Saarbrücken. Im Kampf um den Relegationsplatz ist für Rot-Weiss Essen alles möglich. Die Formkurve zeigt nach oben, vorne drückt der Schuh. Eine Analyse.
Wie schnelllebig das Fußballgeschäft sein kann, müssen auch wir Journalisten immer wieder feststellen. Nach der 1:3-Heimniederlage von Rot-Weiss Essen gegen die SpVgg Unterhaching hatte diese Redaktion den Essener Aufstiegskampf für beendet erklärt. Noch vor einigen Wochen vermittelte die Mannschaft nicht den Eindruck, als könne sie schon in ihrer zweiten Drittliga-Saison bis zum Schluss ganz oben mitmischen. Doch das Blatt hat sich noch einmal gewendet für RWE und auch wir haben dieses Essener Team zu früh abgeschrieben. Vier Spiele vor dem Saisonende liegt der Traditionsklub von der Hafenstraße nur drei Punkte hinter den Relegationsplatz und die Formkurve zeigt nach oben.
Möglich gemacht hat es ein beeindruckender Zwischenspurt. Seit sechs Spielen ist RWE ungeschlagen, zwölf Punkte wurden dem Konto in dieser Zeit gutgeschrieben, nur vier Gegentore haben die Essener kassiert, obwohl vier der sechs Spiele auswärts ausgetragen wurden. Auf fremden Plätzen hatte die Dabrowski-Elf in dieser Saison zuvor große Probleme gehabt.+++ RWE: Dabrowski über Sapina, Ingolstadt und ein weiteres Ziel +++
Rot-Weiss Essen in der Analyse
Rot-Weiss Essen hat möglicherweise noch rechtzeitig zurück in die Spur gefunden. Was RWE nun besser macht und für welches Problem Dabrowski noch keine Antwort gefunden hat, erklären wir in dieser Analyse. Zwei Dinge, die im Saisonfinale auffallen.
01: RWE ist defensiv deutlich stabiler
Alleine die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Vier Gegentore kassierte Rot-Weiss Essen in den letzten sechs Spielen, in den sechs Partien vor diesem Lauf waren es noch 13 Tore, die RWE schlucken musste. Essen hat es trotz einiger Ausfälle geschafft, deutlich stabiler zu stehen. In Saarbrücken, ein Topteam dieser Liga mit den drittmeisten Toren, ließ RWE über weite Strecken wenig Torchancen zu. Erst nach dem Ausgleich wackelten die Gäste für einige Minuten, fielen dann aber nicht.
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Wenn es eng wird, kann sich Rot-Weiss Essen auf den überragenden Torwart Jakob Golz und sein Innenverteidiger-Duo Felix Götze und Jose-Enrique Rios Alonso verlassen. Alle drei spielen seit Monaten auf einem herausragenden Niveau.
Rot-Weiss Essen überzeugt durch Ballsicherheit
Die sicherste Verteidigung ist ummer noch der eigene Ballbesitz. In Saarbrücken zeigte sich ein Reifeprozess dieser Mannschaft. Mit langen Ballbesitzphasen zog RWE den Saarbrückern im ersten Durchgang den Zahn. Die Ballsicherheit von Nils Kaiser hilft der Mannschaft weiter, auch Torben Müsel, Thomas Eisfeld und Lucas Brumme sind technisch auf einem hohen Level. So gelingt es den Essenern immer wieder, das Spiel an sich zu reißen und gleichzeitig für Entlastung zu sorgen. Die Fehlerquote ist zudem längst nicht mehr so hoch wie in den ersten Monaten der Saison, als vor allem im Aufbauspiel viele folgenschwere Ballverluste unterliefen.
02: Im Sturmzentrum von Rot-Weiss Essen ist viel Luft nach oben
Auf welchen Mittelstürmer wird Dabrowski in Saisonendspurt setzen? Die passende Lösung hat der RWE-Trainer noch nicht gefunden. Auf keiner Position tauscht er in diesem Kalenderjahr häufiger das Personal aus. Nach der Winterpause war Leonardo Vonic gesetzt, in Dresden und gegen Unterhaching durfte Ron Berlinski beginnen, anschließend war Moussa Doumbouya für einige Spiele der gefragte Mann. In Saabrücken war dann Vonic wieder an der Reihe.
Die Stürmer-Rotation ist auch der Tatsache geschuldet, dass keiner der drei zentralen Angreifer konstant abliefert. Vonic hat mit seinen 20 Jahren das größte Entwicklungspotential. Die RWE-Verantwortlichen sehen ihn als möglichen Stürmer der Zukunft. Trainer Dabrowski zählte ihn zuletzt aber aufgrund mangelnder Einstellung öffentlich an. Nach seinem Jokertor in Mannheim durfte der Kroate in Saarbrücken wieder starten und zeigte eine durchwachsene Vorstellung. Im zweiten Durchgang vertändelte Vonic eine Großchance. Spätestens ab der neuen Saison muss er beweisen, dass der Verein zurecht auf ihn setzt. Fünf Tore und sechs Assists sind bisher aber eine akzeptable Quote für einen Spieler in seinem Alter.
Rot-Weiss Essen: Berlinski-Vertrag läuft aus
Eine Großchance ließ auch Berlinski in Saarbrücken liegen, als er kurz vor Schluss in aussichtsreicher Position ein Luftloch trat. Es ist bisher nicht die Saison des Essener Energiebündels. Als er in der Rückrunde seine Chancen bekam, handelte er sich eine frühe Rote Karte gegen Unterhaching ein. Nach abgesessener Sperre ist Berlinski wieder in seine Jokerrolle zurückgekehrt. Der Vertrag des 29-Jährigen läuft im Sommer aus, mit einer Verlängerung könnte es eng werden.
Bei Moussa Doumbouya stellt sich diese Frage nicht. Der 26-Jährige steht noch für eine Saison unter Vertrag. In der Hinrunde enttäuschte der Sommer-Zugang aus Ingolstadt, kämpfte sich aber im Frühjahr dank starker Trainingsleistungen zurück in die Startelf. Das Vertrauen zahlte er mit vier Toren aus drei Spielen gegen Verl, den BVB II und den MSV Duisburg zurück. Darunter waren zwei Elfmeter. In Bielefeld und Mannheim war der wuchtige Angreifer aber kein Faktor.
Auf welchen der drei Mittelstürmer Dabrowski im Saisonfinale setzen wird, ist unklar. Entscheidend aufgedrängt hat sich zuletzt keiner.