der Reihe, sich zu erklären.“
Zwischen Heldt und Breitenreiter stimmt es nicht mehr
Horst Heldt und André Breitenreiter - das schien vom ersten Moment an zu stimmen. Der neue Trainer verbreitete eine positive Stimmung, Heldt korrigierte einige Fehler der Vorsaison, erarbeitete sich neue Anerkennung für sein Krisenmanagement. Doch jetzt knirscht es. "Wie lange geht das noch gut?", fragte "Bild" am Samstag seine Leser sogar. Beide gaben sich nach dem Ingolstadt-Star (natürlich) überrascht. Von Dissonanzen könne nicht die Rede sein, sagte Breitenreiter: "Das ist überhaupt nicht wahr." Heldt ergänzte beim ZDF: "Wir arbeiten intensiv, vertrauensvoll und gut zusammen."
Die Beiden sind nicht hoffnungslos zerstritten - aber Einigkeit in allen Punkten besteht längst nicht mehr. Breitenreiter weiß genau, dass er nicht mehr lange mit Heldt zusammenarbeitet und die Zukunft mit einem anderen Sportvorstand besprechen muss. Seine allgemeine Kritik nach dem Ingolstadt-Spiel galt auch dem aktuellen Manager. "Unser Kader ist nicht so breit aufgestellt wie der von Bayern, Dortmund, Gladbach, Leverkusen und Wolfsburg", sagte der Trainer. Er ging sogar ins Detail: "Wir haben wenige Optionen zu wechseln in der Offensive." Dass Schalke keinen Ersatz für Julian Draxler (ging für 36 Mio Euro nach Wolfsburg) verpflichtete, stört Breitenreiter sehr.
Schalke fehlt das Glück
Als es zu Saisonbeginn gut lief, gelang Schalke alles. S04 siegte sogar in Stuttgart mit 1:0, obwohl der VfB ein brillantes Spiel absolvierte und sich ein Dutzend erstklassiger Möglichkeiten erarbeitet hatte. Auch beim 2:0 im Heimspiel gegen Frankfurt hatte Schalke Glück - ein Unentschieden wäre das gerechte Ergebnis gewesen. Das 2:1 gegen Hertha BSC fiel in der Nachspielzeit. Nun fehlt das Glück: Zwei Fehlentscheidungen von Schiedsrichter Stark führten zum Beispiel zur 1:3-Niederlage in Mönchengladbach.
Die Torjäger-Krise: Huntelaar und Di Santo harmonieren nicht
Die heftigste Breitenreiter-Kritik bekamen Klaas-Jan Huntelaar und Franco Di Santo ab. "Uns fehlt ein Knipser wie ihn jeder andere Top-Verein hat", sagte der Trainer am Samstag. Dabei gehört Huntelaar unbestritten zu den besten europäischen Stürmern in den vergangenen Jahren. In der Bundesliga hat Huntelaar bisher aber erst zweimal getroffen, Di Santo noch gar nicht. Die Beiden harmonieren nicht - und ein bisschen Selbstkritik würde Breitenreiter nicht schaden. Di Santo (kam für 6 Mio Euro aus Bremen) war sein Wunschstürmer. Ihm ist es bisher nicht gelungen, Di Santo vernünftig ins Passspiel einzubinden - bei allem Fleiß in der Arbeit gegen den Ball. Wäre nicht schlecht, wenn Stürmer auch mit dem Ball regelmäßig gut arbeiten würden.
Die Abwehr-Krise: Ohne Benedikt Höwedes lief es besser
Monatelang fiel Kapitän Benedikt Höwedes aus - jetzt ist er wieder fit und in der Stammformation. Die Zahlen zeigen: Ohne Höwedes lief es besser. In sechs Pflichtspielen stand Höwedes in der Startelf - in diesen Partien gab es neun Gegentore. In den anderen zehn Pflichtspielen kassierte Schalke nur acht Gegentore. Der unumstrittene Joel Matip harmonierte in der Innenverteidigung bisher besser mit Roman Neustädter. Höwedes benötigt Einsätze, um seine Topform zu erreichen. Hat Schalke diese Zeit?
Keine Konzentration mehr über 90 Minuten
Ein gutes Spiel von der ersten bis zur letzten Minute lieferte Schalke im Oktober nicht, nur gute Phasen wie gegen Mönchengladbach in der ersten Hälfte oder beim 1:1 gegen Ingolstadt ab der 65. Minute. Fehlte am Samstag sogar die Leidenschaft? "Würde ich nicht so sehen", sagte Heldt und stellte sich generös vor die Mannschaft. Hätte er gar nicht machen müssen. "Wir müssen zu alter Leidenschaft und Begeisterung finden", erklärte Höwedes. Es gibt doch ein Konzentrations- und Leidenschaftsproblem!
Fazit
Nach dem tollen Saisonstart träumten die Fans schon von der Champions League. Sie hofften, die vergangene Saison sei nur ein Ausrutscher gewesen. Nun folgt die böse Landung: Schalke ist keine Spitzenmannschaft. Vor dem harten November redet Breitenreiter sogar von "Bonusspielen" gegen Dortmund, Bayern und Leverkusen. "Auch der große FC Schalke darf sich keinen Zacken aus der Krone brechen, das mal einzugestehen. Diese Kader sind mit fertigen, gestandenen Spielern ausgestattet im Gegensatz zu uns", sagte Breitenreiter.
Vom FC Bayern ist ganz Deutschland weit entfernt. Die Schalker sehen im Moment auch Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Wolfsburg uneinholbar vorn. Anfang Oktober war diese Erkenntnis noch unvorstellbar.
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