Essen. Unterhaching, da kommen Erinnerungen ans 0:4 hoch. Rot-Weiss Essen hat großen Respekt vor der SpVgg, die kein normaler Drittligist ist.

Mathias Fetsch. Man kommt um diesen Namen nicht herum, wenn man auf das Duell zwischen Rot-Weiss Essen und der SpVgg Unterhaching an diesem Samstag schaut (16.30 Uhr/Hafenstraße/Magentasport). Der 35-Jährige schoss RWE im Hinspiel im Alleingang ab. Beim 4:0-Sieg der Hachinger erzielte er alle vier Tore, was für ein Auftritt war das vom Routinier. Die rot-weissen Verteidiger dürfen ganz tief durchatmen: Er fehlt im Rückspiel gelbgesperrt. Das sei, gibt Christoph Dabrowski zu, „sicher kein Nachteil“.

Beim 0:4 lief kaum etwas zusammen. Individuelle Fehler, keine Torgefahr: Rot-Weiss Essen wurde vom Aufsteiger regelrecht vorgeführt. Wenige Tage darauf kassierte RWE daheim gleich die nächste Watschn. Die 0:5-Niederlage gegen den SC Verl ließ die gute Laune, die nach dem guten Saisonstart an der Hafenstraße ausgebrochen war, verschwinden. Viel mehr noch: Nach den beiden Klatschen drohte die Stimmung zu kippen. Sie ist es nicht, da RWE anschließend in Dortmund gewann und eine echte Serie hinlegte.

Rot-Weiss Essen hat sich seit dem 0:4 entwickelt

Fragt man Christoph Dabrowski, was sich seit dem 0:4 bei seiner Elf verändert hat, zählt er eine Reihe von Entwicklungen auf. Das Team sei „extrem zusammengewachsen. Man sieht eine Energie, eine spielerische Entwicklung und eine Stabilität. Die Mannschaft glaubt jeden Moment an sich.“ Das spiegele sich in den Punkten wider. Trotzdem hofft er, „dass bei dem ein oder anderen noch im Hinterkopf ist, was im Hinspiel passiert ist. Unser Anspruch ist, es diesmal besser zu machen.“

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Weit über 16.000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden am Samstag im Stadion sein, etwa 150 reisen aus Bayern nach Essen und hoffen auf eine Überraschung. „In Essen erwartet uns eine große Kulisse, dies ist aber ein besonderer Ansporn, um etwas zu holen“, sagte Trainer Marc Unterberger dem „Münchner Merkur“. In die Rolle des Underdogs schlüpft er gerne, dabei steht die Spielvereinigung im gesicherten Mittelfeld.

Der Coach setzt auf eine Mischung aus erfahrenen Spielern wie Mathias Fetsch und top ausgebildeten Nachwuchsspielern. Und es ist möglich, dass Fetsch in Essen von einem Talent ersetzt wird, das als Sinnbild für diese Philosophie herhält: Gibson Nana Adu. Das ist ein 16-jähriger Stürmer, der vor kurzem sein Drittliga-Debüt gab.

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Rot-Weiss Essens Gegner Unterhaching verfolgt eine besondere Philosophie

Im Schatten der Großklubs Bayern und TSV 1860 baut der Vorortverein auf Talente, die den Drittligisten als ihre zweite Chance sehen. Adu kickte vorher bei Mainz 05, entschied sich dann zu einem Wechsel ins beschauliche Unterhaching. Dort wird er schon mit einem anderen Juwel verglichen, das sich woanders nicht durchgesetzt hatte, in Unterhaching aber richtig zündete: Karim Adeyemi.

Der wechselte als U19-Spieler nach Salzburg. Über zehn Millionen Euro erhielt Unterhaching insgesamt von Salzburg für Adeyemi, der inzwischen bei Borussia Dortmund kickt. „Wir haben mit Karim schon einmal einen jungen Mann auf den Weg gebracht, der es nicht leicht in der Gesellschaft hatte. Auch Gibson kam woanders überhaupt nicht zurecht“, so Trainer Unterberger jüngst über Adu.

RWE-Gegner hat einen U17-Weltmeister

In Konstantin Heide steht zudem ein U17-Weltmeister im Kader. Der Torwart hielt zwei Elfmeter im Finale in Indonesien, war der große Held bei der DFB-Auswahl. Die nächsten hübschen Ablösesummen sind somit schon in Sicht für den Klub, der so konsequent auf die Jugend setzt wie kaum ein anderer Drittligist – die U23-Teams von Dortmund und Freiburg mal ausgeklammert.

Das ist schon erstaunlich, denn diese Liga ist einst als Nachwuchsförderliga gegründet worden. In der Realität sieht das anders aus: Nur ein verschwindend geringer Anteil an deutschen Talenten unter 20 Jahren kommt zum Einsatz. Warum das? Es ist ein vielschichtiges Problem.

Meinungsstark und erfolgreich: Unterhachings Manfred Schwabl.
Meinungsstark und erfolgreich: Unterhachings Manfred Schwabl. © dpa | Robert Michael

Hat die dritte Liga ein Nachwuchsproblem?

Überlebenskampf pur, es gibt vier Abstiegsplätze und nur zwei direkte Aufstiegsplätze, dazu ist es ganz schwierig, in Liga drei nachhaltig zu wirtschaften. Manch ein Klub hat sich schon übernommen, um schnellstmöglichst ins Fernsehgeld-Eldorado namens zweite Bundesliga aufzusteigen.

In Unterhaching ist das anders, der Klub ist ein Biotop. Aber eines, das in Gefahr schwebt, betont Präsident Manfred Schwabl. Vereine wie die SpVgg profitieren stark vom Nachwuchsfördertopf des DFB. Je mehr Talente ein Klub einsetzt, desto mehr Geld gibt es vom DFB. Dass der Verband die insgesamt ausgeschüttete Summe von 2,95 Millionen Euro auf 2,36 Millionen Euro reduziert hat, sei das falsche Signal, findet Schwabl.

Er sagte in einem Interview mit der „TZ“ auch daher: „Die dritte Liga ist brutal, eine absolute Mogelpackung.“ Er kündigte an, die Mannschaft zur neuen Saison noch einmal zu verjüngern. „Wenn ich immer schon den Mund aufmache, wir brauchen mehr deutsche Nachwuchstalente, dann müssen wir auch die Eier haben und voranmarschieren. Wir werden uns immer weiter auf unseren Weg einschwören, auf unsere eigene DNA“, so Schwabl.

Rot-Weiss Essen: Großer Respekt vor Unterhaching

Es ist kein Wunder, dass Dabrowski die „totale Geschlossenheit“ und den Teamgeist als Stärken des ehemaligen Bundesligisten ausgemacht hat. Er hat großen Respekt und warnt, dass man den Gast, der Tabellenzehnter ist, bloß nicht unterschätzen dürfe. Seine Essener gehen als Sechster in die Partie, doch obacht: Verlieren sie, werden sie von den Hachingern überholt, denn diese haben das bessere Torverhältnis - dank eines gewissen Mathias Fetsch.

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