Essen. „Sie werden versuchen, eine Reaktion zu zeigen“, so Christoph Dabrowski über Osnabrück. Wie er mit Rot-Weiss Essen beim VfL den Sieg holen will.

Radoslav Momirski fand Erstaunliches heraus. „Ich glaube, Osnabrück liegt in Südamerika“, sagte Momirski in den 1960er-Jahren, als er Trainer des VfL Osnabrück war. Ein Spruch, der längst Legende ist im Niedersächsischen, ein Spruch, der auf die Leidenschaft des Osnabrücker Anhangs anspielte, der alle zwei Wochen an die Bremer Brücke pilgert.

Das Wort wird dieser Tage fast schon inflationär benutzt: „Mythos“. Sie kennen es auch in Essen, wo die Hafenstraße gerne den Beinamen „Mythos“ erhält, ob all der Geschichten, die dort schon geschrieben wurden. Auch die Stätte des VfL verdient sich diesen Titel zweifelsohne.

Rot-Weiss Essen erwartet ein Hexenkessel beim VfL Osnabrück

Ein enges Stadion ist das, alte Bauweise, viele Stehplätze, eingekesselt von einem Bahndamm liegt es mitten in einem Wohngebiet. Die Fans sitzen gefühlt direkt an der Grasnarbe, der Geruch vom Rasen vermischt sich mit dem von Bier und Bratwurst. Und wenn dann noch das Flutlicht angeht, ist das schon etwas Besonders. Wie oft sie schier unmöglich geglaubtes hinbekommen haben an der Bremer Brücke, die Spieler mit ihren Fans.

Christoph Dabrowski weiß das. Rot-Weiss Essens Trainer erwartet an diesem Freitag eine „heiße Atmosphäre“, wenn er mit seiner Mannschaft bei den Lila-Weißen gastiert (Fr., 19 Uhr/Magentasport). Die 1400 Karten für den Gästeblock sind restlos vergriffen, die Osnabrücker rechnen mit einem ausverkauften Haus. Und genau daraus möchte Dabrowski Kapital schlagen. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Stadion unruhig wird, dass die Stimmung kippt und wir uns das zunutze machen“, sagt der 44-Jährige.

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Wie das gelingen soll? Indem RWE an die Leistung aus dem Aue-Spiel anknüpft. Gegen Erzgebirge gab es zuletzt den ersten Sieg der Drittliga-Saison, das 2:1 „war Balsam“, gesteht Dabrowski.

Rot-Weiss Essen: Sieg gegen Aue macht Mut – so soll es weitergehen

Mit derselben Power, derselben Leidenschaft sollen seine Spieler in Osnabrück auftreten, fordert er. Dann könne etwas gehen – jedoch dürften die Osnabrücker favorisiert sein. Der VfL galt vor der Runde als Aufstiegskandidat. Trainer Daniel Scherning wechselte aber vor wenigen Tagen zu Arminia Bielefeld, Tobias Schweinsteiger, Bruder von Weltmeister Bastian, übernahm. Und sah mit an, wie Lila-Weiß in Oldenburg eine 3:1-Führung aus der Hand gab und 3:4 verlor. Nun stehen die Osnabrücker lediglich einen Platz vor den Essenern auf Rang 15. Gegen RWE wird Schweinsteiger sein Heimdebüt feiern und sich dabei sicherlich nicht für eine Mauer-Taktik entscheiden.

An der Bremer Brücke in Osnabrück wird es voll, wenn am Freitagabend Rot-Weiss Essen kommt.
An der Bremer Brücke in Osnabrück wird es voll, wenn am Freitagabend Rot-Weiss Essen kommt. © Getty Images | Michael Titgemeyer

„Sie werden versuchen, eine Reaktion zu zeigen“, glaubt Dabrowski. „Osnabrück ist ein gestandener Drittligist. Sie sind uns einige Schritte voraus. Wir wissen, dass es ein schweres Auswärtsspiel für uns ist.“

Dabrowski ließ offen, ob er seine Startaufstellung umstellen werde. Sogar die Fünferkette, die er zuletzt oftmals spielen ließ, stellte er infrage. Es sei eine Möglichkeit, auf eine Viererabwehr umzustellen und defensiv sicher zu stehen. Fest steht: Moritz Römling kehrt nach seiner Sperre in den Kader zurück.

Das sagt Dabrowski über RWE-Verteidiger Plechaty

Sandro Plechaty dürfte es hingegen schwer haben, ins Team zurückzukehren. „In der Vorbereitung hatte er die Chancen und das Vertrauen, auf sich aufmerksam zu machen. Man muss einfach sagen, dass die Mannschaft noch nicht stabil war, er nicht an sein Leistungsniveau gekommen ist“, sagt Dabrowski. Plechaty hatte Probleme, zu verteidigen, müsse sich jetzt im Training aufdrängen. „Es ist keiner abgeschrieben.“

Andreas Wiegel verteidigte gegen Aue hinten rechts, machte das gut – wie auch Mittelfeldspieler Felix Götze, der gesetzt sein dürfte, nicht nur, da Thomas Eisfeld weiter ausfällt. Götze sei noch nicht „am Maximum“, meint Dabrowski, habe sein Potenzial beim 2:1 gegen Erzgebirge schon aufblitzen lassen, der Sieg war eine Befreiung, wurde gefeiert – nur eben nicht so ausgiebig wie gewohnt.

Rot-Weiss Essen: Dabrowski stellt sich gegen Gewalt

Es gab Knatsch zwischen den Profis und den Fans, nachdem sich die Essener Mannschaft dazu entschlossen hatte, nur kurz zur Westtribüne zu gehen. Das war eine Reaktion darauf, dass die Spieler nach dem Spiel in Bayreuth Zeugen einer Auseinandersetzung zwischen RWE-Fans wurden, wie das Team später in einer Stellungnahme erklärte.

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Es gehe nur gemeinsam, so Dabrowski darauf angesprochen: „Wir haben alle ein klares Ziel: dass Rot-Weiss Essen sich weiter im Profifußball entwickelt.“ Er könne „immer wieder betonen“, dass RWE fantastische Fans hat und distanziert sich aber auch ganz klar gegen „jegliche Formen von Aggression und Gewalt“: „Alle anderen sind herzlich willkommen, mit uns den Weg zu gehen. Man sieht, dass es ein Bonus für uns ist, einen zwölften Mann zu haben.“

In Osnabrück, diesem südamerikanischen Ort in Niedersachsen, wird das einmal mehr gelten.

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