Essen. Plötzlich mittendrin: Cedric Harenbrock ist ein Lichtblick bei RWE – trotz einer harten Saison. „Ich bin keiner, der sich hängenlässt“, sagt er.
Als Cedric Harenbrock beim Warmmachen gerade seinen zweiten Nachschuss-Treffer erzielt hatte, raunte Torwarttrainer Manuel Lenz ihm zu: „Heute bist du Mr. Abstauber.“ Nun ist nicht bekannt, dass Lenz hellseherische Fähigkeiten besitzt, doch er sollte sich nicht irren.
Es lief die 19. Minute, als Isaiah Young auf 1860-Keeper Tom Kretzschmar zusprintete. Rot-Weiss Essens Angreifer wollte den Schlussmann austanzen, Kretzschmar bekam einen Finger dazwischen und klärte – der Ball lag vor Cedric Harenbrock. Einen satten Nachschuss später stand es 1:0 für RWE. Irgendwie musste es so kommen.
Rot-Weiss Essens Harenbrock sorgt für Lichtblicke an düsteren Tagen
Wie viel ihm dieser Treffer bedeutete, das sah man an Harenbrocks Jubel: Der dienstälteste Rot-Weisse wusste gar nicht, wohin mit den Emotionen. Er riss an seinem Trikot und schrie. Kein Wunder bei der bisherigen Saison, die ihn persönlich nicht zufriedenstellen kann.
Unbestritten, Harenbrock ist ein ganz feiner Techniker. Einer, der den Ball streicheln kann wie kaum ein anderer im Kader. Der den Ball direkt spielt und ein gutes Auge hat. Das alles sind Fähigkeiten, die eine Mannschaft weiterbringen können. Jedoch werden im Drittliga-Abstiegskampf nun mal andere Tugenden benötigt. So war die Runde für den 25-Jährigen bisher ein stetiges Auf und Ab.
Zwischen September und Februar, auch wegen einer Verletzung, spielte er gar nicht. Dann erzielte er im Februar den Ausgleich beim 1:1 in Ingolstadt, ehe von März bis April sieben weitere Partien ohne Einsatz folgten. Plötzlich, im Endspurt, ist Harenbrock mittendrin, vier Spiele in Folge startete er für RWE.
Lesen Sie hier: Emotionales Tor für Harenbrock in Ingolstadt.
Dieser Tage gibt es nur wenige Highlights. RWE hat den Klassenerhalt fast, aber noch nicht hundertprozentig sicher. Die Stimmung in Bergeborbeck als getrübt zu umschreiben, wäre eine maßlose Untertreibung. Harenbrock fällt da schon auf – er ist einer der wenigen, der in dieser schwierigen Phase überzeugt.
Cedric Harenbrock: „Das macht mir Spaß“
Wie kommt’s? „Ich bin eigentlich die ganze Zeit in guter Form, auch im Training“, antwortet er. „Ich bin keiner, der sich hängenlässt.“ Froh sei Harenbrock, den sie nur Cedi nennen, dass er jetzt das Vertrauen von Trainer Christoph Dabrowski bekommt. „Ich mache alles dafür, dass ich hier auf dem Platz stehen und Fußball spielen kann. Ich glaube, man sieht, dass es mir Spaß macht.“
Kann mal wohl sagen. Natürlich läuft nicht alles perfekt, nicht jeder Ball kommt an, nicht jede Idee greift. Aber Harenbrock hat immerhin welche. Auch gegen 1860 München versuchte er, das Spiel mit direkten Pässen und Weitergaben schnell zu machen. „Mit dem Ball haben wir eines der besten Spiele gemacht. Gut, im letzten Drittel haben wir die Chancen nicht richtig zu Ende gespielt, aber wir können schon zufrieden sein.“
Brennpunkte bei RWE:
- RWE-Talk: Fan-Theater spaltet die Kurve.
- Wie Rot-Weiss Essen nach dem 1:2 doch noch zurückkam.
- RWE-Kommentar: Zumindest die Spieler lassen Dabrowski nicht hängen.
Das letzte Drittel, das ist schon seit dem ersten Anpfiff der Saison die große Problemzone der Rot-Weissen. Gerade in den Topspiel-Wochen im Frühling klappte nur wenig. Nach der 0:3-Niederlage gegen Mannheim Mitte April sah sich Regisseur Thomas Eisfeld genötigt, zum Rundumschlag auszuholen. „Der Spieler, der den Ball am Fuß hat, ist bei uns die ärmste Sau“, sagte er in einem denkwürdigen Interview.
Dabei sei eigentlich genug Qualität in der Mannschaft, auch wenn sie das nicht immer zeigen konnte, meint Harenbrock. „Wir haben über den Saison nicht den besten Fußball gespielt, das ist einfach so. Hier steckt viel mehr drin.“
Wer dieses „Mehr“ rauskitzeln muss? „Letztendlich wir; wir müssen es auf den Platz kriegen. Ich weiß nicht, ob der Mut, die Überzeugung und die richtigen Laufwege fehlten. Wenn ich sagen könnte, woran es gelegen hat, hätte ich mich gemeldet“, sagt die Nummer acht, jedenfalls: „Wir sind glücklich, dass es mal wieder schöner ist, ein Spiel von uns anzugucken. Manchmal ist es so, manchmal fluppt es eben.“
Beim Klassenerhalt bleibt Harenbrock bei Rot-Weiss Essen
2:2 endete die Partie gegen die Sechziger. Harenbrock wurde in der 77. Minute ausgewechselt. „Wir nehmen den Punkt liebend gerne mit“, sagt er. Goldwert sei der Zähler. „Sonst wäre die Stimmung anders gewesen. Dann hätten wir in der Kabine gesessen und uns dumm angeguckt.“ Und er selbst wäre „sehr sauer“ geworden, auch wenn man dem Blondschopf so etwas kaum zutrauen mag.
Es ist ja gut ausgegangen, und schon an diesem Samstag kann der Spuk, der Abstiegskampf beendet sein. Ein Punkt beim Halleschen FC (14 Uhr/Leuna-Chemie-Stadion/Magentasport) und RWE wäre in Sicherheit. Cedric Harenbrock hätte dann auch Gewissheit, wie es für ihn weitergeht – sein Vertrag verlängert sich beim Klassenerhalt automatisch um ein weiteres Jahr. Manchmal fluppt es eben.