Essen. Rot-Weiss Essen trifft im Viertelfinale des DFB-Pokals am Mittwoch auf Holstein Kiel. Jürgen Röber sieht gute Chancen für seinen Ex-Verein.

Als Rot-Weiss Essen zuletzt im Viertelfinale des DFB-Pokals stand, ging auch der Stern von Jürgen Röber (67) auf. An der Essener Hafenstraße hatte der Ex-Profi 1991 seine aktive Karriere beendet und wurde Trainer. In der Saison 1993/1994 führte er die Essener zwischenzeitlich in die obere Tabellenhälfte der 2. Bundesliga und sogar ins Halbfinale des DFB-Pokals. Ein Lizenzentzug stoppte diese Erfolgsgeschichte. Röber wechselte in die Bundesliga zum VfB Stuttgart, RWE erreichte ohne ihn das Pokalfinale, musste aber den Zwangsabstieg hinnehmen.

Inzwischen genießt Röber im nordrhein-westfälischen Korschenbroich seinen Ruhestand. Sein Ex-Klub RWE, der ihn vor einigen Jahren zum Jahrhunderttrainer ernannte, blüht hingegen wieder auf. In der Fußball-Regionalliga kämpft der Traditionsverein um den Aufstieg, im Viertelfinale des DFB-Pokals trifft Essen am Mittwochabend (18:30 Uhr, Sky) auf den Zweitligisten Holstein Kiel. Röber betont im Interview mit dieser Zeitung, dass er RWE eine weitere Sensation zutraut.

Jürgen Röber, ein Pokal-Viertelfinale unter Flutlicht an der Essener Hafenstraße ohne Zuschauer: Was geht Ihnen dabei spontan durch den Kopf?

Jürgen Röber: Das ist richtig bitter. Die Hafenstraße wäre rappelvoll und es würde richtig abgehen. Leider ist es derzeit nicht zu vermeiden. Wir können froh sein, dass überhaupt Fußball gespielt wird. Für die Menschen in Essen ist das sicher eine willkommene Abwechslung. Klar ist aber auch, dass Rot-Weiss Essen von seinen Fans lebt. Die Begeisterung der Leute ist sensationell. In Essen brennt die Luft. So etwas gibt es nur ganz selten.

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Als Trainer und Spieler hat es Sie in viele Länder verschlagen. Wie haben Sie die Stimmung dort erlebt?

Ich kann auf jeden Fall sagen, dass die Stimmung in Essen nur mit Nottingham Forrest zu vergleichen war. Das ist auch ein großer englischer Traditionsverein mit vielen Fans. Zuletzt war ich als Manager in Belgien tätig. Gemessen an den Zuschauerzahlen und der Atmosphäre war das schon enttäuschend. Manchmal saß ich dort auf der Tribüne und dachte mir, was bei so einem Spiel an der Essener Hafenstraße los gewesen wäre.

In Essen wählte man Sie zum Jahrhunderttrainer. Freut es Sie, dass Ihr Ex-Klub in dieser Saison endlich aus dem Tiefschlaf erwacht ist?

Das auf jeden Fall. In Essen habe ich als Spieler und Trainer eine der schönsten Zeiten meiner Karriere erlebt. Die Begeisterung der Leute ist nach wie vor spürbar. Wenn ich in Essen zu Besuch bin, gehen viele Leute auf mich zu, nehmen mich in den Arm und sprechen über die alten Zeiten. Wir hatten damals eine gute Zeit. Zuletzt fehlten die Erfolge leider. Das hat sicher auch damit etwas zu tun.

Goldene Zeiten bei RWE im Sommer 1989: (v.l.n.r.) Kapitän Jürgen Röber, Dirk Helmig, Ralf Regenbogen, Mario Basler und Willi Landgraf vor dem Heimspiel gegen Schalke 04.
Goldene Zeiten bei RWE im Sommer 1989: (v.l.n.r.) Kapitän Jürgen Röber, Dirk Helmig, Ralf Regenbogen, Mario Basler und Willi Landgraf vor dem Heimspiel gegen Schalke 04. © WAZ

Nun ist Rot-Weiss Essen wieder auf dem richtigen Weg. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Es ist schön, dass wieder Euphorie entfacht wurde. Die Qualität der Mannschaft ist zu sehen. Das ist eine sehr gute Truppe. In diesem Jahr muss RWE hoch. Der Verein gehört in den Profifußball. Rot-Weiss Essen ist für mich eine Macht. Der Verein kann die dritte Kraft im Ruhrgebiet hinter dem BVB und Schalke werden.

Haben Sie den VfL Bochum vergessen?

Es freut mich, dass der VfL eine sehr gute Saison spielt. Aber mit dieser großen Stadt und den Fans sehe ich bei RWE noch etwas mehr Potential.

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Auf dem Weg nach oben könnte RWE die Millionen-Prämie für den Einzug ins Halbfinale gut gebrauchen. Was trauen Sie der Mannschaft gegen Holstein Kiel zu?

Wenn ich tippen müsste, würde ich auf Essen setzen. Allerdings wird das richtig schwer. Kiel hat eine sehr gute Mannschaft, ist nach vorne sehr stark und hat die Bayern aus dem Pokal geworfen. Sie sind zudem gewarnt und werden RWE im Viertelfinale nicht unterschätzen. Aber es ist der Pokal und ich gehe von einem ganz engen Spiel aus, in dem die Essener ihre Chancen bekommen werden.

RWE-Trainer Jürgen Röber (l.) feiert mit Elfmeter-Held Frank Kurth am 30. November 1993 in Jena den Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals.
RWE-Trainer Jürgen Röber (l.) feiert mit Elfmeter-Held Frank Kurth am 30. November 1993 in Jena den Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals. © firo

RWE möchte ins Halbfinale. Das ist Ihnen vor fast drei Jahrzehnten mit dem Verein gelungen. Danach war aber Schluss. Bereuen Sie es, dass Sie die Mannschaft nicht ins Finale nach Berlin begleitet haben?

Für mich persönlich ist es nicht so schlecht gelaufen. Ich durfte zum VfB Stuttgart in die Bundesliga wechseln. Das war ein Karrieresprung. Aber natürlich hätte ich das Pokalfinale in Berlin 1994 mit Rot-Weiss Essen gerne gespielt.

Im April vergangenen Jahres haben Sie Ihre Trainer- und Managerkarriere für beendet erklärt. Bleibt es denn dabei?

Ja, auf jeden Fall. Für mich gibt es keinen Grund, zurückzukehren. Wo ich überall war und was ich alles erlebt habe – mehr geht wirklich nicht. Ich kann auf jeden Fall auf eine schöne Karriere zurückblicken.