Essen. Seit Sommer trainiert Christoph Dabrowski Rot-Weiss Essen. In Teil eins unseres Interviews verrät er seine Sicht auf den Drittliga-Fehlstart.

Er ist nun fast drei Monate bei Rot-Weiss Essen im Amt und hat schon einen Crashkurs darin erhalten, wie turbulent es an der Hafenstraße zugehen kann: Hohe Niederlagen zum Drittliga-Auftakt, hochemotionale Heimsiege unter Flutlicht, alles war dabei für Christoph Dabrowski. Im Teil eines des großen Interviews mit den Redakteuren Rolf Hantel und Justus Heinisch erzählt der 44-jährige Trainer, wie er den Start bei RWE erlebt hat und den Abstiegskampf der 3. Liga bewertet.

Herr Dabrowski, durch den Sieg gegen Saarbrücken ist Rot-Weiss Essen als Tabellenfünfzehnter in die Länderspielpause gegangen. Hat sich die Lage bei RWE dadurch entspannt?

Dabrowski: Klar, die Lage war angespannt. Es wäre Blödsinn, wenn ich etwas anderes erzählen würde. Deswegen war es ein extrem wichtiger Sieg. Für uns war es wichtig, über dem Strich zu bleiben und Anschluss ans Mittelfeld zu halten. Meine große Hoffnung war, so aufzutreten wie in den letzten Heimspielen. Das ist uns gelungen. Meine Mannschaft wirkt aber druckresistent.

Rot-Weiss Essens Trainer Christoph Dabrowski lobt das Publikum

War es das klare Ziel, die Abstiegsränge schnell zu verlassen?

Für mich war wichtig, dass wir wieder die Power aus den letzten Heimspielen auf den Platz bekommen, damit wir das Gefühl wiederbekommen, das wir gegen Aue erlebt haben. Für die Spieler ist es motivierend, zu spüren, wie sie vom Publikum angetrieben werden. Sie wollten das wieder erleben.

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Ein Viertel der Saison ist nun vorbei. Wie bewerten Sie die ersten neun Spiele?

In Dortmund hätten wir einen Punkt holen können, Ingolstadt tat weh – das hätten zwei Punkte mehr sein können. Dann hätten wir mindestens drei Zähler mehr gehabt, das hätte uns gutgetan. So haben wir neun Punkte – das ist ausbaufähig. Ich habe aber in jedem Spiel gesehen, dass die Jungs große Bereitschaft und großen Willen gezeigt haben. Wir mussten Lehrgeld bezahlen, das sah man in der Fehlerquote. Als Trainer musst du die Mannschaft stabilisieren, auch mal einen Schritt zurück gehen.

Einen Schritt zurück gehen – was bedeutet das?

Die Defensive stabilisieren, die Fehlerquote minimieren. Ein Schritt vorwärts ist es, sich mehr mit dem Spiel nach vorn auseinanderzusetzen. Das ist komplizierter, das ist die hohe Kunst im Fußball.

Auf die neue Stabilität können Sie aber aufbauen, richtig?

Jedes Spiel ist ein Zermürbungskampf. Die Basis muss daher bleiben, stabil zu stehen. Gegen Saarbrücken standen wir hinten gut, ähnlich wie in Osnabrück. Ein Chancenfeuerwerk gab es von beiden Seiten nicht, ähnlich wie in Osnabrück. Nur mit dem Unterschied, dass wir das Spiel gegen Saarbrücken gewinnen. Holst du in Osnabrück einen Punkt, hätte es einige Diskussionen nicht gegeben – bei ähnlicher Leistung. Das ist ein interessanter Perspektivwechsel.

RWE-Trainer Dabrowski: Dritte Liga ist eine Herausforderung

Die Mannschaft war allerdings aus dem vergangenen Jahr eingespielt. Haben Sie gedacht, dass sie von Beginn an stabiler auftreten würde?

Mir war klar, dass die dritte Liga eine große Herausforderung darstellen würde. Wir sind die Aufgabe vom ersten Tag an so angegangen, dass wir uns auf den Kader eingelassen habe. Wie kommen die Spieler, die noch nie dort gespielt haben, in der dritten Liga an? Wie schnell setzen sie die Vorgaben um? Wie passen sie sich an? Da haben wir noch gebraucht, und der Weg ist nicht vorbei. Ergebnisse helfen aber, um Ruhe und Vertrauen zu entwickeln.

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Hat RWE seine Aufstiegs-Mannschaft überschätzt?

Die dritte Liga ist ganz anders als die Regionalliga. Dort war die Rolle anders. Die Spiele hier gehen hin und her, Fehler werden bestraft. Das ist ein Riesensprung für die Jungs, das braucht Zeit.

Isaiah Young (r.) kann seine Form aus dem Aufstiegsjahr bei Rot-Weiss Essen noch  nicht bestätigen.
Isaiah Young (r.) kann seine Form aus dem Aufstiegsjahr bei Rot-Weiss Essen noch nicht bestätigen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Ist das eine Erklärung dafür, dass Leistungsträger wie Isaiah Young, Sandro Plechaty und Daniel Heber ihre Qualitäten noch nicht zeigen konnten?

Es befinden sich alle in diesem Anpassungsprozess. Dass Young am Montag nicht gespielt hat, war keine Entscheidung gegen ihn, sondern für Oguzhan Kefkir.

Und Sie müssen als Trainer die Balance finden …

Es geht darum, den Jungs den Glauben zu geben. Und den Jungs, die hintendran sind, zu zeigen, dass sie gebraucht werden. Man muss moderieren, das ist ein großer Bestandteil meines Jobs.

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Hat es denn in dieser Saison schon einmal gerappelt in der Kabine?

Es ist doch klar, dass wir uns kritisch beäugen. Wir fordern viel – aber es bleibt immer konstruktiv. Es bringt nichts, auf den Tisch zu hauen. Wenn wir Spiele haben, die nicht so laufen, wie wir uns das vorstellen, wollen wir schon aufzeigen, was schieflief – in aller Deutlichkeit. Als Trainer brauchst du ein gutes Bauchgefühl, wie du wann reagieren musst, ob du mal explodierst oder gar nichts sagst.

Inwieweit haben die Verpflichtungen von Clemens Fandrich, Andreas Wiegel, Felix Götze und Luca Wollschläger geholfen?

Man sieht, dass sie schnell integriert wurden. Das ist ein Zeichen, dass die Mannschaft intakt ist. Man hat gegen Aue gesehen, dass sie unsere Qualität erhöhen und Stabilität bringen, wodurch sich die anderen noch mehr entfalten können. Es war schön, dass Felix das mit seinem Siegtreffer untermauert hat.

War es denn einkalkuliert, dass am Ende der Transferphase noch Neue kommen könnten?

Es war der Plan, dass wir den Ist-Zustand analysieren und punktuell, wo wir Bedarf sehen, nachlegen könnten. Schnellschüsse waren es nicht.

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