Essen. Noch in der Vorsaison war man bei der 1:4-Heimniederlage chancenlos. Beim 3:1-Sieg am Dienstagabend änderten sich komplett die Kräfteverhältnisse

Der Entwicklungsprozess einer Mannschaft lässt sich manchmal vortrefflich am Gegner ablesen: Das 1:4 in der Vorsaison von Rot-Weiss Essen gegen Viktoria Köln war eine klare Sache: Euphorischer Leichtsinn des Aufsteigers traf auf abgezockte Routiniers, das Ergebnis aus Sicht der Gastgeber äußerst schmerzhaft.

Gut ein Jahr später das Wiedersehen unter umgekehrten Kräfteverhältnissen. Und siehe da, nun war es die gereifte Mannschaft, die den Gästen Schmerzen bereitete. Da konnte Viktoria-Trainer Olaf Janßen - wie immer äußerst fair in der Analyse - nur neidlos anerkennen: „Essen hat eine Topmannschaft, sie haben uns richtig weh getan“. Mit Bauchschmerzen war Kölns Coach an die alte Wirkungsstätte gefahren, wusste er doch, was seine Mannschaft erwarten würde. Und dass bei einem Kaltstart nach dreiwöchiger mühevoller Vorbereitung, in der man erst einen Tag vor dem Spiel zum ersten Mal Freiluft-Training auf einem halben Platz schnuppern konnte.

1:0! RWE-Kapitän Vinko Sapina verwandelt einen Elfmeter gegen Viktoria Köln.
1:0! RWE-Kapitän Vinko Sapina verwandelt einen Elfmeter gegen Viktoria Köln. © firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Rot-Weiss Essen hat gelernt, auf seine Chancen zu warten

Ob Kaltstart hin oder her, die Viktoria traf aber auch auf einen Gastgeber, der gerade zu Hause mächtig im flow ist und auch einmal kleine Durststrecken wie in der ersten Halbzeit überwinden kann, in der sich der letztlich deutliche Heimsieg noch nicht andeutete. Aber das Team hat es gelernt, auf seine Chancen zu warten. Und mit ihm die Zuschauer, die nicht ungeduldig werden und die zur Pause nach wie vor wussten: Da geht noch was.

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Es geht eine ganze Menge, wenn Felix Götze, dessen Rückkehr so wichtig war, hinten die Fäden zusammenhält, wenn Vinko Sapina und Thorben Müsel im Mittelfeld gekonnt die Akzente setzen und wenn mit den Einwechselungen von der Bank punktgenau ein frischer Sturmhauch durchs Stadion weht. Der Dosenöffner diesmal war auch ein Produkt von Cleverness: Müsel, der im Strafraum, wie man so schön sagt, „eine Berührung verspürte“, worauf er niedersank und schnell wieder auf den Beinen war.

Rot-Weiss Essen am Sonntag bei Preußen Münster

Im folgenden Strafstoß entlud sich die ganze Entschlossenheit Sapinas, der noch angefressen war von seinem Lapsus in Aue, der anschließende Jubel vor der Westkurve war eine einzige Befreiung. Nun haben die Sieger einen Tag frei zur Regeneration, bevor es am Sonntag zum Westfalen-Schlager nach Münster geht. Danach erwartet man im Heimspiel den abgeschlagenen Tabellenletzten Freiburg II. Es darf weiter geträumt werden.

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