Essen/Gelsenkirchen. Hauptsache kein Debakel. So hat sich Schalke das 0:2 gegen Real Madrid schön geredet. Die Wahrheit: Attraktiver Fußball ist seit Jahren kaum zu sehen.

Ja, man darf gegen Real verlieren. Nicht gerade 1:6, aber 0:2 schon. Auf diese Formel verständigten sich nach dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League die meisten Schalker Fans und viele professionelle Kritiker.

Ein Standpunkt, den es zu hinterfragen gilt. Liefert er doch einem Außenseiter quasi die Vorab-Entschuldigung für eine scheinbar unvermeidliche Niederlage. Würde jeder Underdog diese Einstellung verinnerlichen, könnten wir uns gleich die Pokalwettbewerbe sparen. Diese sind schließlich aus dem einzigen Grund ins Leben gerufen worden, den Kleinen die Möglichkeit zu geben, an einem Ausnahme-Tag selbst einen vermeintlich übermächtigen Gegner zu schlagen. In solchen Fällen pflegt die Szene von den „eigenen Gesetzen“ des Pokals zu reden.

Kein David-schlägt-Goliath-Coup

Voraussetzung für einen David-schlägt-Goliath-Coup ist freilich: Man muss schon auch gewinnen wollen! Was im schlimmsten Fall eine Klatsche, im besten aber auch eine Sensation bewirken kann. Nach der eingangs geschilderten Logik hätte auch Drittligist Dynamo Dresden zu Saisonbeginn in der ersten DFB-Pokalrunde gegen Schalke verlieren „dürfen“. Die Sachsen jedoch gewannen, weil sie über sich hinaus wuchsen und einen selbstsicheren Favoriten einschüchterten.

Auch Real Madrid hätte diesmal von einem zu allem entschlossenen Gegner in Bedrängnis gebracht werden können. Aber es reichte locker zum Sieg. Schalkes einzige echte Torchance (Lattenschuss) als Gegenargument ins Feld zu rufen, greift zu kurz. Die Körpersprache der Königsblauen zeigte, worum es ihnen ging: um Schadensbegrenzung. Das mag im Hinblick auf die Bundesliga eine nachvollziehbare Taktik gewesen sein. Zeigt aber auch das Schalker Dilemma auf.

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Keller-Nachfolger Roberto di Matteo hat unstrittig die Abwehr stabilisiert. Und solange in der Liga die Ergebnisse weitgehend stimmen (1:0 gegen Hannover, 1:1 in München, 1:0 gegen Gladbach) nehmen die Fans dies hin; zumal, weil sie noch genüsslich auf die Lage des Erzrivalen BVB verweisen können. Wenn allerdings die Resultate (zuletzt 0:1 in Frankfurt) nicht mehr stimmen, wird die Stimmung schnell kippen.

Von attraktivem, leidenschaftlichem Fußball sind auf Schalke schon seit Jahren allenfalls Spurenelemente zu sehen. Ihn jetzt ausgerechnet von di Matteo zu fordern, der im Ruf steht, nur Defensive zu können, wäre wohl zu viel verlangt. Aber spätestens nach der Rückkehr von Draxler und Goretzka wird sich der Druck auf den Coach, der mit Max Meyer derzeit einen Kreativspieler links liegen lässt, erhöhen, mehr als bloß Ergebnisse abzuliefern. Nur: Man muss ihn eben auch wollen – den spektakulären Fußball.