Essen. Rot-Weiss Essens U19 ist Vorletzter in der Bundesliga. Suat Tokat spricht über die Gründe der Krise und verrät, worauf es jetzt für RWE ankommt.
Es wurde als Endspiel deklariert – und nach den 90 Minuten waren sie an der Seumannstraße nicht wirklich schlauer. Rot-Weiss Essens U19, der Vorletzte, traf auf Schlusslicht VfB Hilden. Etienne-Noel Reck erzielte in der Schlussphase den Ausgleich. 1:1, immerhin. Um ein Ausrufezeichen im Abstiegskampf zu setzen, war das jedoch zu wenig.
Der A-Jugend von Suat Tokat gelang erst ein Sieg. Sie hat gemeinsam mit dem Bonner SC und Preußen Münster die wenigsten Tore erzielt, nämlich acht, und die zweitmeisten kassiert – 23. Der Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze in der Bundesliga beträgt für sie bereits sechs Punkte. Kurzum: Es ist überhaupt nicht ihre Saison. Nur warum?
Rot-Weiss Essen: Schweres Auftaktprogramm für die Bundesliga-U19
„Der Spielplan war für uns nicht optimal“, antwortet Tokat. Gladbach, Schalke, Dortmund – das waren die ersten drei Gegner im August. „Das soll keine Ausrede sein, aber wir haben direkt die dicken Brocken der Liga erwischt“, ergänzt der Coach, dessen Team einen Punkt in diesen Spielen holte und zehn Gegentore kassierte. Der Start, er ging gehörig schief.
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Seitdem steckt die Mannschaft in einer Negativspirale, aus der sie nicht herauskommt. Oder wie es Christian Flüthmann, der Chef des Nachwuchsleistungszentrums, gegenüber dieser Redaktion sagte: „Das wird dann irgendwann Kopfsache.“
Eine weitere Krisenzutat: Suat Tokat hat schon seit dem Sommer viele verletzte Spieler zu beklagen. Elefterios Theocharis, Aksit Sen, Talha Evler, Mats Brune, Frank Emeka Munu und Ahmed Etri gehören beispielsweise zu den Talenten, die ausgefallen waren oder noch immer fehlen. Da sind schon welche dabei, die zum Stamm gehören würden. „Deshalb haben wir einen großen Kader“, relativiert Tokat. Trotzdem: „Wir zahlen einfach zu viel Lehrgeld.“
Rot-Weiss Essens U19 nutzt die Torchancen nicht
Hinzukommt eine miese Chancenverwertung. Beispiel gefällig? Gegen den VfB Hilden hatte RWE 20 Abschlüsse – nur ein einziger Ball ging ins Tor. „Da kann man gut sehen, wo der Schuh drückt“, sagt Tokat. Und dann fehlt noch das Glück. Sinnbild dafür: die Partie gegen Bayer Leverkusen. Beim Stand von 1:2 bekam Rot-Weiss kurz vor Schluss die Großchance zum Ausgleich. Ein Essener schoss seinen eigenen Mann an, der auf der Torlinie stand und somit für Bayer klärte – bezeichnend für diese Saison.
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Ein schwerer Start, eine Verletztenmisere, eklatante Schwächen vor dem Tor: Das sind also die Gründe dafür, dass RWE Vorletzter ist. Tokat muss seinem Team nun einen Ausweg aufzeigen, irgendwo zwischen Ehrlichkeit und Zweckoptimismus. Ein schwieriger Spagat.
„Das Wichtigste“, sagt der 35-Jährige, „ist in solch einer Situation, dass wir uns selbst reflektieren. Und das tun wir.“ So erkenne er eine Kluft zwischen der Spielweise und den reinen Ergebnissen. „Ich würde mir Gedanken machen, wenn wir in jeder Partie untergehen würden, dem ist nicht so. Dass wir immer gute Phasen haben, stimmt mich positiv.“
Aber klar, der Druck ist groß. Ein Abstieg in die Niederrheinliga wäre ein Rückschlag für die Nachwuchsarbeit von Rot-Weiss. „Wir können das alle richtig einschätzen“, meint hingegen Tokat. „Wir tauschen uns alle intensiv aus. Wir wollen, dass es besser wird. Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Verantwortlichen, jeder ärgert sich über die Situation.“
RWE-Trainer Tokat: „Ich habe ein dickes Fell“
Was also tun? Natürlich, die Chancenverwertung muss besser werden, das ist ein Trainingsinhalt. Zusätzlich will Tokat mit seinem Trainerteam die mentalen Blockaden lösen. „Wir zeigen Videos von Szenen, die gut waren, führen Gespräche und vermitteln den Jungs, dass sie es können. Ich stelle mich vor meine Spieler, da habe ich ein dickes Fell.“
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Verstärkungen könnten helfen. Ob im Winter neue Talente kommen, ist offen. Im Jugendbereich ist es ungleich schwerer, nachzulegen. Wenn es passen sollte, verschließt RWE die Türen an der Seumannstraße natürlich nicht für Neue. Tokat merkt dabei an, dass einige Verletzte zurückkehren dürften – das wären quasi Neuzugänge aus dem eigenen Team, das ist mal eine gute Nachricht.
Zum Jahresabschluss geht es für Rot-Weiss Essens U19 nach Verl
Und die kann die A-Jugend vor dem letzten Match in diesem Jahr gut gebrauchen. Am 3. Dezember geht es zum SC Verl (13 Uhr). „Sie haben eine fleißige Mannschaft, spielen sehr leidenschaftlich und kämpferisch“, sagt Tokat über den Tabellenzehnten, und weiter: „Wenn der Knoten einmal geplatzt ist, dann glaube ich, dass es viel besser für uns läuft.“
Auch die Zeit läuft, und zwar gegen die Essener. Durch den neuen Modus ist die Bundesliga-Saison schon in fünf Spieltagen gelaufen. Rückspiele werden nicht ausgetragen. Somit braucht Tokats Elf schon eine Siegesserie, um die Klasse zu halten. Denn das sei das Ziel. „Wir wollen drin bleiben und die Jungs entwickeln, auch darum geht es in der A-Jugend. Ich weiß aber selbst, dass Fußball ein Ergebnissport ist. Wir müssen einfach mal liefern.“