Isaiah Young verhinderte die Voll-Blamage gegen Bocholt. Trainer Christoph Dabrowski fühlte sich von seinen Routiniers im Stich gelassen.

Als es vorbei war, als Isi Young Torhüter Sebastian Wickl in die falsche Ecke verlud und den 6:5-Erfolg im Halbfinale des Niederrheinpokals eintütete, breitete der RWE-Stürmer die Flügel aus wie ein Albatros und eilte auf die Gegengerade der Gäste zu. Doch da schlug ihm nicht gerade Sympathie entgegen. Was so leicht und locker daher kam, spiegelte die vorangegangenen 120 Minuten in keiner Weise wider.

Zäh, mühsam und teilweise unansehnlich war es, was der Drittligist seinem treuen Anhang in der Fußballprovinz zugemutet hatte. Nicht auszudenken, das Elfmeterschießen wäre verloren gegangen. Zur Vorsicht war eine Hundertschaft der Polizei angerückt und hatte um den Gästeblock einen zweiten „Sicherheitszaun“ mit Uniformen gezogen. Trotzdem wurde heftig am Metallzaun gerüttelt und es sollen auch unschöne Worte gefallen sein. Währenddessen ließen sich die geschlagenen Bocholter vor der Haupttribüne frenetisch feiern, hatten sie doch lange am Überraschungssieg geschnuppert.

Erst recht, als RWE-Kapitän Felix Bastians den ersten rot-weissen Elfmeter auf den Nachhauseweg schickte. Und RWE-Keeper Jakob Golz vier Mal in die falsche Ecke hechtete und den Ball aus dem Netz fischen musste. Dann entschied sich der RWE-Torhüter ausgerechnet gegen Gino Windmüller für die richtige Seite - im Anschluss setzte Mvibudulu den Ball an die Unterkante der Latte.

Dann schritt Young zur Tat. „Ich liebe dieses Gefühl, es ist ein bisschen einfacher, wenn du weißt: wenn ich nicht treffe, dann ist es nicht so schlimm, dann geht es eben weiter. Du musst einfach cool bleiben im Kopf, mit vollem Selbstvertrauen“, ließ er einen Einblick in seine Gefühlswelt zu.

Fühlte sich von seinen erfahrenen Spielern nach der Pause im Stich gelassen: Trainer Christoph Dabrowski.
Fühlte sich von seinen erfahrenen Spielern nach der Pause im Stich gelassen: Trainer Christoph Dabrowski. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Ergebnistechnisch war also alles in Ordnung, „in zwei Tagen spricht keiner mehr über das Wie, wir haben das Endspiel erreicht, das zählt“, schaute Trainer Christoph Dabrowski kurz danach schon wieder trotzig nach vorn. Finalteilnahme am „Tag der Amateure“ (3. Juni) gegen RWO gebucht, sehr wahrscheinlich an der heimischen Hafenstraße, was noch keiner offiziell bestätigen möchte.

Immer wieder Vergleiche zum ETB-Spiel

Aber so einfach wird man nicht zur Tagesordnung übergehen können, zu leb- und emotionslos war der Auftritt des Favoriten in der zweiten Halbzeit und vor allem in der Verlängerung gegen aufopferungsvoll fightende Bocholter. „Ich sage, wir waren schon müde, es war auch nicht einfach auf so einem Platz“, gestand Young, „ich glaube, wir haben unseren Kopf ein bisschen verloren.“

Dabrowski enttäuscht von seinen Routiniers

Immer wieder wurde nach der Partie der Vergleich zum ETB-Spiel gezogen, anscheinend hatte die Mannschaft daraus doch keine Lehren gezogen. „Die Leistung in der zweiten Halbzeit war schon enttäuschend, von der Körpersprache, von der Bereitschaft zu verteidigen, sich gegenseitig zu unterstützen. Du spürst förmlich, wie dir das Ganze aus den Fingern gleitet. Da wünsche ich mir von meinen erfahrenen Spielern, von denen einige auf dem Platz waren, dass sie dort Ruhe reinbringen und mehr Souveränität ausstrahlen“, legte Trainer Dabrowski den Finger in die Wunde.

Mit der Leichtigkeit des Stürmers meinte Siegtorschütze Isi Young: „Manchmal ist der Pokal so: Eine gute Mannschaft gewinnt – und sie spielt nicht gut.“ Schön, wenn es auch in der Liga passieren würde.

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