Essen. Andreas Winkler leitet die Nachwuchsabteilung des Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen. Im Interview spricht er über den Abstieg der U19, die Abmeldung der U23 und die angedachte Kooperation mit ETB Schwarz-Weiß Essen.

Die Rot-Weißen planen für die kommende Saison. Natürlich steht die Regionalliga-Mannschaft im Scheinwerferlicht, aber auch die Nachwuchsabteilung an der Seumannstraße hat wichtige Entscheidungen zu treffen. Vor allem, nachdem die U19 aus der Bundesliga abgestiegen und die U23 vom Spielbetrieb abgemeldet worden ist. Redakteur Rolf Hantel sprach mit Andreas Winkler, dem Leiter der Nachwuchsabteilung bei Rot-Weiss Essen.

Herr Winkler, haben Sie die Enttäuschung über den Abstieg der U19 schon verdaut?

Andreas Winkler: Mittlerweile ja, mir blieb auch keine Zeit dazu, lange mit dem Schicksal zu hadern. Wir haben natürlich immer zweigleisig geplant, alles andere wäre fahrlässig, weil man vorher ja nicht weiß, was passiert. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, mit den Trainern und Spielern gesprochen.

Mit welchem Ergebnis? Hat sich der Abstieg negativ ausgewirkt?

Winkler: Nein, was den Kader betrifft nicht. Bis auf einen U19-Spieler, für den die Anfahrt nach Essen zum täglichen Training einfach zu weit ist, werden alle Spieler, die wir halten wollten, auch bei uns bleiben. Aus dem U17-Bundesliga-Team kommen ebenfalls Top-Jungs, die bleiben, weil sie sich ebenfalls zu 100 Prozent mit Rot-Weiss Essen und mit unserer Ausbildungsarbeit identifizieren. Die externen Talente, die wir im Auge hatten, sind auch bei ihrer Zusage geblieben. So dass Jürgen Lucas und Enrico Schleinitz als Trainergespann auch in der Niederrheinliga eine starke Mannschaft zur Verfügung haben.

Die dann dort um den Aufstieg mitspielen wird.

Winkler: Wir gehören natürlich zu den Favoriten, aber es auch in dieser Liga genug starke Gegner. Die Chance, um den Aufstieg zu kämpfen, ist für die Jungs eine ganz andere Herausforderung, die aber auch ihren Reiz hat.

Haben Sie durch die Abmeldung der U23 Talente verloren?

Winkler: Beim älteren Jahrgang und dem Übergang in den Seniorenbereich ist die Fluktuation immer schon hoch gewesen. Das ist ganz normal. Aber mal ganz ehrlich, wenn die Jungs bei uns in der Junioren-Bundesliga spielen, haben sie doch nie das Ziel, später mal in die U23 oder in der Oberliga aufzulaufen. Da zählt einzig und allein die erste Mannschaft. Wichtig ist, dass wir den jungen Spielern stets das bestmögliche Training anbieten und die Talente möglichst individuell fördern.

Was passiert denn nun mit den Talenten bei RWE, die noch nicht reif sind für den Kader der Regionalliga-Mannschaft?

Winkler: Für die finden wir eine andere Lösung und werden sie weiter ganz genau im Blick haben. Das sind aktuell drei, vier Spieler, für die wir versuchen, einen Verein in der entsprechenden Spielklasse zu finden.

Was nicht ganz leicht ist.

Winkler: Nein, sicher nicht. Diese Jugendlichen haben zwar vier Jahre in der U17 und U19 bei uns in der Bundesliga gespielt, doch nun müssen den nächsten Schritt gehen und sich bei den Senioren behaupten. Wir möchten sie an Vereine vermitteln, bei denen wir Trainer, das Umfeld und die Spielphilosophie ganz genau kennen, damit sich die Jungs vernünftig entwickeln können. Ganz wichtig ist dabei, dass wir den persönlichen Kontakt halten. So wie Louis van Gaal in seinem Buch geschrieben hat: Talente, die man nicht sofort übernehmen kann und erstmal einen anderen Weg gehen müssen, stehen in der Scoutingliste immer ganz oben.

Und der 2.Bildungsweg funktioniert?

Winkler: Natürlich, und dafür gibt es auch prominente Beispiele. Marco Reus hat auch von Dortmund aus über Ahlen den Weg zum BVB zurückgefunden.

Angedacht war eine Kooperation mit dem ETB, was ist denn daraus geworden?

Winkler: Diese Kooperation wäre eine gute Sache, von der beide Seiten profitieren würden. Schließlich könnte man damit mehr gute Spieler in Essen halten.

Aber beim ist ETB hat es offenbar Bedenken gegeben, dass man die eigenen Talente an RWE verliert?

Winkler: Die Kooperation ist zunächst nur für den Übergang von U19 zur 1.Mannschaft geplant gewesen, diese Spieler hätten für ETB in der Oberliga auflaufen können. Für die Jugend-Abteilung gab es lediglich Absichtserklärungen. Und überhaupt: Die Gefahr, dass wir nur einseitig Talente vom ETB abziehen, sehe ich nicht. Essen ist eine so große Stadt, da können nicht alle guten Jungs nur bei uns spielen.

Kam der Widerstand beim ETB für Sie überraschend?

Winkler: Schon, ich bin immer davon ausgegangen, dass die Leute die mit uns am Tisch gesessen haben, auch die Fußball-Abteilung des ETB vertreten.

Die Jugendabteilung von RWE behauptet sich seit Jahren gegen die Bundesliga-Konkurrenz in unmittelbarer Nachbarschaft, die auch weit mehr Geld investiert. Wie funktioniert das in Essen?

Winkler: Wir müssen halt immer ein bisschen genauer hinschauen. Und wenn ein Jugendspieler vom VfL Bochum weggeschickt wird, heißt es dann, geh’ nach Essen, die haben mehr Geduld. Wenn wir uns im Trainerrat treffen, frage ich immer, wer aktuell die stärksten Spieler sind und welche das größte Potenzial haben. Das sind nicht immer diejenigen, die gerade für die Ergebnisse sorgen. Wir müssen zusehen, das wir genau diese Talente halten und individuell fördern.

Was macht die Arbeit bei RWE so besonders?

Winkler: Wir arbeiten miteinander und nicht jede Mannschaft für sich. Das funktioniert nur, wenn sich die Trainer untereinander verstehen. Hier sind die Wege kurz. Da schaut sich auch mal ein Trainer der U19 die U11 an. Oder man fragt vor einem schweren Spiel den anderen um Rat. Und bei diesem Spiel stehen dann auch schon mal sechs Trainer von uns an der Außenlinie und drücken die Daumen. Der eine ist für den anderen da. Und so empfinden es auch die Spieler, sie kommen gerne hierher, um zu trainieren und zu lernen.