Essen. „Der Job hier ist fantastisch“, so Rot-Weiss Essens Christoph Dabrowski. Er spricht über Trainerdiskussionen, das hitzige Umfeld und seine Ziele.
„RWE ist eine große Herausforderung“, sagt Christoph Dabrowski – aber der 44-Jährige „liebt Herausforderungen“. Nicht nur deshalb fühlt sich der Trainer, der bald drei Monate bei Rot-Weiss Essen ist, rundum wohl an der Hafenstraße.
Dabrowski spricht im zweiten Teil des Interviews mit den Redakteuren Rolf Hantel und Justus Heinisch über das emotionale Umfeld in Essen, Trainerdiskussionen im Internet und seine Ziele mit Rot-Weiss.
Hier geht es zu Teil eins: Dabrowski spricht über den Fehlstart und die Formschwäche von Leistungsträgern.
Herr Dabrowski, Sie haben 273 Mal in der Bundesliga gespielt. Wie helfen Ihnen die Erfahrungen aus der Profizeit als Trainer weiter?
Am Anfang meiner Trainerkarriere fiel es mir schwerer, mich von dem Gefühl, das man als Spieler erlebt, zu trennen. Mittlerweile bin ich seit zehn Jahren Trainer. Man muss gut begründen, warum man sich für etwas entscheidet. Früher haben die Trainer uns das nicht erklärt. Der Beruf ist komplexer geworden. Man lernt nie aus als Trainer, aber das ist das Spannende an dem Job.
Rot-Weiss Essens Dabrowski: „Als Trainer musst du glaubhaft sein“
Würden Sie sich als emotionalen Trainer bezeichnen?
Wenn der Schiedsrichter das Spiel anpfeift, bin ich voll drin. Ich weiß aber auch, wann ich einen kühlen Kopf bewahren muss. Ich versuche aber, nie aus Emotionen heraus Entscheidungen zu treffen. Deshalb entscheide ich nach Spielen auch erst über meine Reaktion, nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe. Das ist nachhaltiger. Ständig emotional zu sein, verschleißt sich. Als Trainer musst du glaubhaft bleiben.
Alle Brennpunkte zu Rot-Weiss Essens Sieg gegen Saarbrücken:
- 1:0 dank Götze: So schlug RWE den 1. FC Saarbrücken.
- Rot-Weiss Essen: Götze trifft, ein anderer brilliert – die Noten.
- Rot-Weiss Essen: Diesen Spieler lobt Dabrowski nach dem 1:0 besonders.
Kriegen Sie denn die Diskussionen in Sozialen Netzwerken und Diskussionen mit? Nach dem Fehlstart gab es im Netz auch einige Stimmen, die sich gegen Sie gerichtet haben.
Es bringt mir nichts, so etwas zu lesen. Wir kümmern uns nur um unseren Weg. Du darfst dich nicht von Tausenden Einflüssen leiten lassen, sonst würdest du verrückt werden. Du hast eine Idee im Kopf, passt sie hin und wieder an, bist aber überzeugt von dem, was du machst.
Nervt es Sie denn, dass vieles im Umfeld nur oberflächlich diskutiert wird und nicht in die Tiefe geht?
Nein, das gehört dazu.
Fällt es bei einem Klub wie RWE, der positiv wie negativ starke Emotionen auslöst, besonders schwer, kontrolliert zu bleiben und die Ruhe zu bewahren?
Ich bin es aus Hannover gewöhnt, dass kontrovers diskutiert wird. Das war eine gute Schule für mich. RWE ist eine große Herausforderung und ich liebe Herausforderungen, das ist reizvoll für mich. Das macht mich als Trainer besser und deswegen macht mir der Job extrem viel Spaß. Es ist doch schön, dass sich so viele Leute für den Verein interessieren.
Bislang kam es auch so rüber, dass Sie dieses Emotionale in Ihrem Job brauchen …
Es gehört leider dazu, dass man mal schlaflose Nächte hat. Aber wenn dich das nicht interessieren würde, was passiert, wäre es auch der falsche Job. Der Job hier ist fantastisch, sehr leidenschaftlich. So ist halt der Ruhrpott.
So entspannt Christoph Dabrowsk nach hitzigen RWE-Spielen
Wie entspannen Sie denn nach hitzigen Spielen? Sie sagten einmal, dass Ihnen abends bei einem Glas Rotwein die Eingebung kam, José-Enrique Rios Alonso zu bringen …
Ich habe mich wirklich hingesetzt, mir einen Zettel und einen Stift genommen und mir Aufstellung aufgeschrieben. Und dann habe ich überlegt, was funktionieren könnte. Aber gerade nach Abendspielen fällt es mir extrem schwer, in den Schlaf zu finden. Die Gedanken kreisen. Ich lese ein Buch, höre Musik, schaue einen Film.
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Sie sagten, dass Hannover eine gute Schule für RWE war. Wie haben Sie sich denn auf Rot-Weiss Essen vorbereitet?
Auf diesen Job kannst du dich nicht richtig vorbereiten. Hier ist alles noch ein bisschen emotionaler. Du musst die Power und Wucht erleben, wenn es losgeht. Und damit musst du klarkommen. Die Herausforderung ist es, in diesen Emotionen die Ruhe zu bewahren.
Haben Sie denn nach drei Monaten das Gefühl, sich in Essen eingelebt zu haben?
Ich fühle mich in dem Verein mit seinem leidenschaftlichen Umfeld total wohl. Mir macht es Spaß hier. Viel Zeit habe ich nicht, um die Stadt zu erkunden, aber ich war durchaus abends schon mal schön essen.
Machen wir ein kleines Gedankenspiel: Wenn Sie in fünf Jahren auf Ihre Zeit bei RWE zurückschauen würden, was möchten Sie in dieser Zeit erreicht haben?
Mein ganzer Fokus liegt zunächst darauf, in diesem Jahr in der Liga zu bleiben. Darauf aufbauend müssen wir die nächsten Schritte machen und uns weiter professionalisieren.
Lesen Sie hier: Der bescheidene Topspieler: Das macht Niklas Tarnat so wertvoll.
RWE scheint nach neun Spielen auf einem guten Weg dahin zu sein …
Aber ist noch nicht vorbei, es ist eine Knochenliga. Wir müssen weiter nach vorne schauen, trotz aller Rückschläge, die noch kommen könnten. Das wird eine Herausforderung bleiben.